Ausfall der Elektronik: Beugen Sie gegen die 6 häufigsten Ursachen vor
Um die Probleme in den Griff zu bekommen, müssen Sie zunächst die Ursachen für mögliche Ausfälle kennen.
Ursache 1 für Ausfall der Elektronik: Komplexität
Eine der Hauptursachen für Ausfälle elektronischer Systeme ist die extrem gestiegene Komplexität. Gab es in älteren Steuerungsanlagen nur wenige Schaltelemente, so kommen heute Bausteine zum Einsatz, in denen Millionen von Schaltelementen in logischen Verknüpfungen wirken.
Ursache 2 für Ausfall der Elektronik: Hohe Taktfrequenzen
Um viele Millionen Berechnungen in einer Sekunde durchführen zu können, weisen elektronische Systeme sehr hohe Taktraten auf. Die Frequenzen industrieller Steuerungscomputer haben sich in kurzer Zeit von einigen MHz auf mehrere GHz erhöht, die Verarbeitungsgeschwindigkeit wurde also um den Faktor 1.000 erhöht.
Hohe Taktraten erfordern ein exaktes Timing, schon die geringsten Abweichungen führen zu Fehlfunktionen. Außerdem gelangen Sie mit MHz- oder GHz-Frequenzen in den Bereich der Funkfrequenzen, der Stromfluss beschränkt sich nicht mehr auf die Leiterbahnen, sondern sucht sich die Luft als Übertragungsmedium.
Praxis-Tipp: Hohe Taktraten gelten oft als Verkaufsargument. Lassen Sie sich davon nicht blenden. Fragen Sie nach einer konkreten Verarbeitungsleistung.
Ursache 3 für Ausfall der Elektronik: Geringe Fehlertoleranz
Mit dem Übergang von analogen zu digitalen Systemen verschwindet auch der proportionale Zusammenhang: kleine Ursache -> kleine Wirkung; großer Fehler -> große Wirkung. In einem digitalen System kann der kleinste Fehler (das Kippen eines Bits) im Extremfall zu einem totalen Systemabsturz führen.
Praxis-Tipp: Erkundigen Sie sich, ob es für die gestellte Aufgabe nicht auch analoge Lösungen gibt. Die sind oft viel einfacher und robuster.
Ursache 4 für Ausfall der Elektronik: Infrastruktur
Funktionsprobleme entstehen nicht nur durch Fehler im Produkt selbst, sondern auch durch eine nicht einwandfreie Infrastruktur. Dabei zählt die Stromversorgung zu den häufigsten Fehlerquellen. Spannungsspitzen (Überspannungen) und Spannungseinbrüche sind besonders gefährlich. Die Folgen sind Speicherausfälle, undefinierte Programmzustände und Programmabbrüche. Aber auch die Zerstörung von elektronischen Bauteilen kann die Folge sein.
Neben der Energieversorgung sind zu hohe und zu niedrige Temperaturen und elektromagnetische Unverträglichkeiten Ursachen für Probleme.
Auch der Luftfeuchtigkeit sollten Sie Beachtung schenken. Eine hohe Luftfeuchtigkeit über 80 % kann zu Kriechströmen und Korrosion führen. Eine zu geringe Luftfeucht unter 30 % allerdings kann statische Aufladungen und damit verbundene Überspannungen von einigen 10.000 V zur Folge haben.
Ursache 5 für Ausfall der Elektronik: Schnittstellenprobleme
Elektronische Systeme werden in der Regel von verschiedenen Abteilungen entwickelt. Zum einen wird die Hardware in Funktionseinheiten unterteilt und von verschiedenen Teams konstruiert, zum anderen die Software oft von Fremdunternehmen dazugekauft. Beim Zusammenfügen der einzelnen Komponenten kommt es immer wieder zu Schnittstellenproblemen. Im Gegensatz zu einem mechanischen Getriebe, bei dem Sie relativ schnell erkennen, ob ein Zahnkranz nicht passt, spüren Sie diese bei einem elektronischen System häufig sehr spät.
Diese Problematik tritt aber auch bei den so genannten „modularen“ Produkten auf. Hier können Sie das System selbst mit zusätzlichen Funktionen wie Speichererweiterungen und Netzwerkfunktionalität ausstatten. Es zeigt sich aber oft, dass Standard nicht gleich Standard ist und wenn nun ein Problem auftritt, wird es schwer, den Verantwortlichen zu finden.
Praxis-Tipp: Wählen Sie möglichst einen Hersteller. Dann gibt es bei Schnittstellenproblemen kein Kompetenzgerangel.
Ursache 6 für Ausfall der Elektronik: Preisdruck
Betraf der Preisverfall im Elektronikbereich zunächst nur den Konsumentenbereich, so ist mittlerweile auch der industrielle Sektor davon betroffen. Der Preis für Steuerungscomputer ist bei gestiegener Leistung in den letzten 10 Jahren um den Faktor 10 gesunken.
Diesen geringen Preis kann Ihnen ein Hersteller nur dann bieten, wenn er bei seiner Entwicklung in allen Bereichen spart:
- Preisgünstige Bauteile
- Geringere Entwicklungskosten
- Verzicht auf teure Teststrategien
- Intensive Nutzung von Outsourcing
Der Preisdruck wird von den Elektronikentwicklern an ihre Zulieferer und Systemanbieter weitergegeben. Ein hochwertiges Entwicklungssystem für industrielle Software kostete vor einigen Jahren noch mehrere Tausend Euro, heute finden sich Angebote für unter 100 €. Ein unter allen Umständen stabil laufendes Produkt lässt sich für einen solchen Preis nicht realisieren.
Wenn Sie die verschiedenen Angebote für elektronische Systeme vergleichen, dann können Sie den Faktor „Zuverlässigkeit“ als Produktmerkmal nicht eindeutig identifizieren. Sie vergleichen die Funktionen, die Preise, die Lieferbarkeit und den Service. Durch dieses Vorgehen fallen Anbieter, die schon bei der Entwicklung ein Augenmerk auf eine einwandfreie Funktion legen und somit teurer sind, aus dem Angebotsraster.
Strategien für weniger Ausfall der Elektronik: So bewerten Sie „Zuverlässigkeit“ in Angeboten
Der Anbieter wird Ihnen natürlich immer zusichern, dass seine Produkte auf Herz und Nieren getestet werden und nur einwandfreie Ware das Haus verlässt. So gesehen dürfte es überhaupt keine Ausfälle geben.
Frage 1: Wie wird das Qualitätsmanagement (QM) beim Hersteller umgesetzt?
Der Einkauf fragt häufig lediglich nach dem Vorhandensein eines QM. Ein QM garantiert aber noch keine hohe Qualität, sondern nur, dass die angestrebte Qualität durch geeignete Methoden auf gleichem Niveau gehalten wird. Lassen Sie sich also genau erklären, welche Verfahren konkret eingesetzt werden:
- Wie wird der Qualitätsstandard der Zulieferer gesichert?
- Welche Teststrategien kommen nach der Herstellung zum Einsatz?
- Werden alle Systeme einem Einzeltest unterzogen?
- Wie werden Fehlerrückläufer behandelt (lediglich aussondiert oder in einem Fehlermanagement berücksichtigt)?
Frage 2: Sind die Einsatzbedingungen für das angebotene System geeignet?
Haben Sie auf die Frage „In welchem Temperaturbereich ist Ihr System einsetzbar?“ schon einmal die Antwort „Wir verwenden ausschließlich Bausteine mit militärischen Temperaturspezifikationen“ erhalten? Diese Aussage nutzt Ihnen nichts. Auch wenn die Bauelemente für diesen Bereich geeignet sind, trifft das nicht unbedingt für das ganze Design zu.
Lassen Sie den Anbieter die Bedingungen prüfen und fordern Sie dann eine Aussage, dass sein System in Ihrer Infrastruktur einwandfrei arbeitet. Sie werden sehen, je direkter die Aussagen über die Zuverlässigkeit waren, desto zögerlicher wird er dieser Forderung nachkommen.
Frage 3: Wie reagiert das System bei einem Stromausfall während eines Software-Updates?
Diese Frage hat vorrangig einen taktischen Hintergrund. Das Software-Update ist eine Art Achillesferse bei elektronischen Systemen. Bei der einfachsten Variante wird der Speicher gelöscht und neu beschrieben. Fällt in diesem Moment der Strom aus, wird die Neuprogrammierung unterbrochen und der Speicher ist nur teilweise gefüllt. Das Programm, das das Software-Update durchführen sollte, befand sich aber auch in diesem Speicher. Nichts geht mehr. Und Sie sind für eine einwandfreie Stromversorgung zuständig.
Ein Unternehmen, bei dem die Sicherheit des Kunden an erster Stelle steht, wird sich über solche Herausforderungen Gedanken machen. Die Antwort wird Ihnen der Vertriebsmitarbeiter wahrscheinlich nicht sofort geben können. Wichtig ist, ob es eine durchdachte Strategie gibt.
Praxis-Tipp: Laden Sie das alte Programm zunächst in einen Schattenspeicher, während das neue Programm geschrieben wird. Fällt nun der Strom aus, erkennt das System den Fehler, schreibt den Schattenspeicher zurück in den Hauptspeicher und das Produkt befindet sich in dem gleichen definierten Zustand wie vorher.