Bei mehreren Verstößen gegen die Lenk- und Ruhezeiten kommt es immer auf den Einzelfall an

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem Beschluss für rechtliche Klarheit gesorgt, wann verschiedene Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten innerhalb eines begrenzten Zeitraums als Einzel- oder als Gesamttat zu sehen sind.

Ob es sich um eine Einzel- oder eine Gesamttat handelt, ist wichtig für die Bußgeldhöhe. Viele Einzeltaten ergeben ein wesentlich höheres Bußgeld.

In der Vergangenheit kam es immer wieder zu unterschiedlichen Urteilen bei den Gerichten, wenn es um die Frage der Einzel- oder Gesamttat innerhalb eines bestimmten Kontrollzeitraums (z. B. 28 Tage oder 3 Monate) ging. Einige Oberlandesgerichte (OLG) entschieden in der Vergangenheit, dass alle Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten innerhalb des jeweiligen Kontrollzeitraums eine Gesamttat seien. Das OLG Koblenz hat einen derartigen Fall dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.

Es kommt immer auf den Einzelfall an, stellten die Richter des BGH klar

Es ist mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren, in Bußgeldsachen, die Verstöße gegen die Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten zum Gegenstand haben, mehrere rechtliche Vergehen als eine Gesamttat anzusehen, nur weil der Betroffene sie innerhalb eines als Kontroll- oder Überprüfungszeitraums bezeichneten Tatzeitraums begangen hat, so der Tenor des Beschlusses des BGH (12.9.2013, Az. 4 StR 503/12).

Dieser Beschluss stellt klar, dass die Frage, ob sich einzelne Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten überschneiden und zusammengehören (Gesamttat) oder nicht (mehrere Einzeltaten), immer vom Einzelfall abhängig ist.

Beispiele für Einzel- und Gesamttat

  • Überschreitet einer Ihrer Fahrer innerhalb eines Prüfungszeitraums an unterschiedlichen Tagen immer wieder die tägliche Lenkzeit, sind dies Einzeltaten.
  • Überschreitet einer Ihrer Fahrer die mögliche Wochenlenkzeit und hierdurch auch die Doppelwochenzeit, liegt eine Gesamttat vor, weil das eine das andere bedingt.

Dies hat Folgen für Sie und Ihre Fahrer

Aufgrund des BGH-Beschlusses werden die Amts- und Landgerichte bei Widerspruchsverhandlungen zu erlassenen Bußgeldern nun genau hinsehen, ob mehrere Einzeltaten vorliegen oder eine Gesamttat. Dies hat einen ganz entscheidenden Einfluss auf die Höhe des Bußgeldes, das Ihre Fahrer und Sie zahlen müssen. Denn in derartigen Fällen wird von der Behörde erst einmal unterstellt, dass Sie die Verstöße „angewiesen oder fahrlässig zugelassen“ haben, was zu einem Bußgeld gegen Sie führt.

Sorgen Sie mit einer 5-Punkte-Dokumentation vor

Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen haben Sie unterschiedliche Pflichten. Hierzu gehören Fürsorgepflichten gegenüber Ihren Fahrern, aber auch Kontrollpflichten – wenn notwendig – mit Ermahnungen gegenüber Ihren Fahrern. Diese 5 Punkte sind hierbei für Sie sehr wichtig:

  1. Einmal im Jahr müssen Sie Ihre Fahrer bezüglich der arbeits- und sicherheitsrechtlichen Bestimmungen unterweisen. Hierzu gehören auch die Lenk- und Ruhezeiten.
  2. Alle 28 Tage müssen Sie die Fahrerkarte auslesen und die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten überprüfen. Die Überprüfungspflicht gilt auch für Schaublätter und Tageskontrollblätter.
  3. Stellen Sie bei der Überprüfung Unregelmäßigkeiten fest, müssen Sie Ihre Fahrer nachschulen und ermahnen/abmahnen.
  4. Sie müssen Ihre Touren/Fahrten so gestalten/planen, dass Ihre Fahrer die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einhalten können.
  5. Gehen Sie gesetzeskonform mit der Bescheinigung für berücksichtigungsfreie Tage (Urlaub, Krankheit usw.) um

Wenn Sie Ihre o. g. Pflichten einhalten und sorgfältig dokumentieren, haben Sie bei einer Betriebsprüfung gute Karten. Durch Ihre Dokumentation können Sie nämlich nachweisen, dass Sie in Ihrem Unternehmen auf die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten achten. Dies bedeutet für Sie, dass Sie bei Verfehlungen Ihrer Fahrer nicht mit einem Bußgeld rechnen müssen.

Tipp: Etwaigen Betriebskontrollen zur Überprüfung der Lenk- und Ruhezeiten geht in der Regel eine Straßenkontrolle mit einer Auffälligkeit voraus. Außerdem finden sie normalerweise nicht überfallartig statt, sondern die Prüfer melden sich an und nennen den Zeitraum der Prüfung. Es bleibt Ihnen somit immer ein wenig Zeit, um Ungereimtheiten ins Lot zu bringen.

Diese Zeit sollten Sie auch zur Überprüfung Ihrer Unterlagen nutzen und diese so weit wie möglich in Ordnung bringen. Bußgelder nach einer Betriebsprüfung können schon mal aufgrund einer Vielzahl von Verstößen die 10.000 € überschreiten. Im o. g. Fall ging es um 15.000 € für das Unternehmen, also um das 5-Fache des Betrags, den der Fahrer zahlen musste.