Das bedeutet freilich nicht, dass alle Dämme gebrochen sind. Auch die EU-Richtlinie erlaubt Beschränkungen, mit denen "insbesondere die Unabhängigkeit, die Würde und die Integrität des Berufsstandes" gewährleistet werden sollen.
Grenzen zulässiger Werbung für Ingenieure
Damit ergeben sich gewisse Grenzen aus dem Wesen des freien Berufs, der sich von der kommerziellen Wirtschaft darin unterscheidet, dass der Freiberufler "seine Dienste nicht rein gewerblich und gewinnorientiert anbietet und seine Leistungen an den Interessen des Mandanten und nicht am eigenen wirtschaftlichen Vorteil ausrichtet", wie das Bundesverfassungsgericht für die Zunft der Steuerberater einmal betonte. Die Grenzen zulässiger Werbung liegen deshalb vor allem in der Gestaltung. Sie darf nicht anpreisend oder aufdringlich wirken, sondern muss sachlich und informativ gehalten sein. Daher lässt auch die Art des Werbeträgers noch nicht auf die Berufsrechtswidrigkeit der Werbung schließen. Auf einen besonderen Anlass für die Werbung kommt es ebenfalls nicht an (BVerfG, 18. 02. 2002, 1 BvR 1644/01; OVG Münster, 22. 06. 2005, 6 t A 53/03.T).
Umstände des Einzelfalles entscheidend
Entscheidend für die Grenzen zulässiger Eigendarstellung sind die Umstände des Einzelfalles. Welche Werbemaßnahmen und Mittel mit welchen Grenzen im Einzelnen erlaubt sind und bei welchen eher Zurückhaltung angezeigt ist, wird in einer neuen Broschüre "Werbung für Ingenieure" der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau anhand einer alphabetischen Auflistung mit jeweils kurzen Erläuterungen beschrieben. Maßstab der Beurteilung, wie und in welchem Umfang Werbung für Ingenieure zulässig ist, ist zum einen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, für Kammermitglieder vor allem auch die Berufsordnung. In Bayern erlaubt sie Werbung in ihrem §7 nur, "soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Inhalt und Form sachlich unterrichtet." Unlauter ist eine Werbung oder Bewerbung um einen Auftrag dann, "wenn sie unwahre Angaben enthält oder mit aufdringlichen oder anpreisenden Elementen versehen ist."
Werbung nie auf Kosten eines Kollegen!
Bei allen Formen zulässiger Werbung gilt jedoch: nie auf Kosten eines Kollegen! Denn die Berufsordnungen begründet auch die Pflicht zur Kollegialität. Wer sich über die Masse der Kollegen hinaushebt und sich dabei, bildlich gesprochen, auf deren Schultern aufstützt, verletzt das Kollegialitätsgebot. Es ist verboten, Kollegen direkt oder indirekt zu schädigen. Dazu gehört auch das Verbot, eine geschäftliche Beziehung zwischen einem anderen Ingenieur und dessen Auftraggeber dadurch zu beeinträchtigen, dass der Werbende von sich aus im eigenen geschäftlichen Interesse in der gleichen Sache tätig wird.