Dieses Bild ist eine Infografik, mit der Aufschrift: Verhaltensbedinger Kündigung: Voraussetzungen, Inhalte und Muster

Verhaltensbedingte Kündigung – Voraussetzungen, Beispiele & Muster

Verhaltensbedingte Kündigungen nach § 1 Abs. 2 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) treten immer dann auf, wenn der Arbeitnehmer seine Vertragspflichten durch sein Handeln missachtet hat. Doch eine verhaltensbedingte Kündigung ist auch an einige Voraussetzungen geknüpft, die viele Fallstricke für Arbeitgeber bergen. Wann, bei welchen Gründen und wie genau Sie einen Arbeitnehmer verhaltensbedingt kündigen können, inklusive Muster, informiert der folgende Artikel.
Inhaltsverzeichnis

Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?

Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt dann infrage, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber triftige Gründe gemäß § 1 Abs. 2 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) liefert, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Die verhaltensbedingte Kündigung gehört demnach zur ordentlichen Kündigung, bei der die gesetzlichen Kündigungsfristen eingehalten werden müssen.

Neben betriebsbedingten Kündigungen (z.B. Stilllegung des Betriebes) und personenbedingten (z. B. fehlende Arbeitserlaubnis) Kündigungen, wird dem Arbeitnehmer im Fall einer verhaltensbedingten Kündigung ein Fehlverhalten bzw. eine Pflichtverletzung, die sich in seinem Verhalten zeigt, vorgeworfen. 

Entscheidendes Kriterium, um eine verhaltensbedingte Kündigung bejahen zu können, ist somit das Verhalten des Arbeitnehmers, das von ihm selbst zu steuern sein muss. Ansonsten liegt statt einer verhaltensbedingten allenfalls eine personenbedingte Kündigung vor.

Was sind die Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung? 

Damit der Arbeitgeber bzw. das Personalmanagement wirksam eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen kann, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. In der Rechtsprechung haben sich folgende vier Punkte für die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten herauskristallisiert: 

  • Verletzung der Arbeitspflicht: Es muss ein Pflichtverstoß im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen.
  • Vorwerfbarkeit des Pflichtverstoßes: Es muss sich um einen schuldhaften Pflichtverstoß handeln, der gegen das geltende Recht verstößt. 
  • Verhältnismäßigkeit & Abmahnung durch Arbeitgeber: Eine verhaltensbedingte Kündigung muss in jedem Fall immer der „letzte Ausweg“ sein. Das bedeutet, es müssen vorher stets mildere Mittel wie zum Beispiel eine Abmahnung erfolgt sein. Damit soll die Verhältnismäßigkeit einer verhaltensbedingten Kündigung sichergestellt werden.
  • Abwägung widerstreitender Interessen: Bei der Interessenabwägung muss das Interesse des Arbeitgebers an einer Kündigung, also an der Beendigung des laufenden Beschäftigungsverhältnisses, überwiegen.

Wann liegt ein verhaltensbedingter Pflichtverstoß vor?

Ein Pflichtverstoß ist dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer seine Vertragspflichten in nicht unerheblicher Weise verletzt hat. Dabei muss das Verhalten des Arbeitnehmers steuerbar sein; dies bedeutet, er entscheidet sich willentlich (und wissentlich) gegen die vertragsgemäß geschuldete Vertragspflicht.

Wann ist ein verhaltensbedingter Pflichtverstoß rechtswidrig?

Eine Rechtswidrigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die im Arbeitsvertrag vereinbarten Pflichten nicht erfüllt, obwohl er dazu fähig gewesen wäre. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass es für die Arbeitspflichtverletzung keine rechtfertigenden Umstände gibt. Anders liegt der Fall nur dann, wenn der Arbeitnehmer einen Rechtfertigungsgrund für sein Fehlverhalten vorlegen kann (z. B. ein ärztliches Attest). 

Wann ist eine verhaltensbedingte Kündigung verhältnismäßig?

Bevor der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen kann, ist deren Verhältnismäßigkeit genau zu überprüfen. Dabei ist zu überlegen, ob es trotz eines rechtswidrigen und dem Arbeitnehmer vorwerfbaren Pflichtverstoßes nicht doch ein milderes Mittel als eine Kündigung mit weitreichenden Folgen gibt. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer in aller Regel vorher abzumahnen ist. 

Hier kommt es auf das Ausmaß der Pflichtverletzung an, nämlich ob unter Umständen sogar auf eine Abmahnung verzichtet werden kann. Jedoch sollte die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber immer die Ultima Ratio, das letzte Mittel, sein.

Was ist bei der Interessenabwägung bei einer verhaltensbedingten Kündigung zu beachten?

Zur wirksamen verhaltensbedingten Kündigung müssen die Interessen der beiden Vertragsparteien gegeneinander abgewogen werden. Dabei muss als Ergebnis feststehen, dass das Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitnehmers an einer Fortsetzung überwiegt. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Pflichtverletzung seines Mitarbeiters als schwerwiegend angesehen wird und sich folglich zu nachteilig auf die Abläufe im Betrieb auswirken. Gleiches gilt für den Fall der Wiederholungsgefahr. 

Aufseiten des Arbeitnehmers sind die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit und die Qualität seiner bisherigen Arbeitsleistungen zu berücksichtigen. Daneben können auch soziale Aspekte wie z. B. bestehende Unterhaltspflichten eine entscheidende Rolle spielen. 

Daneben ist der Arbeitgeber bei Vorhandensein eines Betriebsrates verpflichtet, diesen vor Ausspruch der Kündigung anzuhören. Diese Verpflichtung besteht gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz).

Welche Pflichtverstöße rechtfertigen eine verhaltensbedingte Kündigung? 

Es gibt zahlreiche Gründe, um eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen zu können. Dies gilt, obwohl dem Arbeitnehmer sogar eine schwere und schuldhafte bzw. vorwerfbare Pflichtverletzung nachgewiesen werden muss. 

Dennoch ergibt sich eine Vielzahl von Einzelfällen, über die in der Rechtsprechung entschieden wurde. Der Übersichtlichkeit halber bietet es sich an, die einzelnen Pflichtverstöße in drei Gruppen zu unterteilen: 

  • Störungen im Leistungsbereich, 
  • Kündigung wegen eines Vertrauensbruchs und 
  • Störungen der betrieblichen Ordnung.

Verhaltensbedingte Kündigung wegen Leistungsstörungen

Störungen im Leistungsbereich treten auf, wenn der Arbeitnehmer seinen vertraglich geschuldeten Haupt- oder Nebenpflichten nicht nachkommt, obwohl ihm dies möglich wäre. 

  • Unpünktlichkeit – je nach Ausmaß ist bei übermäßigem Zuspätkommen auch eine außerordentliche Kündigung möglich.
  • Keine ordnungsgemäße Krankmeldung
  • Arbeitsverweigerung – möglich bei Nichtleistung, Minderleistung oder wenn Anweisungen des Arbeitgebers ignoriert werden.
  • Viele Minusstunden – wenn das Arbeitszeitkonto ein zu großes Minussaldo aufweist.
  • Tätlicher Angriff – auch ein einziger Vorfall (z. B. Ohrfeige) kann im Falle einer Auseinandersetzung mit Kollegen oder Vorgesetzten für eine verhaltensbedingte Kündigung ausreichen.
  • Übermäßige private Internetnutzung am Arbeitsplatz bzw. während der Arbeitszeit
  • Üble Nachrede

Verhaltensbedingte Kündigung wegen Vertrauensbruch

Ist das Vertrauensverhältnis aus Sicht des Arbeitgebers so nachhaltig gestört, kann eine verhaltensbedingte Kündigung wegen Störungen im Vertrauensbereich möglich sein. In diesen Fällen hält der Arbeitgeber eine zukünftige, loyale Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer für ausgeschlossen.

  • Diebstahl – auch vermeintlich kleine Gegenstände können bereits die Vertrauensbasis zerstören und Anlass zur berechtigten Kündigung geben (siehe BAG – 2 AZR 251/07).
  • Betrug – Ähnlich wie beim Diebstahl kann in diesen Fällen auch eine außerordentliche Kündigung infrage kommen, da u. U. ein „wichtiger Grund“ vorliegt. Bei einer ordentlichen Kündigung muss vorher eine Abmahnung an den Arbeitnehmer ergehen. 
  • Arbeitszeitbetrug – den Arbeitgeber über angebliche geleistete Arbeitsstunden täuschen, kann durch falsches „Ausstempeln“ oder durch das Erledigen privater Angelegenheiten erfolgen. 
  • Beleidigung – in erster Linie kommt hier die Beleidigung von Kollegen und Vorgesetzten in Betracht. Daneben kann auch eine Beleidigung von Kunden Kündigungsgrund sein.
  • Arbeiten für die Konkurrenz – wenn der Arbeitnehmer für einen anderen Wettbewerber tätig wird und sich dies nachteilig für den Arbeitgeber auswirkt. Auch: Weitergabe von Betriebsgeheimnissen!
  • Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit

Verhaltensbedingte Kündigung wegen Störung der betrieblichen Ordnungswidrigkeit

Bei Kündigungen dieser Art steht das Fehlverhalten des Arbeitnehmers seinen Kollegen und Vorgesetzten gegenüber im Fokus. Wer als Arbeitnehmer das respektvolle Miteinander ignoriert und somit nachhaltig den Betriebsfrieden stört, kann sich schnell einer verhaltensbedingten Kündigung gegenübersehen. 

  • Mobbing bzw. Lästern über Kollegen
  • Grobe Beleidigungen – sie können sowohl Grund für eine Kündigung wegen Vertrauensbruch als auch wegen Betriebsstörung sein.
  • Alkohol am Arbeitsplatz – der Konsum von Alkohol ist grundsätzlich ein Kündigungsgrund. Vor allem, wenn es sich beim Arbeitnehmer um einen Berufskraftfahrer handelt. Aber: Ohne vorherige Abmahnung kann die verhaltensbedingte Kündigung unwirksam sein, wenn der Arbeitnehmer etwa bereit ist, eine Therapie zu beginnen.
  • Unerlaubtes Rauchen oder Drogenmissbrauch
  • Sexuelle Belästigung
  • Missachtung von Sicherheitsbestimmungen

Ist bei jeder verhaltensbedingten Kündigung eine Abmahnung erforderlich? 

Eine Abmahnung soll verhindern, dass dem Arbeitnehmer vorschnell gekündigt wird. Denn ihm soll trotz seines Pflichtverstoßes die Gelegenheit auf Wiedergutmachung gegeben werden. Daher ist es grundsätzlich erforderlich, dass der Arbeitnehmer vor der verhaltensbedingten Kündigung abgemahnt wird. 

Ausbleiben kann die Abmahnung lediglich dann, wenn sich der Arbeitnehmer einer schweren Pflichtverletzung schuldig gemacht hat oder wenn nicht von einer Besserung der Verhältnisse ausgegangen werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich der Arbeitnehmer uneinsichtig zeigt und daneben nicht beabsichtigt, zukünftig von ähnlichen Pflichtverletzungen abzusehen. 

In allen anderen Fällen wird eine Abmahnung benötigt. Bleibt diese jedoch ohne die gewünschte Wirkung, kann dem Arbeitnehmer wirksam verhaltensbedingt gekündigt werden. 

Welche Inhalte muss eine Abmahnung aufweisen?

Die Abmahnung muss folgende Punkte enthalten:

  1. Genaue Beschreibung des abgemahnten Verhaltens
  2. Aufforderung des Arbeitnehmers, sein Verhalten zukünftig zu unterlassen, da es einen Vertragsverstoß darstellt.
  3. Androhung der Kündigung für den Fall, dass der Arbeitnehmer erneut einen Pflichtverstoß begeht.

Muss der Grund einer verhaltensbedingten Kündigung benannt werden?

Nein, grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben keinen Grund angeben muss – auch nicht bei einer verhaltensbedingten Kündigung. Dies wird allerdings dann erforderlich, wenn der Arbeitnehmer danach verlangt. 

In diesem Fall muss der Arbeitgeber die Gründe für die (verhaltensbedingte) Kündigung nennen. Die nachträglich erfolgte Angabe der Gründe hat jedoch auf die Wirksamkeit der Kündigung insgesamt keinen Einfluss. 

Sollte der Arbeitgeber nach der Kündigung von weiteren bis zu diesem Zeitpunkt unbekannten Kündigungsgründen erfahren, darf er diese „neuen“ Kündigungsgründe sogar nachschieben. Die nachgeschobenen Gründe müssen allerdings dann relevant gewesen sein, als der Arbeitnehmer noch zum Betrieb gehört hat.

Droht dem Arbeitnehmer bei einer verhaltensbedingten Kündigung eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld?

Ja, dem Arbeitnehmer droht im Falle einer verhaltensbedingten Kündigung wegen Pflichtverletzung eine Sperrzeit von zwölf Wochen. Den Grund dafür liefert § 159 Abs. Satz 1 Nr. 1 SGB III (Drittes Sozialgesetzbuch). 

Danach besteht für den Arbeitnehmer kein Anspruch auf Leistung, wenn ihm verhaltensbedingt gekündigt wurde und er somit „durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).“

Damit wirft man dem Arbeitnehmer sozusagen vor, für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst verantwortlich gewesen zu sein. 

Kann die Sperrzeit verhindert werden?

Ja, mit einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage – und zwar kann eine Kündigungsschutzklage die Sperrzeit entweder verhindern oder zumindest verringern. Denn oft zeigt sich der Arbeitgeber im der Kündigungsschutzklage Prozess gnädig, sodass man sich auf einen Vergleich einigen kann. 

Dies hat für den Arbeitnehmer den Vorteil, dass die Kündigung letzten Endes nicht wegen verhaltensbedingten Gründen erfolgt ist. Gleichzeitig kann ihm durch den Vergleich – für seine weiteren Bemühungen auf dem Arbeitsmarkt – ein besseres Arbeitszeugnis ausgestellt werden.

Muster (verhaltensbedingte Kündigung)

Arbeitgeber 

Adresse

Arbeitnehmer 

Adresse

Ort, Datum

Verhaltensbedingte Kündigung

Sehr geehrte(r) Frau/Herr XXXXX 

hier­mit kün­di­gen wir das zwi­schen uns be­ste­hen­de Ar­beits­ver­hält­nis or­dent­lich aus ver­hal­tens­be­ding­ten Grün­den zum nächst­mög­li­chen Zeit­punkt. Dies ist nach unserer Berechnung zum XXXXX (Datum). Wie sehen uns aufgrund der von Ihnen begangenen, erheblichen Pflichtverletzungen leider zu diesem Schritt gezwungen.

Bereits mit Schreiben vom XXXXX (Datum) hatten wir Sie abgemahnt, dennoch haben Sie erneut folgende Pflichtverletzung begangen: XXXXX (Schilderung des Pflichtverstoßes). Die Abmahnung führte somit nicht zum gewünschten Erfolg. 

Wir weisen Sie hiermit dar­auf hin, dass Sie ver­pflich­tet sind, sich unverzüglich nach Erhalt dieser Kündigung bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Diese Pflicht zur Meldung be­steht auch dann, wenn der Fort­be­stand des Ar­beits­ver­hält­nis­ses ge­richt­lich gel­tend ge­macht wird oder von uns in Aus­sicht ge­stellt wird. Sie sind darüber hinaus auch ver­pflich­tet, ak­tiv nach ei­ner anderen Be­schäf­ti­gung zu su­chen.

Für Ihren weiteren Weg wünschen wir Ihnen alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Ort, Datum 

Unterschrift Arbeitgeber