Abfallschlüssel ermitteln

Abfallschlüssel in 5 Schritten ermitteln

Die korrekte Ermittlung des Abfallschlüssels ist ein zentraler Bestandteil eines effektiven Abfallmanagements. Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Abfälle präzise zu klassifizieren, um sicherzustellen, dass sie umweltgerecht entsorgt werden. Ein fehlerhaft gewählter Abfallschlüssel kann nicht nur zu rechtlichen Konsequenzen führen, sondern auch das Risiko von Umweltschäden erhöhen. In diesem Artikel erfahren Sie Schritt für Schritt, wie Sie den richtigen Abfallschlüssel für Ihre Abfälle ermitteln und worauf Sie dabei besonders achten müssen.
Inhaltsverzeichnis

Was ist der Abfallschlüssel?

Der Abfallschlüssel ist ein numerischer Code, der zur Klassifizierung und Identifizierung von Abfällen gemäß der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) verwendet wird. Jeder Abfallschlüssel besteht aus sechs Ziffern und ordnet spezifische Abfallarten bestimmten Kategorien zu, die sich nach der Herkunft und den Eigenschaften des Abfalls richten.

Dieser Code hilft dabei, Abfälle systematisch zu erfassen, korrekt zu entsorgen und die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu gewährleisten. Der Abfallschlüssel ist ein zentrales Element im Abfallmanagement, da er sowohl für die innerbetriebliche Abfalltrennung als auch für die Dokumentation und den Nachweis gegenüber Behörden verwendet wird.

Wo findet man den Abfallschlüssel?

Der Abfallschlüssel ist in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) zu finden, die das offizielle Klassifizierungssystem für Abfälle in Deutschland darstellt. Diese Verordnung enthält eine vollständige Liste aller Abfallschlüssel, die jeweils einer spezifischen Abfallart zugeordnet sind. Unternehmen können die Abfallschlüssel in der AVV nachschlagen, um den passenden Code für ihren Abfall zu identifizieren.

Was sind die 20 Kapitel des Abfallverzeichnis-Verordnung?

Die Abfallverzeichnis-Verordnung umfasst insgesamt 20 Kapital, wo die verschiedenen Abfälle klassifiziert und mit einem Abfallschlüssel versehen sind.

Branchenoriertierte Kapitel

1. Abfälle, die beim Aufsuchen, Ausbeuten und Gewinnen sowie bei der physikalischen und chemischen Behandlung von Bodenschätzen entstehen

2. Abfälle aus Landwirtschaft, Gartenbau, Teichwirtschaft, Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei sowie der Herstellung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln

3. Abfälle aus der Holzbearbeitung und der Herstellung von Platten, Möbeln, Zellstoffen, Papier und Pappe

4. Abfälle aus der Leder-, Pelz- und Textilindustrie

5. Abfälle aus der Erdölraffination, Erdgasreinigung und Kohlepyrolyse

6. Abfälle aus anorganisch-chemischen Prozessen

7. Abfälle aus organisch-chemischen Prozessen

8. Abfälle aus Herstellung, Zubereitung, Vertrieb und Anwendung von Beschichtungen (Farben, Lacken, Email), Klebstoffen, Dichtmassen und Druckfarben

9. Abfälle aus der fotografischen Industrie

10. Abfälle aus thermischen Prozessen

11. Abfälle aus der chemischen Oberflächenbearbeitung und Beschichtung von Metallen und anderen Werkstoffen; Nichteisen-Hydrometallurgie

12. Abfälle aus Prozessen der mechanischen Formgebung sowie der physikalischen und mechanischen Oberflächenbearbeitung von Metallen und Kunststoffen

Stoffbezogene Kapitel

13. Ölabfälle und Abfälle aus flüssigen Brennstoffen

14. Abfälle aus organischen Lösemitteln, Kühlmitteln und Treibgasen

15. Verpackungsabfall, Aufsaugmassen, Wischtücher, Filtermaterialien und Schutzkleidung

16. Abfälle, die nicht anderswo im Verzeichnis aufgeführt sind

17. Bau- und Abbruchabfälle

18. Abfälle aus der humanmedizinischen oder tierärztlichen Versorgung und Forschung

Abfälle aus der Abfallbehandlung und -sammlung

19. Abfälle aus Abfallbehandlungsanlagen, öffentlichen Abwasserbehandlungsanlagen sowie der Aufbereitung von Wasser für den menschlichen Gebrauch und Wasser für industrielle Zwecke

20. Siedlungsabfälle (Haushaltsabfälle und ähnliche gewerbliche und industrielle Abfälle sowie Abfälle aus Einrichtungen), einschließlich getrennt gesammelter Fraktionen

Schritt-für-Schritt: Wie ermittele ich den richtigen Abfallschlüssel?

Die Ermittlung des richtigen Abfallschlüssels erfolgt in fünf Schritten:

Schritt 1: Auswahl nach Abfallherkunft

Beginnen Sie damit, die Herkunft des Abfalls zu bestimmen. Überprüfen Sie, ob Ihre Branche oder der Prozess, bei dem der Abfall entsteht, in einem der Kapitel 1 bis 12 oder 17 bis 20 der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) aufgeführt ist. Wählen Sie das passende Kapitel aus. Falls in Ihrem Betrieb verschiedene Abfälle anfallen, müssen Sie diese entsprechend den unterschiedlichen Tätigkeiten möglicherweise mehreren Kapiteln zuordnen.

Beispiel: Bei der Herstellung von PKWs können Abfälle verschiedenen Kapiteln zugeordnet werden, wie etwa Kapitel 12 (mechanische Formgebung), Kapitel 11 (anorganische metallhaltige Abfälle) oder Kapitel 8 (Anwendung von Überzügen).

Schritt 2: Zuweisung stoff- und materialbezogener Schlüssel

Sollte kein passender Abfallschlüssel in den zuvor gewählten Kapiteln gefunden werden, prüfen Sie die Kapitel 13 bis 15. Diese Kapitel enthalten stoff- und materialbezogene Schlüssel, die möglicherweise besser zu Ihrem Abfall passen.

Schritt 3: Bestimmung der Abfallgruppe

Wählen Sie innerhalb des Kapitels die Gruppe aus, die den Abfall am ehesten widerspiegelt. Beachten Sie, dass der spezifischere Schlüssel immer Vorzug vor einer allgemeineren Bezeichnung hat. Verwenden Sie die detaillierte Liste der Abfallschlüssel und -bezeichnungen im Anhang der AVV als Referenz.

Fällt ihr Abfall nicht unter eines der Kapital von 1 bis 15 bzw. von 17 bis 20, kommt das Kapital 16 zum Tragen.

Sobald Sie das richtige Kapital ausgewählt haben, geht es dann die Wahl des vierstelligen Unterkapitels. Danach folgt die Bestimmung des sechsstelligen Abfallschlüssels.

Was tun, wenn der Abfall auch nicht zu Kapital 16 passt?

Sollte Ihr Abfall nicht zum Kapital 15 passen, handelt es sich um einen „anderswo nicht genannten Abfall“ (auch als „a. n. g. Abfälle“ bezeichnet). Demnach ist als Abfallschlüssel 99 im Teil des Verzeichnisteil heranzuziehen, welcher zu abfallerzeugenden Tätigkeit gehört.

Für was steht die Abkürzung a. n. g. im Abfallverzeichnis?

Die Abkürzung a. n. g. steht für „anders nicht genannt„. Diese Bezeichnung wird in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) verwendet, um Abfälle zu kennzeichnen, die in den spezifischen Kategorien nicht explizit beschrieben sind.

Abfälle, die unter diese Kategorie fallen, werden mit einem allgemeinen Abfallschlüssel erfasst, der für sonstige Abfälle steht, die in keinem anderen Eintrag des Verzeichnisses genau beschrieben sind. Diese Schlüssel enden häufig mit „99“ und dienen als Auffangschlüssel für besondere oder nicht eindeutig zuordenbare Abfälle.

Schritt 4: Identifikation von Spiegeleinträgen

Nachdem Sie eine potenzielle Abfallschlüsselnummer gefunden haben, überprüfen Sie die Nummern ober- und unterhalb des Eintrags. Dies ist wichtig, da es sogenannte Spiegeleinträge gibt, bei denen Abfälle abhängig von ihren Eigenschaften als gefährlich oder nicht gefährlich eingestuft werden können. In diesem Fall sind weitere Prüfungen nötig.

Was sind Spiegeleinträge?

Spiegeleinträge sind spezielle Einträge in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV), die Abfallarten kennzeichnen, die je nach ihren Eigenschaften entweder als gefährlich oder als nicht gefährlich eingestuft werden können. Der Unterschied ergibt sich oft aus dem Gehalt an gefährlichen Stoffen im Abfall. Diese Einträge bestehen typischerweise aus zwei Abfallschlüsseln: einem für den gefährlichen Abfall, der mit einem Stern (*) markiert ist, und einem für den nicht gefährlichen Abfall.

Die genaue Einstufung als gefährlich oder nicht gefährlich hängt von einer detaillierten Prüfung ab, bei der die potenziellen Gefährlichkeitsmerkmale des Abfalls, wie sie in Anhang III der EU-Abfallrahmenrichtlinie definiert sind, berücksichtigt werden. Wenn ein Abfall eine oder mehrere dieser gefährlichen Eigenschaften aufweist, muss er dem Spiegeleintrag für gefährliche Abfälle zugeordnet werden.

Beispiel für Spiegeleinträge:

  • 040216* Farbstoffe und Pigmente, die gefährliche Stoffe enthalten
  • 040217 Farbstoffe und Pigmente mit Ausnahme derjenigen, die unter 04 02 16 fallen

Schritt 5: Untergruppe wählen und Gefährlichkeit beachten

Im fünften Schritt muss die Untergruppe gewählt werden. Hierbei ist vor allem die Entscheidung zwischen gefährlichem und nicht gefährlichem Abfall entscheidend. Im Anhang lll der Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG erhält man die nötigen Informationen. Dort sind 15 Gefährlichkeitsmerkmale – auch HP Klassen – inkludiert, die Ihnen verraten, ob der Abfall als gefährlich zu betrachten ist. Wenn der Abfall eine der benannten Eigenschaften besitzt, muss er entsprechend als gefährlicher Abfall klassifiziert werden.

Wichtig: Gefährliche Abfälle sind in der AVV mit einem Stern (*) hinter der Abfallschlüsselnummer gekennzeichnet.

Des Weiteren weist das Abfallverzeichnis ebenfalls Spiegeleinträge auf, die „gefährlichen Abfall“ klassifizieren. Mit dem Anhang lll der Abfallrahmenrichtlinie lassen sich die gefährlichen Merkmale des Stoffes kontrollieren. Auch hier gilt wieder: Liegt eine dieser Merkmale vor, droht eine Gefahr vom Abfall. Der richtige Abfallschlüssel ist zuzuweisen.

Worauf deutet das Sternchen von Abfallschlüsseln hin?

Das Sternchen (*) bei einem Abfallschlüssel weist darauf hin, dass der betreffende Abfall als gefährlich eingestuft wird. Solche Abfälle enthalten Stoffe oder Eigenschaften, die potenziell schädlich für die Umwelt oder die menschliche Gesundheit sind. Die Kennzeichnung mit einem Sternchen bedeutet, dass bei der Handhabung, Lagerung und Entsorgung dieses Abfalls besondere Vorsichtsmaßnahmen erforderlich sind und spezifische gesetzliche Vorschriften eingehalten werden müssen.

HP-Klassen für gefährliche Abfälle

Abfall ist gefährlich, wenn er die in Anhang III der Abfallrichtlinie 2008/98/EG aufgeführten Eigenschaften aufweist. Anhang III  wurde komplett überarbeitet. Dort waren bislang die gefahrenrelevanten Eigenschaften in die Kategorien H1 bis H15 unterteilt. Diese wurden jetzt in HP1 bis HP15 umbenannt, um eine mögliche Verwechslung mit den Codierungen der Gefahrenhinweise nach der CLP-Verordnung zu vermeiden. Zudem wurden Bezeichnungen der Kategorien geändert sowie neue eingeführt. So wird eine Einheitlichkeit mit der Bezeichnung der anderen gefahrenrelevanten Eigenschaften sichergestellt.

Die gefahrenrelevanten Eigenschaften von Abfällen werden in die sogenannten HP-Eigenschaften unterteilt:

  • HP 1 explosiv
  • HP 2 brandfördernd
  • HP 3 entzündbar
  • HP 4 reizend – Hautreizung und Augenschädigung
  • HP 5 spezifische Zielorgan-Toxizität (STOT)/Aspirationsgefahr
  • HP 6 akute Toxizität
  • HP 7 karzinogen
  • HP 8 ätzend
  • HP 9 infektiös
  • HP 10 reproduktionstoxisch
  • HP 11 mutagen
  • HP 12 Freisetzung eines akut toxischen Gases
  • HP 13 sensibilisierend
  • HP 14 ökotoxisch
  • HP 15  Abfall, der eine der oben genannten gefahrenrelevanten Eigenschaften entwickeln kann, die der ursprüngliche Abfall nicht unmittelbar aufweist

Die einzelnen HP-Klassen verweisen wiederum auf die H-Sätze der CLP-Verordnung. Enthält der Abfall Stoffe, die mit einem Gefahrenhinweis-Code (H-Satz) gemäß der CLP-Verordnung gekennzeichnet sind, müssen weitere Prüfungen durchgeführt werden. Dabei gelten zum Teil Konzentrationsgrenzen, oberhalb derer der Abfall als gefährlich einzustufen ist, teils fehlen aber

auch die Konzentrationsangaben. Im zweiten Fall muss der Abfall anhand von anerkannten Prüfmethoden bewertet werden, die Aufschluss darüber geben, ob er gefährlich ist.

Die Abfälle mit den HP-Eigenschaften HP1  bis HP3, HP9, HP12, HP14 und HP15 müssen in der Regel genauer anhand einer anerkannten Prüfmethode bewertet werden. Für Abfälle mit den HP-Eigenschaften HP4  bis HP8, HP10, HP11 und HP 13 können Sie die Gefährlichkeit über die Konzentration der Stoffe mit entsprechenden H-Sätzen gemäß der CLP-Verordnung selbst bestimmen.

Sobald mindestens ein Stoff mit relevanter H-Codierung gemäß nachstehender Tabelle die genannte Konzentration im Abfall erreicht oder überschreitet, ist der Abfall als gefährlich einzustufen. Sind mehrere Stoffe der gleichen H-Codierung enthalten, werden die Konzentrationen der Einzelstoffe addiert.

HP Klassen
© SafetyXperts: Die einzelnen HP-Klassen verweisen auf die H-Sätze der CLP-Verordnung. Die relevante H-Codierung finden Sie auf der Verpackung des Stoffes oder im Sicherheitsdatenblatt unter 2.1.

FAQ zum Abfallschlüssel

Ein Abfallschlüssel ist ein numerischer Code, der in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) verwendet wird, um Abfälle eindeutig zu klassifizieren und zu identifizieren. Dieser sechsstellige Code gibt an, zu welcher Kategorie ein Abfall gehört und hilft dabei, die Abfallentsorgung systematisch und gesetzeskonform zu gestalten.
Der Abfallschlüssel ist entscheidend für die ordnungsgemäße Erfassung, Trennung, Entsorgung und das Recycling von Abfällen. Er stellt sicher, dass Abfälle korrekt klassifiziert werden, um Umweltvorschriften einzuhalten und den Entsorgungsprozess effizient zu gestalten.
Den passenden Abfallschlüssel finden Sie in der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV), die eine vollständige Liste aller Abfallschlüssel enthält. Unternehmen können diese Verordnung nutzen, um die genaue Zuordnung für ihre Abfälle vorzunehmen.
HP-Klassen (Hazard Properties) beschreiben die gefährlichen Eigenschaften von Abfällen, wie z. B. Explosivität oder Toxizität. Diese Klassen werden zur Einstufung verwendet, ob ein Abfall als gefährlich gilt und welcher Abfallschlüssel ihm zugeordnet wird.
Eine falsche Klassifizierung eines Abfallschlüssels kann zu rechtlichen Konsequenzen führen, darunter Bußgelder oder andere Sanktionen. Zudem kann eine falsche Zuordnung zu einer unsachgemäßen Entsorgung führen, die erhebliche Umwelt- und Gesundheitsrisiken mit sich bringt.