Einkauf: Beschaffung, Aufgaben und Ziele der Einkaufsabteilung

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Beschaffungsprozesse im Unternehmen sind davon geprägt, Produkte, Rohstoffe oder Dienstleistungen am Markt zu besten Konditionen bei gleichzeitig hoher Qualität zu erwerben. Ein professioneller Einkauf ist zur Herstellung von Produkten und zur Sicherstellung des Geschäftsbetriebs essenziell. Worin die Ziele der Einkaufsabteilung bestehen, welche Aufgaben im Einkauf essenziell sind und welche Instrumente und Strategien im Einkauf fokussiert werden, um qualitativ hochwertig und gleichzeitig kosteneffizient einzukaufen, erklärt der folgende Artikel.
Inhaltsverzeichnis

Was ist der Einkauf im Unternehmen? 

Der Begriff Einkauf aus Unternehmenssicht bezieht sich auf alle systematischen und organisierten Aktivitäten, die mit dem Erwerb von Waren und Dienstleistungen am Markt verbunden sind. Einkauf umfasst alle Aspekte der Beschaffung, vom Beschaffungsvorgang selbst bis hin zur Lagerhaltung und zur Distribution der erworbenen Güter. Jedes Unternehmen hat in Bezug auf den Einkauf von Produkten, Rohstoffen oder Dienstleistungen individuelle Bedürfnisse, die von der Einkaufsabteilung befriedigt werden müssen. 

Insgesamt sind die Beschaffungsprozesse in einem Unternehmen richtungweisend, da sie sich auf viele weitere Stabsabteilungen wie die Produktion, den Vertrieb oder das Controlling auswirken und die Betriebsaufwendungen in direkter Weise beeinflussen. Ein effizienter Einkauf kann dazu beitragen, die Unkosten zu senken und die Profitabilität zu erhöhen.

Was ist das Ziel des Einkaufs?

Das übergeordnete Ziel des Einkaufs ist die Sicherstellung der Versorgung des Unternehmens. Neben der Versorgungssicherheit geht es zusätzlich darum, Produkte zu den bestmöglichen Konditionen und in der passenden Menge einzukaufen. Die Optimierung des Preis-Leistungsverhältnisses gehört aus diesem Grund ebenfalls zu den wichtigsten Zielen im Einkauf. 

Was sind die Teilbereiche des Einkaufs?

Der theoretische Begriff „Einkauf“ kann in zwei Teilbereiche untergliedert werden: 

  1. operativer Einkauf und 
  2. strategischer Einkauf. 

Was umfasst der operative Einkauf?

Spricht man im Unternehmen vom operativen Einkauf, ist die tägliche oder kurzfristige Beschaffung der benötigten Materialien gemeint, die für die Fertigung oder den Geschäftsbetrieb notwendig sind. Der operative Einkauf ist praxisorientiert und kümmert sich um die tatsächliche Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen, die sofort benötigt werden. 

Beispiel: Ein Maschinenbauunternehmen stellt Spezialmaschinen für die Textilindustrie her. Infolge eines Streiks bei einem wichtigen Zulieferer ist die Lieferkette für dringend benötigte Kleinteile gestört. Damit der Produktionsprozess nicht gestoppt werden muss, kümmert sich die Abteilung Einkauf, die international unter der Bezeichnung „Procurement“ bekannt ist, umgehend um die Zusammenarbeit mit einem Ersatzlieferanten, prüft dessen Konditionen und die Qualität und beschafft die fehlenden Produkte. 

Was ist der strategische Einkauf?

Im Gegensatz zum operativen Einkauf kommt es beim strategischen Einkauf nicht auf Kurzfristigkeit, sondern auf eine Kontinuität und langfristige Zusammenarbeit für viele Jahre an. Der strategische Einkauf fokussiert sich darauf, die Prozesse im operativen Einkauf kontinuierlich zu optimieren. Um eine fortlaufende Verbesserung zu erreichen, kümmern sich strategische Einkäufer um die folgenden Punkte:

  • Kontinuierliche Suche nach neuen Lieferanten, 
  • Bewertung von Lieferanten,
  • Marktforschung auf Beschaffungsmärkten,
  • Prüfung der Angebote von Neulieferanten in Bezug auf Preis, Einkaufsvolumen und Qualität sowie
  • Neugestaltung oder Optimierung von Lieferketten.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen durch Kriege oder externe Einflüsse Rohstoffknappheit herrscht und die Marktpreise anziehen, steht ebenso die Liefertreue der Lieferanten im Mittelpunkt, um die Versorgung des Unternehmens mit Rohstoffen, Dienstleistungen und wichtigen Produkten sicherzustellen. 

Das übergeordnete Ziel im strategischen Einkauf besteht darin, langfristige, partnerschaftliche Beziehungen zu Lieferanten aufzubauen, Kosten zu senken, die Rentabilität zu steigern und die Qualität der im Unternehmen hergestellten Produkte zu verbessern. 

Was sind die Aufgaben im Einkauf? 

Die Einkaufsabteilung ist für vielfältige Aufgaben verantwortlich. Zu den wichtigsten Aufgaben zählen:

  • Einholen von Angeboten,
  • Professionelle Bewertung der Angebote anhand einheitlicher Kennzahlen (Angebotsvergleich),
  • Sicherstellung einer optimalen Versorgung mit Roh- und Betriebsstoffen,
  • Beschaffung aller benötigten Investitionsgüter,
  • Verhandlung von Rahmenverträgen, Lieferantenkonditionen und Finanzierungsverträgen,
  • Organisation der Logistik im Rahmen der Beschaffungsprozesse,
  • Übernahme administrativer Aufgaben, beispielsweise Pflege des Warenwirtschaftssystems.

Neben den typischen Aufgaben der Abteilung Procurement können weitere, unternehmensspezifische Aufgaben auf Einkäufer zukommen. 

Wie läuft der Einkaufsprozess ab?

Der Einkaufsprozess ist ein wiederkehrender Prozess, der in der Regel acht Einzelschritte umfasst:

Bedarfsermittlung

Welche Produkte und Dienstleistungen müssen beschafft werden? In der Bedarfsermittlung unterscheidet man zwischen dem Primärbedarf (Komponenten, für den Verkauf bestimmt), dem Sekundärbedarf (Rohstoffe) und dem Tertiärbedarf (Hilfs- und Betriebsstoffe).

Bestandskontrolle

Vergleich von Soll-Wert und Ist-Wert. Wie viele der benötigten Waren sind noch vorrätig? Wurde der kalkulierte Mindestbestand bereits unterschritten? 

Budgetkontrolle

Da der Einkauf nicht für Freigabe von Budgets zuständig ist, muss die Abteilung Einkaufscontrolling für die Budgetkontrolle und Budgetfreigabe involviert werden. Diese holt die Budgetfreigabe einer internen Kostenstelle ein.

Lieferantenauswahl

Im Rahmen der Lieferantenauswahl müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Neben dem Preis und den Konditionen für das benötigte Produkt spielen die Qualität, die bisherige Zusammenarbeit und der Liefertermin sowie Fragen der Logistik eine entscheidende Rolle. 

Bestellung

Im fünften Schritt wird die Bestellung beim am besten geeigneten Lieferanten am Markt ausgelöst. Mit der Bestellung ist der eigentliche Entscheidungsprozess der Abteilung Einkauf abgeschlossen. Die nächsten Schritte fokussieren sich darauf, dass die bestellten Produkte wie vertraglich vereinbart geliefert werden. 

Bestellüberwachung

Mit einer korrekt geführten Bestellhistorie gelingt es, kleinste Abweichungen von den Vertragsbedingungen in Bezug auf die Lieferzeit oder die Güte der Artikel frühzeitig zu entdecken. Werden Rohstoffe oder Produkte verspätet geliefert oder wird das Einkaufsvolumen unterschritten, kann dies schwerwiegende Folgen für den gesamten Wertschöpfungsprozess im Unternehmen haben.

Wareneingang

Neben der Annahme der bestellten Produkte konzentrieren sich Mitarbeiter im Fachbereich Wareneingang darauf, den Erhalt zu dokumentieren und Mängel oder Abweichungen festzustellen. Außerdem wird überprüft, ob es eine Bestellung zum Wareneingang gibt und an welche Abteilung die Produkte weitergeleitet werden müssen.

Zahlungsabwicklung

Nach ordnungsgemäßem Wareneingang leitet die Abteilung Einkauf die Rechnung an die Buchhaltung weiter. Sie übernimmt die Kontierung der Rechnung, prüft, ob Rabatte oder Skonti korrekt aufgeführt sind, und überweist den Rechnungsbetrag fristgerecht. Sobald die Rechnung beglichen wurde, ist der Beschaffungsprozess abgeschlossen.

Was bedeutet der Begriff Einkaufscontrolling? 

Mit dem Begriff Einkaufscontrolling wird die Verwaltung und Überwachung des Einkaufs, insbesondere der dort anfallenden Kosten definiert. Mitarbeiter im Einkaufscontrolling sind für die Planung, Organisation und Kontrolle aller Aktivitäten zuständig, die mit den Einkaufskosten verbunden sind. Das erklärte Ziel des Einkaufscontrollings ist es, die Kosten für den Unternehmen zu minimieren und gleichzeitig eine hohe Qualität der erworbenen Güter und Dienstleistungen sicherzustellen. Zu diesem Zweck werden die Leistungen der Einkaufsabteilung anhand spezifischer Kennzahlen gemessen und bewertet.

Wie kann die Leistung des Einkaufs gemessen werden?

Um den Einkaufsprozess stetig zu optimieren, den Ist- mit den Soll-Werten abzugleichen und den Zielerreichungsgrad zu überprüfen, ist es für Unternehmen essenziell die Leistung der Einkaufsabteilung mit relevanten Kennzahlen (KPIs) zu messen. Zu den wichtigsten Kennzahlen im Einkauf gehören unter anderem:

  • Kosten der Einkaufsabteilung
  • Einkaufsvolumen 
  • Differenz zwischen dem ausgehandelten Preis sowie dem ursprünglichen Marktpreis
  • Einhaltung des vereinbarten Zahlungszieles
  • Anfallende Kosten je durchgeführte Bestellung

Durch die laufende Analyse und Kontrolle der Kennzahlen sowie deren Entwicklungen können Optimerungspotenziale aufgedeckt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden, mit denen die Leistung des Einkaufs fortwährend verbessert werden kann. Die Messung des Einkaufs liegt in der Verantwortung des Einkaufscontrolling.

Warum ist der Einkauf für Unternehmen so bedeutend? 

Die Wichtigkeit der Abteilung Einkauf für ein Unternehmen darf nicht unterschätzt werden. Die Procurement-Abteilung gehört zu den wichtigsten Stabsabteilungen, da durch ihre Arbeit der Unternehmensertrag gesteigert werden kann. Dies ist der Fall, wenn Waren und Dienstleistungen zu günstigen Konditionen und gleichzeitig hoher Qualität beschafft werden.

Ohne eine funktionierende Abteilung des Einkaufs wäre das Unternehmen externen Lieferanten ausgeliefert und hätte keine Kontrolle über die Qualität und den Preis der Waren. Die Abteilung Einkauf ist somit entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit von Firmen.

Welche Instrumente kommen im Einkauf zum Einsatz?

Im Rahmen von Beschaffungsprozessen kommen diverse Instrumente zum Einsatz, unter anderem:

  • Linear Performance Pricing (LPP) – Sonderform der Preisstrukturanalyse,
  • Regressionsanalyse – statistisches Analyseverfahren im Einkauf,
  • Kennzahlenauswertung aus dem Warenwirtschaftssystem,
  • professionelle Kostenanalysen und Kostenplanung,
  • XYZ-Analyse – Gewichtung von Produkten nach Verbrauchsklassen,
  • Auftragsvergabemethoden wie Auktionen oder Konzept-Wettbewerbe mit Pitch-Verfahren,
  • „Total cost of ownership“ – Abschätzung der Kosten für Investitionsgüter,
  • Partnerschaftsmodelle mit Lieferanten zur Kostenreduktion
  • Aufbau von Einkaufsgemeinschaften zur Optimierung der Beschaffungsprozesse
  • Risikomanagement inkl. fachgerechter Risikoanalyse und Maßnahmen zur Risikominimierung
  • Klassifizierung der Lieferanten nach A, B und C-Lieferanten (ABC-Analyse)

Welche Strategien im Einkauf gibt es?

Im Beschaffungsprozess werden unterschiedliche Strategien angewandt, um die Unternehmensziele oder spezifische Einkaufsziele zu erreichen:

Einkauf über Rahmenverträge

Der Einkauf über Rahmenverträge ist eine gängige Einkaufsstrategie in der Geschäftswelt. Dabei werden Verträge zwischen Unternehmen und Lieferanten abgeschlossen, die einen Rahmen für zukünftige Geschäfte bilden. Ziele bei Rahmenverträgen sind eine effektive Produktionsplanung und der Aufbau von tiefen Lieferantenbeziehungen.

Einkauf nach Warengruppen

Der Einkauf nach Warengruppen ist eine Einkaufsstrategie, bei der versucht wird, möglichst viele unterschiedliche Lieferanten für eine bestimmte Warengruppe zu finden. Auf diese Weise kann das Unternehmen beste Konditionen am Markt erhalten und Schnittstellenprobleme zu den Beschaffungsmärkten reduzieren.

Part Sourcing

Beim Part Sourcing oder Unit Sourcing werden Lieferverträge für bestimmte Komponenten, Rohstoffe oder Produkte von einem Lieferanten geschlossen. Alle Einzelteile werden vom Unternehmen weiterverarbeitet. Part Sourcing kann für Unternehmen aufwendig sein. Es hat gleichzeitig den Vorteil, dass geistiges Eigentum und Produkt-Know-how im Unternehmen verbleiben.

Preferential Sourcing

Beim Preferential Sourcing oder der sogenannten Vorzugslieferanten-Strategie wird die Anzahl der Lieferanten so gering wie möglich gehalten. Die Zusammenarbeit mit einzelnen Lieferanten wird aufgrund der Konditionen oder der Qualität präferiert und ausgebaut. 

Single Sourcing

Beim Single-Sourcing konzentriert sich ein Unternehmen freiwillig und gezielt auf einen präferierten Lieferanten. Es entsteht für beide Seiten eine hohe Abhängigkeit und Verantwortung. 

Dual Sourcing

Im Gegensatz zum Single Sourcing konzentrieren sich Unternehmen beim Dual Sourcing bei der Beschaffung einer Warengruppe auf zwei unterschiedliche Lieferanten. Dual Sourcing hat den wesentlichen Vorteil, dass grundsätzlich eine zweite Lieferkette besteht, wenn einer der Lieferanten ausfällt. Dies trägt zu einer höheren Liefersicherheit und einer besseren Risikoverteilung bei. Die administrativen Kosten und der Kommunikationsaufwand können gleichzeitig erhöht sein. 

Weitere Sourcing-Modelle im Einkauf sind Local Sourcing, Multiple Sourcing und Domestic Sourcing. 

Lead-Buyer-Konzepte

Das Lead-Buyer-Konzept basiert auf der Idee, dass ein Mitarbeiter (Lead-Buyer) für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung innerhalb des Unternehmens verantwortlich ist. Er ist somit in der Lage, die Akquisition, Produktion und Distribution eines Produkts hauptverantwortlich zu steuern. Lead-Buyer-Konzepte werden häufig in Unternehmen angewendet, die eine Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen am Markt anbieten, da derartige Konzepte es ermöglichen, die Einkaufsaktivitäten auf einen Lead-Buyer zu konzentrieren, der das Unternehmensziel versteht und in der Lage ist, die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles zu ergreifen. Die Lead-Buyer-Strategie versetzt Firmen in die Lage, die strategischen Unternehmensziele mit den operativen Aktivitäten im Einkauf zu verknüpfen.

E-Sourcing und E-Procurement

E-Sourcing ist die elektronische Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen. E-Procurement umfasst den Einkaufsprozess von Unternehmen, die ihren Einkauf online durchführen. E-Sourcing ermöglicht es Einkäufern, online Lieferanten zu finden, Preise zu vergleichen und Kontrakte abzuschließen. E-Procurement beschleunigt den gesamten Einkaufsprozess durch die Digitalisierung von Prozessen und spart Zeit und Kosten.

Nachhaltigkeit im Einkauf

Für die Gesellschaft wird der Umwelt- und Klimaschutz wie auch die Nachhaltigkeit bei der Beschaffung und Produktion immer wichtiger. Unternehmen sind dazu aufgefordert, ökologische und soziale Aspekte im Rahmen ihrer Einkaufsstrategie zu berücksichtigen, um den gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Welche Vorteile hat die fortlaufende Digitalisierung des Einkaufs? (Einkauf 4.0) 

Mit dem Terminus „Einkauf 4.0“ kann die nächste Stufe der Digitalisierung im Einkaufsprozess beschrieben werden. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, wie wichtig die Digitalisierung in allen Wirtschaftsbereichen ist. Durch die Verwendung von fortschrittlichen Technologien wie maschinellem Lernen, künstlicher Intelligenz und Big Data können Unternehmen ihren Einkaufsprozess entwicklen und optimieren. Die Einführung von Einkauf 4.0 bietet eine Reihe von Vorteilen, darunter:

  • Verbesserte Effizienz: Durch die automatisierte Verarbeitung von großen Datenmengen können Unternehmen Einkaufsentscheidungen schneller und effizienter treffen.
  • Reduzierte Kosten: Durch die Optimierung des Beschaffungsprozesses sparen Betriebe Beschaffungs-, Lagerhaltungs- und Distributionskosten.
  • Verbesserte Qualität: Durch die permanente Überwachung der Lieferkette können Unternehmen sicherstellen, dass sie zu jeder Zeit Zugang zu hochwertigen Produkten und Dienstleistungen haben.
  • Erhöhte Kundenzufriedenheit: Durch die Verbesserung der Lieferkettenmanagement-Prozesse können Unternehmen die Zustellzeiten verkürzen und die Kundenzufriedenheit erhöhen.