EUR.1: Warenwert, Formular & Beantragung

EUR.1: Warenwert, Formular & Beantragung

Möchten Unternehmen ihre Waren ins Ausland exportieren, fallen in vielen Fällen Zölle an. Eine Ausnahme besteht beim Warenverkehr mit Staaten, in denen EU-Freihandelsabkommen, Präferenzabkommen oder Kooperationsabkommen gelten oder bei Staaten, die mit der EU assoziiert sind. Beim Handel mit diesen Gütern gilt die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 als förmlicher Präferenz- oder Ursprungsnachweis für das Erlangen von Zollvorteilen. Doch was ist die EUR.1 überhaupt? Und welche Bedeutung und Vorteile bietet der Präferenznachweis im internationalen Warenverkehr? Wann EUR.1 genutzt werden sollte, für welche Länder und Zusammenschlüsse von Staaten die Warenverkehrsbescheinigung gilt und wie das Formular für die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 bezogen werden kann und wie es korrekt ausgefüllt wird, erfahren Sie in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis

Was ist die EUR.1?

Die Präferenzbescheinigung EUR.1 ist ein international anerkanntes Zolldokument, das als Warenverkehrsbescheinigung den freien Verkehr bestimmter Waren zwischen Ländern der Europäischen Union und anderen Regionen, einschließlich der Schweiz, Norwegen und der Türkei, ermöglicht. 

Diese EUR.1 ermöglicht es Unternehmen, beim Export von Produkten in andere europäische Märkte und Länder mit Kooperationsabkommen von Zollermäßigungen oder -befreiungen zu profitieren. Um Zollvorteile erhalten zu können, muss der zu exportierende Artikel bestimmte Kriterien erfüllen. Unter anderem muss der Ursprung der Waren nachvollziehbar sein und es muss ein gültiges Handelsabkommen zwischen den Exportländern bestehen. 

Das EUR.1-Präferenzzertifikat ist im Umkehrschluss ebenfalls für Unternehmen wichtig, die Waren aus europäischen Ländern importieren, da es als wichtiger Nachweis für Zollvorteile dient.

Wann wird eine EUR.1 benötigt?

Eine EUR.1 wird als formale Warenverkehrsbescheinigung beim Warenverkehr mit Staaten benötigt, mit denen ein: 

  • EU-Freihandelsabkommen, 
  • EU-Präferenzabkommen oder ein
  • EU-Kooperationsabkommen abgeschlossen wurde oder
  • die mit der EU assoziiert sind.

Ab welchem Warenwert kann eine EUR.1 eingereicht werden? 

Überschreitet der Wert der in der Sendung enthaltenen Ursprungserzeugnisse eine Grenze von 6.000 Euro, darf eine EUR. 1 als Präferenznachweis ausgefüllt werden, um die Zollvorteile zu erlangen. Bis zu dieser Grenze reicht als nicht-förmlicher Präferenznachweis eine schriftliche Ursprungserklärung auf der Rechnung oder auf einem Handelspapier aus. 

Welche Besonderheiten gelten für Ermächtigte Ausführer (EA)? 

Unternehmen, die häufig Präferenzwaren ausführen, können das vereinfachte Verfahren für Ermächtigte Ausführer nutzen. Ein entsprechender Antrag kann beim zuständigen Hauptzollamt gestellt werden. Da das vereinfachte Verfahren in den meisten Präferenzregeln mit ausländischen Staaten vorgesehen ist, haben Ermächtigte Ausführer einen wesentlichen Vorteil: 

Sie können präferenzrechtliche Ursprungserklärungen auf Rechnungen und Handelsdokumenten ohne wertmäßige Beschränkung und eigenverantwortlich ausfertigen. Für EA entfällt somit in der Praxis das Ausfüllen einer EUR.1 als Präferenznachweis.

Im Warenverkehr mit der Türkei können EA abweichend von den üblichen Präferenzregeln vorausbehandelte oder mit einem Sonderstempeleindruck versehene Warenverkehrsbescheinigungen A.TR. verwenden.

Wichtig

Unternehmen, die Waren mit einem Wert über 6.000 Euro in die Republik Korea (Südkorea) versenden, benötigen zwingend den Status als Ermächtigter Ausführer, da die Republik Korea ausschließlich Ursprungserklärungen auf Rechnungen und keine EUR.1 akzeptiert.

Ist eine EUR.1. Pflicht?

Es besteht keine gesetzliche Pflicht, eine EUR.1 beim Export von Waren zu nutzen. Ähnlich wie Unternehmen nicht verpflichtet sind, eine Ursprungserklärung auf einer Rechnung anzugeben, ist das Ausfüllen der EUR.1 ebenfalls freiwillig. In diesem Fall fallen die üblichen Zollsätze für den Warenverkehr an. 

Für welche Länder kann eine EUR.1 ausgestellt werden? 

Die Zollpräferenzbeziehungen der Europäischen Union bestehen mit den folgenden Ländern und Gebieten: 

Europäischer Wirtschaftsraum, kurz: EWR (alle Staaten der Europäischen Union sowie Island, Lichtenstein, Norwegen, Schweiz und die Türkei)
Paneuropäische Kumulation (Färöer, Georgien und Ukraine, CEFTA (Länder des Balkans), Mashrek-Staaten (Ägypten, Jordanien und Libanon), Maghreb-Staaten (Algerien, Marokko und Tunesien) sowie Palästina (besetzt) und Israel)
Andorra
Ceuta und Melilla (Exklaven)
San Marino
Andenstaaten (Ecuador, Kolumbien und Peru)
CARIFORUM (diverse Karibikinseln)
Chile
Ghana
Japan
Kanada 
Mexiko
SADC-WPA-Staaten (Südafrika und andere)
Staaten des östlichen und des südlichen Afrika (ESA) (z. B. Mauritius)
Vereinigtes Königreich und Nordirland
Vietnam
West-Pazifik-Staaten (z. B. Samoa)
Zentralafrika (CAS) (Kamerun) 
Zentralamerika (CAM) (z. B. Nicaragua)

Aktuelle Liste zum Download unter: https://wup.zoll.de/wup_online/uebersichten.php?id=1

Zu einigen Staaten, beispielsweise im afrikanisch, karibischen oder pazifischen Raum (AKP) sowie zu Entwicklungsländern bestehen nur einseitige Vereinbarungen zur Gewährung von Zollpräferenzen. 

Die abhängig vom Exportland unterschiedlichen Ursprungsregeln können auf Basis der Zolltarifnummer der Ware im Präferenzportal des Zolls aufgelistet werden. Der präferenzielle Ursprung der Waren muss beim Grenzübertritt der Waren nachgewiesen werden. Der Nachweis über den präferenziellen Ursprung der Waren geschieht je nach geschlossenem Abkommen entweder über die EUR.1 oder eine im Wortlaut vorgeschriebene Ursprungserklärung. 

Wer stellt die EUR.1 aus? 

Die Ausstellung der EUR.1 erfolgt stets von der jeweiligen Zollstelle – nach erfolgreichem Antrag, im Rahmen dessen das Formular für die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 vollständig und vom Ausführer abgegeben wird.

Wie wird die EUR.1 beantragt?

Die Beantragung der EUR.1 erfolgt bei der jeweiligen Zollstelle. Für den Antrag muss das Formular der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 vollständig ausgefüllt und vom Ausführer oder einem beauftragten Dienstleister bei der zuständigen Versandzollstelle vorgelegt werden. Anschließend folgt die Ausstellung der EUR.1.

Die Versandzollstelle kann zudem eine Ursprungserklärung verlangen, um den Ursprung der Exportware nachzuvollziehen. Bei Eigenanfertigung der Ware muss auf der Rückseite der EUR.1 eine nachvollziehbare Präferenzkalkulationen aufgeführt werden. 

Wer kann die EUR.1 beantragen?

Die Beantragung der EUR.1 muss vom Ausführer der Waren erfolgen. Als Ausführer ist er allein antragsberechtigt. Als natürliche oder juristische Person kann der Antragsteller sich von einer bevollmächtigten Person oder einem Serviceunternehmen vertreten lassen.

Wo bekomme ich das Formular EUR.1?

Das Ausfüllformular der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 kann bei den örtlichen Industrie- und Handelskammern als Download bezogen oder auf Antrag bei einer regionalen Zollstelle angefordert werden. 

Wie wird das Formular EUR.1 ausgefüllt? 

Das Formular EUR.1 wird wie folgt ausgefüllt: 

Feld 1Daten des Ausführers mit vollständiger Anschrift und Staat
Feld 2Zeile 1: Europäische GemeinschaftZeile 2: Abkommen oder Staat, in den exportiert wird 
Feld 3Freiwilliges Feld: Empfänger der Waren
Feld 4 Länderbezeichnung des Ursprungslandes der Waren
Feld 5Ausfuhrland oder Ländergruppe, in die exportiert wird
Feld 6Beförderungsart, beispielsweise Luftfracht
Feld 7Feld für besondere Anmerkungen beispielsweise „Nachträglich ausgestellt.“ 
Feld 8Klare und eindeutige Auflistung der zu exportierenden Waren
Feld 9Einfügen der Gewichtsangaben
Feld 10Zusatzfeld für Verweis auf eine konkrete Handelsrechnung oder ein Ausfuhrpapier
Feld 11Der Präferenznachweis wird durch die Zollstelle nach Prüfung ausgestellt
Feld 12Rechtsverbindliche Unterschrift des Antragstellers

Ein Muster für das Formular der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 finden Sie unter www.zoll.de, welches Sie ebenfalls dort downloaden können.

Muss die EUR.1 in der Zollanmeldung benannt werden? 

Wird eine EUR.1 den Ausfuhrpapieren hinzugefügt, muss diese zwingend in der Zollanmeldung benannt werden. 

Kann eine EUR.1 nachträglich erstellt werden? 

Grundsätzlich kann eine EUR.1 in zwei Fällen nachträglich erstellt werden: 

  1. bei einem nachweislichen Irrtum oder einem unverschuldeten Versehen, bei dem vergessen wurde, die EUR.1 auszustellen,
  2. wenn die EUR.1 im Einfuhrstaat aus formalen Gründen nicht angenommen wurde. 

Liegt einer der genannten Fälle vor, kann die EUR.1 formlos bei der zuständigen Zollstelle beantragt werden. 

Was ist der Unterschied zwischen EUR.1 und einer Ursprungserklärung?

Im Gegensatz zur EUR.1 kann eine Ursprungserklärung als eine nicht förmliche Erklärung eines Exporteurs, Herstellers oder Produzenten definiert werden, die das Ursprungsland von Waren bescheinigt, die in ein anderes Land geliefert werden. Eine Ursprungserklärung ist zudem nur bis einem Wert bis 6.000 Euro zulässig. Anschließend könnte die EUR.1 infrage kommen.

Eine Ursprungserklärung wird häufig im internationalen Handel verwendet und hilft Unternehmen und Zollbehörden bei der Bestimmung des Zollsatzes, der auf Einfuhren in ein anderes Land erhoben wird. Darüber hinaus dient die Ursprungserklärung den Zollbehörden als Nachweis der Ursprungseigenschaften bzw. als Nachweis, dass der Ursprung der eingeführten Waren den von bestimmten Ländern oder Regionen aufgestellten Regeln und Vorschriften entspricht. 

Welche Angaben muss eine Ursprungserklärung aufweisen?

Eine Ursprungserklärung sollte neben den personenbezogenen Daten für juristische oder natürliche Personen spezifische Ursprungseigenschaften wie Folgende aufweisen: 

  • die Warenbezeichnung, 
  • Informationen zu den Vormaterialien, 
  • die Menge der gelieferten Waren, 
  • die zolltarifliche Einreihung, 
  • den Handelswert sowie
  • Angaben zur Währung.

In einigen Fällen können neben Daten zur Menge, Zolltarifierung, Währung und zu den Vormaterialien auch weiterführende Dokumente wie zum Beispiel Lieferantenerklärungen erforderlich sein, um den stichhaltigen Nachweis zu führen, woher die Waren stammen. 

Wichtig

Lieferantenerklärungen belegen die Präferenzursprungseigenschaft von Waren und sind demnach als Nachweis für den Ursprung eben dieser Waren anzusehen. Lieferantenerklärungen werden demnach benötigt, um zu beweisen, dass die Anforderungen aus einem Präferenzabkommen durch die Ursprungseigenschaften der Waren erfüllt sind.

Wie lautet der Wortlaut der Ursprungserklärung?

Der Wortlaut der Ursprungserklärung ist abhängig vom Empfängerland. Im Europäischen Wirtschaftraum lautet die deutsche Ursprungserklärung auf Rechnungen und Handelspapieren beispielsweise: 

  • Die Ursprungserklärung, deren Wortlaut nachstehend wiedergegeben ist, ist gemäß den Fußnoten auszufertigen. Die Fußnoten brauchen jedoch nicht wiedergegeben zu werden.

Für den Export von Waren in das Vereinigte Königreich, dass seit dem Brexit nicht mehr zur Europäischen Union gehört, ist folgende Erklärung maßgeblich: 

  • Die in Artikel 56 dieses Abkommens genannte Erklärung zum Ursprung ist unter Verwendung des nachstehenden Wortlauts in einer der folgenden Sprachfassungen und im Einklang mit den Gesetzen und sonstigen Vorschriften der ausführenden Vertragspartei auszufertigen. Wird die Erklärung handschriftlich erstellt, so muss dies mit Tinte in Druckschrift erfolgen. Die Erklärung zum Ursprung ist entsprechend den jeweiligen Fußnoten zu erstellen. Die Fußnoten müssen nicht wiedergegeben werden.

Alle gültigen Ursprungserklärungen können auf der Internetpräsenz des Zolls unter folgendem Link abgerufen werden. 

Was ist der Unterschied zur EUR-MED?

In den meisten Freihandelsabkommen zwischen der EU und anderen Staaten oder Freihandelszonen wird die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 als Standard-Präferenznachweis akzeptiert. Im Falle der Ausfuhr kumulierter Waren in ein Land der Pan-Europa-Med Freihandelszone ist die Ausstellung einer speziellen Bescheinigung, einer EUR-MED, als Präferenznachweis erforderlich.

Kumulierung im Präferenzrecht bedeutet für die Praxis, dass Verarbeitungsprozesse aus verschiedenen Ländern einbezogen werden können, um den Ursprungserwerb zu ermitteln. Abhängig von der Anzahl der beteiligten Nationen müssen unterschiedliche Kumulierungsvarianten berücksichtigt werden.