Wollen auch Sie in Ihrem Betrieb Videokameras installieren, wird Ihr Betriebsrat auf sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Absatz 1 Nr. 6 BetrVG drängen. Solange die Videoüberwachung verhältnismäßig ist, haben Sie aber gute Karten, Ihr Vorhaben gegen Ihren Betriebsrat durchzusetzen, wie der folgende Fall zeigt.
Mitarbeiterführung: Arbeitgeber wollte Videoüberwachungsanlage installieren
Arbeitgeberin war ein Briefverteilzentrum in Schleswig-Holstein. Im Jahr 2005 meldeten 250 Kunden Verluste von Briefsendungen. Der Absicht des Arbeitgebers, eine stationäre Videoüberwachungsanlage im Betrieb einzuführen, stimmte der Betriebsrat nicht zu. Die daraufhin angerufene Einigungsstelle beschloss für das Briefzentrum eine „Betriebsvereinbarung zum Einsatz einer stationären Videoanlage“. Diese sah die Möglichkeit der Videoüberwachung im Innen- und Außenbereich vor. Der Betriebsrat focht den Spruch der Einigungsstelle beim Arbeitsgericht an. Seiner Meinung nach greife die Videoüberwachung unverhältnismäßig in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer ein.
Mitarbeiterführung: Videoüberwachung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wies die Beschwerde des Betriebsrats teilweise zurück. Nach Meinung des Gerichts seien zwar Arbeitgeber und Betriebsrat grundsätzlich befugt, eine Videoüberwachung im Betrieb einzuführen. Die Zulässigkeit des damit verbundenen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer richte sich jedoch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine Videoüberwachung zur Überführung von Tätern und zur Verhinderung von Diebstählen zu befördernder Briefsendungen sei grundsätzlich geeignet und das verfolgte Ziel rechtlich schützenswert. Aber nur, soweit der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung gegenüber bestimmten Personen vorliege. Eine rein präventive Überwachungsanlage im Innenbereich sei unzulässig. Insofern seien bestimmte Regelungen der Betriebsvereinbarung unwirksam. Im Außenbereich könne eine Videoüberwachung angemessen sein bei einer begrenzten Anzahl von Betroffenen, wenn diese der Überwachung nur für eine Viertelstunde täglich ausgesetzt sind. BAG, Beschluss vom 26.08.2008, Az.: 1 ABR 16/07
Mitarbeiterführung: Videoüberwachung nur bei konkretem Verdacht
Eine Videoüberwachung ist damit auch in Ihrem Betrieb grundsätzlich möglich. Allerdings nicht grenzenlos. Denn die Videoüberwachung bedeutet regelmäßig einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Ihrer Mitarbeiter und muss daher verhältnismäßig sein. Voraussetzung einer zulässigen Videoüberwachung ist, dass
- der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung, wie etwa eines Diebstahls, besteht sowie
- die Videoüberwachung verhältnismäßig ist, d. h. Die Überwachung muss für den angestrebten Zweck geeignet und das mildeste Mittel sein, um Ihre Rechtsgüter, wie z. B. Eigentum, zu schützen.
Beispiel: So könnte etwa die vorübergehende Überwachung des Betriebsparkplatzes ein milderes Mittel gegenüber der Dauerüberwachung am Arbeitsplatz Ihres Mitarbeiters sein.
Bei der Videoüberwachung redet Ihr Betriebsrat mit. Wollen Sie eine Videoüberwachungs- anlage in Ihrem Betrieb einführen, so hat Ihr Betriebsrat nach § 87 Absatz 1 Nr. 6 BetrVG ein umfassendes Mitbestimmungsrecht. Demnach hat Ihr Betriebsrat sowohl bei der Einführung als auch bei der Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, mitzubestimmen. In einer entsprechenden Betriebsvereinbarung sollte daher auch die Art und Weise, wie die Kontrolleinrichtung verwendet werden soll, festgelegt werden.
Wichtiger Hinweis: Die Überwachung durch Personen wie z. B. „undercover“ als „Kollegen“ eingeschleuste Detektive unterliegt übrigens nicht der Mitbestimmung. Hier haben Sie als Arbeitgeber also freie Hand.