Optimale Instandhaltung: Vorausschauend, präventiv oder korrektiv?
- Theorie: Instandhaltungspläne und wie man sie effizient und rechtskonform erstellt
- Theorietrend: „Predictive Maintainence“
- Arbeitshilfe für die Instandhaltungsplanung: die Richtlinie VDI 2890
- Rechtsgrundlage für die Instandhaltung
- Besondere Anforderungen an die Instandhaltung – die AMEV-Empfehlungen
- Sichere Instandhaltung in der Praxis
- Checkliste für eine sichere und optimale Instandhaltung
Theorie: Instandhaltungspläne und wie man sie effizient und rechtskonform erstellt
Lange hat man die Intervalle zwischen den Instandhaltungsterminen rein erfahrungsbasiert festgelegt. Die Unternehmen haben sich dabei an Vorgaben und Empfehlungen von Herstellern, Fachverbänden und Aufsichtsbehörden orientiert. Deren Instandhaltungsintervalle basieren auf Erfahrungswerten, die aus der statistischen Auswertung von Ausfällen und Reparaturen abgeleitet wurden.
Diese präventive Instandhaltung bietet also viel Sicherheit, weil die Wartungsintervalle im Zweifelsfall besser kürzer gehalten werden als so lang, dass doch Ausfälle drohen. Das ist sicher, aber wenig wirtschaftlich, deshalb geht man heute zunehmend neue Wege.
Insider schätzen, dass bei präventiver Wartung nach starren Zeitplänen bis zu 40 % der Wartungszeit und -kosten verschwendet sind. Noch schlechter wäre die Bilanz natürlich, würde man auf das Konzept „Reparatur nach Ausfall“ setzen, manchmal auch als „korrektive Wartung“ beschönigt.
Von kostspieligen Produktionsausfällen abgesehen, wäre ein solches Vorgehen auch gefährlich, denn nicht immer kann man voraussetzen, dass ein Schaden an einer Anlage die Sicherheit von Beschäftigten bzw. der Arbeitsumgebung nicht gefährdet. Insofern ist dieses System nur für Realitätsverweigerer geeignet.
Theorietrend: „Predictive Maintainence“
Die Idee, sich nicht an statistischen Zahlen zum Auftreten von Fehlern, sondern am tatsächlichen Zustand einer Maschine oder Anlage zu orientieren, ist naheliegend, wenn man Instandhaltung zeit- und kostenoptimiert planen möchte. Störungen und drohende Ausfälle von Maschinenkomponenten lassen sich vermeiden, wenn Maschinen permanent überwacht werden. Gewartet wird zum optimalen Zeitpunkt, nämlich dann, wenn es nötig ist.
Allerdings ist diese Strategie an erhebliche technische Voraussetzungen geknüpft. So benötigt man moderne Sensortechnik, intelligente Datenanalyse, digitale Vernetzung und Kommunikation der Maschinen, der Werkstücke und der Komponenten in einer Industrie 4.0-Umgebung.
Große Datenmengen werden dabei durch Datamining erfasst und mithilfe von Simulationsmodellen ausgewertet, wie der stellvertretende VDMA-Hauptgeschäftsführer Hartmut Rauen bei der Vorstellung der Studie „Predictive Maintenance“ betonte.
Die gemeinsam mit der Unternehmensberatung Roland Berger durchgeführte Untersuchung stellt außerdem fest, dass auch mittelständische Unternehmen mit Predictive Maintenance Kosten für Serviceaufwendungen reduzieren und die Leistung von Produktionssystemen steigern können. Das Interesse an dieser Strategie dürfte künftig steigen.
Arbeitshilfe für die Instandhaltungsplanung: die Richtlinie VDI 2890
Jeder Unternehmer muss im Rahmen der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung (GB) auch die Instandhaltungsfristen anhand von Betriebs- und Umgebungsbedingungen festlegen, wobei Sie als SiFa, Elektrofachkraft oder Sicherheitsingenieur als Berater unentbehrlich sind.
Allerdings ist der Spielraum bei der Ermittlung von Instandhaltungsfristen bislang auch deshalb eher gering, weil viele Hersteller ihre Garantieversprechen von vorgegebenen Intervallen abhängig machen.
Auch bei der Instandhaltungsplanung müssen Sie sich an den Stand der Technik halten – tun Sie das nicht, ist Ihr Konzept nicht rechtssicher. Die Richtlinie VDI 2890 – das Standardwerk zur Erstellung von Wartungs-/Inspektionsplänen und den zugehörigen Arbeitsplänen – wurde überarbeitet und aktualisiert.
Mit der VDI 2890 haben Sie alle wichtigsten Aspekte der Instandhaltung im Blick, die Anlagen- und Arbeitssicherheit, die Durchführung, die Wirtschaftlichkeit von Instandhaltungsmaßnahmen und deren termingerechte Erfüllung nach gesetzlichen Vorgaben, Regeln und Richtlinien.
Die Richtlinie orientiert richtet an den Prozessabläufen der Produktion und formuliert Minimalanforderungen, aber auch Vorgehensweisen zur Abbildung komplexer Funktionalitäten wie:
- Prüfungen und Maßnahmen nach gesetzlichen Regelwerken und Verordnungen
- Wartungs- und Inspektionsmaßnahmen
- Geplante oder präventive Instandsetzungsmaßnahmen mit Anlagenabstellungen
- wiederkehrende Qualitätssicherungsmaßnahmen mit Instandhaltungsbeteiligung
Außerdem gibt die Richtlinie Hilfen zur Maschinendokumentation und zur Erstellung aller betrieblichen Instandhaltungsunterlagen. Weitere Informationen finden Sie unter www.vdi.de/2890
Rechtsgrundlage für die Instandhaltung
Die grundlegende übergeordnete rechtliche Anforderung an die Instandhaltung findet sich in § 5 Abs. 1 Betriebssicherheitsverordnung: „Der Arbeitgeber darf nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die unter Berücksichtigung der vorgesehenen Einsatzbedingungen bei der Verwendung sicher sind.“
Dieser Satz impliziert einerseits, dass nur Maschinen und Anlagen beschafft werden, deren Konstruktion die Instandhaltung nicht unnötig erschwert. Andererseits ist natürlich gefordert, dass der sichere Zustand über den gesamten Lebenszyklus der Maschine oder Anlage erhalten bleibt. Und das ist nur möglich, wenn regelmäßig geprüft und instand gehalten wird.
Besondere Anforderungen an die Instandhaltung – die AMEV-Empfehlungen
Nicht immer allerdings ist es möglich, Wartungsintervalle so innovativ festzulegen. So hat der Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen (AMEV) im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) 2017 die AMEV-Empfehlung „Wartung 2014. Wartung, Inspektion und damit verbundene kleine Instandsetzungsarbeiten von technischen Anlagen und Einrichtungen in öffentlichen Gebäuden“ überarbeitet.
In der Neufassung ist u. a. festgelegt, „dass es für einige Gefahrenmeldeanlagen rechtsnormativ festgelegte Instandhaltungszyklen gibt, die uneingeschränkt eingehalten werden müssen.“ In diesem Fall wäre voraus- schauende Instandhaltung also nicht möglich.
Sichere Instandhaltung in der Praxis
In der Gefährdungsbeurteilung müssen neben den Instandhaltungsintervallen auch die Arbeitsverfahren, die angewendet werden sollen, sowie Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten und die Umwelt festgelegt werden. Instandhaltungsmaßnahmen sind besonders unfallträchtig, weil Maschinen oder Anlagen nicht im Normalbetrieb, sondern in einer riskanten Sonderbetriebsart laufen.
Deshalb müssen Sie mögliche Gefährdungen so umfassend wie möglich ermitteln. In unserem Kurzcheck haben wir die wichtigsten Aspekte zusammengefasst.
Checkliste für eine sichere und optimale Instandhaltung
- Liegt eine Gefährdungsbeurteilung für Instandhaltungsarbeiten vor, auf deren Basis ein spezielles Schutzkonzept für die Beschäftigten entwickelt wurde?
- Verfügt das Instandhaltungspersonal über die erforderliche Grundkompetenz? Die Betriebssicheiheitsverordnung fordert: „Instandhaltungsmaßnahmen dürfen nur von fachkundigen, beauftragten und unterwiesenen Beschäftigten oder von sonstigen für die Durchführung der Instandhaltungsarbeiten geeigneten Auftragnehmern mit vergleichbarer Qualifikation durchgeführt werden.“
- Werden speziell für Instandhaltungstätigkeiten Arbeits- und Betriebsanweisungen erstellt und berücksichtigen Sie dabei die Betriebsanleitung des Herstellers?
- Werden die Beschäftigten, die Instandhaltungsarbeiten ausführen, für diesen Einsatz speziell unterwiesen, auch zur Benutzung etwa erforderlicher PSA?
- Ist sichergestellt, dass die jeweilige Anlage problemlos zugänglich ist? Stehen für Instandhaltungs- arbeiten spezielle Arbeitsmittel, z. B. Hubarbeitsbühnen, PSA gegen Absturz, zur Verfügung?
- Sind Handsteuergeräte und Zustimmungstaster zur sicheren Funktionsabstimmung innerhalb der Anlage vorhanden?
- Ist sichergestellt, dass vor Aufnahme der Tätigkeit alle organisatorischen Schutzmaßnahmen getroffen werden? Sind Maschinenbediener, Anlagenbetreiber und Kollegen an Nachbararbeitsplätzen informiert, Gefahrenbereiche abgesperrt und gekennzeichnet, sind Personen in der Nähe, die im Notfall Erste Hilfe leisten können?
- Liegen, falls das erforderlich und im Betrieb üblich ist, Erlaubnisscheine oder andere Nachweise der Arbeitserlaubnis für Instandhaltungstätigkeiten vor?
- Wurde eine Person benannt, die die Anlage nach der Instandsetzung wieder anfahren darf? Wurde festgelegt, in welchen Schritten die Wiederinbetriebnahme zu erfolgen hat (u. a. Probelauf)?
- Ist sichergestellt, dass alle Beteiligten (s. o.) informiert werden, wenn die Maschine oder Anlage wieder anläuft?
- Ist gewährleistet, dass die Eignung und Qualifikation des Instandhaltungspersonals regelmäßig geprüft werden (Weiterbildung)?
- Werden, falls erforderlich, Vorsorge- und Eignungsuntersuchungen durchgeführt, z. B. G 41 „Arbeiten unter Absturzgefahr“?