Kennen Sie das auch: bestimmte Situationen, in denen Sie sich regelmäßig – und oft auch gegen alle Vernunft – nervös und unsicher fühlen? Typische Gelegenheiten sind beispielsweise das Lampenfieber vor einem öffentlichen Auftritt oder die Anspannung vor einem wichtigen Gespräch unter 4 Augen.
Diese Unsicherheit kann sich auf vielfältige Weise physisch und psychisch auswirken (siehe unten) – oftmals für andere sichtbar, das ist das Unangenehme daran. Zusätzlich ärgerlich ist, dass die Unsicherheit zumeist wie ein Reflex auf die Situation erscheint. Sie taucht also auf, obwohl Sie sich z. B. auf den öffentlichen Auftritt optimal vorbereitet haben und obwohl Sie in dem Gespräch unter 4 Augen nichts zu befürchten haben.
So wirkt sich Unsicherheit auf Sie aus
Je nach Situation und Person treten einzelne/mehrere der folgenden Anzeichen auf:
Körperliche Auswirkungen:
- Erröten
- kalte und/oder feuchte Hände
- weiche Knie
- trockener Hals
- zittrige und/oder leise Stimme, undeutliche Aussprache
- Muskelverspannungen
- flaues Gefühl im Magen, Magenschmerzen oder sogar Durchfall
- Herzklopfen
- innere Unruhe
- Nervosität
Gedankliche Auswirkungen:
- Selbstzweifel
- Pessimismus
- Schwarz-Weiß-Denken
Gefühlsmäßige Auswirkungen:
- Hilflosigkeit
- Ohnmacht
- Angst
- Ärger, Wut
- Aggression
Verblüffend wirksam: Das Phänomen der Gewöhnung
Sie haben jedoch einen Verbündeten im Kampf gegen die Aufregung – und das ist die Gewöhnung. Denken Sie einmal an eine Situation zurück, in der Sie sehr unsicher waren: Wie war das? Wie fühlten Sie sich anfangs? Wie hat sich die Situation dann äußerlich weiterentwickelt, wie haben sich Ihre Gefühle verändert? Höchstwahrscheinlich hat Ihre Nervosität oder Ihre Anspannung abgenommen.
Vielleicht schreiben Sie das vor allem einem äußeren Einfluss zu: Das Publikum, vor dem Sie die Rede hielten, reagierte gleich auf Ihren 1. Satz positiv. Oder Ihr Gesprächspartner in dem wichtigen Zweiergespräch entspannte die Situation durch angenehme Einleitungssätze. Sie denken vielleicht: „Glück gehabt, es hätte auch ganz anders laufen können!“
Das stimmt nur teilweise: Natürlich hätten die anderen sich weniger unterstützend verhalten können. Aber: Sie wären trotzdem allmählich ruhiger und sicherer geworden. Das ist das Phänomen der Gewöhnung. Sie gewöhnen sich an die Situation. Und die Auswirkungen Ihres Lampenfiebers, die Sie sicherlich ebenso fürchten wie die Situation selbst, nehmen zumindest deutlich ab – meist verschwinden sie sogar vollständig.
Auf die positive Erfahrung können Sie zurückgreifen
Die Übung „Blickkontakt“ (siehe unten) ist dazu gedacht, dass Sie das Phänomen der Gewöhnung – den Wechsel von Aufregung zu Entspannung – im Selbstversuch erleben können.
Der Effekt: Sie machen bewusst die Erfahrung, dass das Phänomen der Gewöhnung einsetzt und wie es sich positiv auswirkt. Das wird Sie selbstsicherer machen – allgemein und in speziellen, herausfordernden Situationen. Fragen Sie also jetzt gleich eine geeignete Person, ob sie die Übung „Blickkontakt“ mit Ihnen durchführen würde. Sie dauert nur wenige Minuten und ist ebenso einfach, wie ihre Auswirkung verblüffend ist.
simplify-Übung „Blickkontakt“: Holen Sie sich Ihre innere Ruhe zurück
Bitten Sie einen Freund oder eine Freundin darum, mit Ihnen diese Übung durchzuführen. (Kleine Motivationshilfe: Sagen Sie dazu, dass die andere Person davon ebenso profitieren wird wie Sie selbst.)
Setzen Sie sich einander gegenüber, und schauen Sie sich 5 Minuten lang in die Augen. Am besten stellen Sie sich einen Wecker, dann müssen Sie nicht auf die Zeit achten.
Während dieser 5 Minuten achten Sie auf Ihre körperlichen Reaktionen, auf Ihre Gefühle und Gedanken. Überwinden Sie die Widerstände, die Sie anfangs vielleicht spüren. Konzentrieren Sie sich; lassen Sie sich darauf ein.
Beantworten Sie anschließend die folgenden Fragen, am besten schriftlich:
- Wie fühlten Sie sich am Anfang der Übung (beispielsweise: gehemmt, nervös)?
- Was spürten Sie körperlich (beispielsweise: Verspannungen, ein flaues Gefühl im Magen)?
- Was haben Sie anfangs gedacht (beispielsweise: „Wie lächerlich“, „Das ist ja peinlich“ oder „Das liegt mir überhaupt nicht“)?
- Was spürten Sie am Ende der Übung (beispielsweise: innere Ruhe, Entspannung)?