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Arbeitnehmerhaftung: Umfang, Grenzen & Beweislast

Wer den Schaden hat, braucht für den Ersatz nicht zu sorgen. Denn das Gesetz sieht vor, dass der Schuldner haftet und für den Schaden aufkommen muss. Das ist auch bei einem vom Arbeitnehmer verursachten Schaden nicht anders. Allerdings sind Arbeitnehmer in der Regel in ihrer Haftung beschränkt. In welchen Fällen und Umfang der Arbeitnehmer tatsächlich haftet und Schadensersatz leisten muss, verrate ich Ihnen in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste zur Arbeitnehmerhaftung

  • Unter Arbeitnehmerhaftung versteht man die Verantwortlichkeit des Arbeitnehmers für einen Schaden, den er aufgrund seines pflichtwidrigen bzw. schuldhaften Verhaltens während der Arbeit verursacht hat.
  • Der Umfang der Arbeitnehmerhaftung ist u. a. vom Grad des Verschuldens bzw. einer eventuellen Mitschuld des Arbeitgebers abhängig.
  • Der Arbeitnehmer kann in seiner Haftung beschränkt sein, wenn ihm nur Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist.
  • Liegt ein Fall von leichter Fahrlässigkeit vor, muss der Arbeitnehmer nicht haften.
  • Bei mittlerer Fahrlässigkeit wird der entstandene Schaden gequotelt, bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz muss der Arbeitnehmer die volle Haftung übernehmen.
  • Die §§ 276 und 611a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) stellen die gesetzliche Grundlage der Arbeitnehmerhaftung dar.
  • Die Beweislast liegt bei der Arbeitnehmerhaftung gemäß § 619a BGB auf Seiten des Arbeitgebers. Vor Gericht muss er die Schuld des Arbeitnehmers beweisen.
  • Eine pauschale Haftungsobergrenze existiert nicht. Dennoch kann die Haftung bei sehr hohen Schäden begrenzt werden. Manche Gerichte begrenzen die Haftung bei grober Fahrlässigkeit daher auf drei Brutto-Monatsgehälter.

Wie haftet ein Arbeitnehmer?

Wer einen Schaden verursacht, muss dafür aufkommen. Stark vereinfacht, ist dieses Schadensersatz-Prinzip so im Gesetz in § 249 Abs. 1 BGB verankert. Wer die Verantwortlichkeit für den entstandenen Schaden trägt, muss demnach den Zustand herstellen, „der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre“ – so der genaue Gesetzeswortlaut.

Grundsätzlich muss ein Schuldner also Vorsatz und Fahrlässigkeit vertreten und für den finanziellen Schaden einstehen. Da der Arbeitnehmer jedoch in der Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflicht nicht primär für sich, sondern für seinen Arbeitgeber tätig ist, kommt die beschränkte und auch eine sogenannte privilegierte Arbeitnehmerhaftung infrage. Denn der Arbeitnehmer verrichtet gemäß § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB seine „fremdbestimmte“ Arbeit weisungsgebunden und „in persönlicher Abhängigkeit“.

Beispiele für Schäden, die von der Arbeitnehmerhaftung betroffen sein können:

  • Sachbeschädigungen jeder Art, wenn es sich um das Betriebseigentum handelt
  • Unerlaubte Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, wenn die das Unternehmen betreffenden Tatsachen nur für einen bestimmten Personenkreis bestimmt sind
  • Sonstige Vertragsverletzungen

Was ist die beschränkte Arbeitnehmerhaftung?

Die beschränkte Arbeitnehmerhaftung stellt eine gesetzliche Regelung in Deutschland dar, die den Haftungsumfang von Mitarbeitern einschränkt. Die beschränkte Arbeitnehmerhaftung dient dem Schutz vor finanziellen Risiken von Schäden, die bei der Arbeit auftreten können.

Der Arbeitnehmer haftet also nicht in gleichem Umfang wie der „gewöhnliche“ Schuldner, der einen Schaden verursacht und dafür Ersatz leisten muss. Diese eingeschränkte Haftung des Arbeitnehmers liegt in seinem Arbeitsumfeld begründet, welches von einer fremdbestimmten Tätigkeit und der Weisungsgebundenheit durch den Arbeitgeber geprägt ist.

Demzufolge ist er in ganz bestimmte Arbeitsabläufe eingebunden und am Arbeitsplatz gehalten, vorgegebene Arbeiten auszuführen. Diese eingeschränkte Freiheit macht sich sozusagen in der eingeschränkten Haftung, der Arbeitnehmerhaftung, bemerkbar.

Hauptgrund für die privilegierte Position des Arbeitnehmers stellt die Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für Risiken und deren Absicherung dar. Um die Haftung des Arbeitnehmers bestimmen zu können, muss demnach die individuelle Gesamtsituation genauer betrachtet werden. Erst, wenn sein Verschulden, kombiniert mit der Schadenshöhe und den gegebenen Risiken am Arbeitsplatz, festgestellt werden kann, lässt sich seine Haftung ermitteln.

Verschuldensgrade: In welchem Umfang haftet ein Arbeitnehmer?

Die Haftung des Arbeitnehmers hängt vor allem von dem Verschulden ab, welches sich anhand der Verschuldensgrade messen lässt. Allgemein ist ein Verschulden dann zu bejahen, wenn der Schuldner bewusst oder unbewusst von der Sorgfaltspflicht, die aus objektiver Sicht an den Arbeitnehmer gestellt wird, abgewichen ist.

Folgende Verschuldensgrade werden unterschieden und entscheiden über den Umfang der Arbeitnehmerhaftung:

  • Leichte Fahrlässigkeit
  • Mittlere Fahrlässigkeit
  • Schwere Fahrlässigkeit
  • Gröbste Fahrlässigkeit
  • Vorsatz

Leichte Fahrlässigkeit

Von leichter oder leichtester Fahrlässigkeit spricht man, wenn dem Arbeitnehmer ein Versehen passiert. Dabei handelt es sich um Fälle, die „schon mal passieren können“ und bei der Gesamtbetrachtung als geringfügige Pflichtverletzungen angesehen werden. Da sie sozusagen „entschuldbar“ sind, liegt in der Konsequenz kein Verschulden seitens des Arbeitnehmers vor, er muss folglich nicht für den entstandenen Schaden haften.

Beispiel: Arbeitnehmer stolpert versehentlich und vergießt dabei Kaffee auf Büromöbel.

Mittlere Fahrlässigkeit

Die mittlere Fahrlässigkeit ist hinsichtlich des Verschuldens zwischen der leichten und der groben Fahrlässigkeit einzustufen. Können diese beiden Kategorien ausgeschlossen werden, liegt ein Fall der mittleren Fahrlässigkeit vor. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Dem Arbeitnehmer ist seine Unachtsamkeit grundsätzlich nur in geringem Maße vorzuwerfen, da er zwar nicht alle Vorsichtsmaßnahmen beachtet, aber dennoch nicht mit dem Schadenseintritt gerechnet hat.

Beispiel: Arbeitnehmer vergisst beim Firmen-Pkw die Handbremse festzuziehen, worauf der Wagen einen kleineren Hang runterrutscht.

Grobe Fahrlässigkeit

Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn die Sorgfalt in besonders hohem Maße nicht beachtet wurde. In derartigen Fällen wurden vom Arbeitnehmer allgemein gültige Regeln und Vorschriften missachtet, die von jedem anderen in gleicher Situation anerkannt und berücksichtigt würden.

Beispiel: Arbeitnehmer verursacht mit Firmenwagen in betrunkenem Zustand einen erheblichen Verkehrsunfall.

Gröbste Fahrlässigkeit

Die von der Rechtsprechung anerkannte gröbste Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn durch missachtete Sorgfalt sogar Menschenleben in Gefahr geraten sind.

Vorsatz

Beim Vorsatz kommt das Wissen und Wollen bzgl. des Schadenseintritts zum Zuge. Der Arbeitnehmer muss die Herbeiführung des Schadens gerade gewollt haben und konnte auch mit dem wahrscheinlichen Eintritt des „Erfolges“ rechnen.

Beispiel: Mutwillige Zerstörung von Firmeneigentum wie z. B. Büromöbel oder das Löschen wichtiger Firmendaten im Computersystem

Wie hoch fällt die Arbeitnehmerhaftung je nach Verschuldensgrad aus?

Da die geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches den Arbeitnehmer vor einer vollständigen Arbeitnehmerhaftung bewahren können, richtet sich der prüfende Blick stets auf den einzelnen Verschuldensgrad – und daneben auf die Gesamtsituation des Arbeitnehmers innerhalb seines Arbeitsverhältnisses.

  • Leichte Fahrlässigkeit – der Arbeitnehmer muss keine Haftung übernehmen.
  • Mittlere Fahrlässigkeit – sämtliche Umstände des konkreten Schadensereignisses werden ermittelt und der Schaden schließlich geteilt. Dabei muss keine exakte, hälftige Aufteilung von 50/50 erfolgen. Meist ergibt sich eine Quotelung, wonach der Arbeitnehmer 40 % und der Arbeitgeber 60 % der Schadenssumme zu übernehmen haben.
  • Grobe/gröbste Fahrlässigkeit und Vorsatz – in diesen Fällen besteht grundsätzlich eine volle Haftung des Arbeitnehmers. Lediglich bei sehr hohen Schadensummen kann eine Quotelung infrage kommen.

Wo liegt die Beweislast bei der Arbeitnehmerhaftung?

Bei der Arbeitnehmerhaftung findet eine Beweislastumkehr vom Grundsatz des § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB statt. In der Regel muss der Schädiger für den verursachten Schaden eintreten und folglich Schadensersatz leisten. Dies hat zur Folge, dass er grundsätzlich selbst das Gegenteil beweisen müsste. Dies gilt allerdings nicht für arbeitsrechtliche Schuldverhältnisse. Denn das deutsche Arbeitsrecht sieht vor, dass die Schadensersatzpflicht nur dann beim Arbeitnehmer liegt, wenn er die Pflichtverletzung auch zu vertreten hat (§ 619a BGB).

Die hier anzuwendende Beweislastumkehr führt somit dazu, dass der Arbeitnehmer solange keine Schuld am Schadenseintritt trägt, bis sie ihm nachgewiesen wird. In einem Haftungsprozess vor Gericht ist es somit Aufgabe des Arbeitgebers, die Schuld bzw. das fahrlässige (oder gar vorsätzliche) Handeln des Arbeitnehmers beweisen zu müssen.

Wie haftet der Arbeitnehmer bei Schädigung eines Kollegen?

Kommt ein Kollege zu Schaden, greift in aller Regel die Unfallversicherung des Arbeitgebers. Sie haftet bei einem Personenschaden für den mitversicherten Kollegen und kommt auch für einen Anspruch auf Schmerzensgeld auf. Diese Haftungsbeschränkung ist in § 105 Abs. 1 Satz 1 SBG VII (Sozialgesetzbuch VII) begründet. Danach muss der Arbeitnehmer für einen von ihm selbst verursachten Schaden nicht haften, wenn

  • eine Person geschädigt wurde,
  • wenn ein Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs durch eine betriebliche Tätigkeit verursacht wurde und
  • der Versicherungsfall vom Arbeitgeber nicht vorsätzlich herbeigeführt wurde.

Beschädigt der Arbeitnehmer sonstiges Eigentum eines Arbeitskollegen wie z. B. Handy, Brille, Uhr etc. ist der Arbeitnehmer zwar verantwortlich und somit für die Schäden haftbar zu machen. Allerdings kann er von seinem Arbeitgeber unter Umständen eine sogenannte Freistellung verlangen. Ein solcher Anspruch auf Schadensersatz durch den Arbeitgeber setzt das gleiche geringe Verschulden wie bei der leichten Fahrlässigkeit voraus, welches der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber selbst gegenüber entgegenbringen kann.

Das bedeutet: Trifft den Arbeitnehmer bei der Sachbeschädigung kein besonderes Verschulden, ist er vom Arbeitgeber freizustellen und muss für den Schaden des Kollegen keine Haftung übernehmen. Sollte demnach kein Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegen, greift die Haftungsbeschränkung der Arbeitnehmerhaftung und der Arbeitgeber kommt für den entstandenen Schaden auf.

Gibt es eine Haftungsoberbegrenzung bei Arbeitnehmern?

Ja, in der Regel wird bei einem Schaden, verursacht durch grobe Fahrlässigkeit, eine Haftungsobergrenze von drei Brutto-Monatsgehältern als angemessen angesehen. Allerdings hat sich das BAG (Bundesarbeitsgericht) dagegen ausgesprochen, eine derartige Haftung des Arbeitnehmers pauschal anwenden zu wollen. Dies werde zwar in der Praxis von anderen Gerichten wie Arbeits- oder Landesarbeitsgerichte so gehandhabt, aber eine generelle Beurteilung des konkreten Falls lässt sich aus Sicht des BAG nicht daraus ableiten.

Während demzufolge der Arbeitnehmer bei einem Schadenseintritt infolge mittlerer Fahrlässigkeit oftmals mit einem Bruttogehalt haftet bzw. mit drei Gehältern, wenn eine grobe Fahrlässigkeit gegeben ist, gibt es nach oben keine pauschale Grenze für den Haftungsumfang des Arbeitnehmers.

Auf der anderen Seite spricht sich die Rechtsprechung meist dafür aus, die Haftung des Arbeitnehmers dann doch zu begrenzen, wenn es sich um einen besonders hohen Schaden des Arbeitgebers handelt.

Im besagten Urteil des BAG, Urteil vom 15. November 2012, Aktenzeichen 8 AZR 705/11, ging es um einen Schaden von ca. 17.500 €, den der Arbeitnehmer (Bruttogehalt von ca. 2.700 €) wegen grober Fahrlässigkeit komplett zu tragen hatte.

Exkurs: Was ist die Arbeitgeberhaftung?

Bei der Arbeitgeberhaftung geht es um die Frage, wann der Arbeitgeber für Schäden aufkommen muss, die der Arbeitnehmer bei der Ausführung seiner vertraglich geschuldeten Arbeitstätigkeit erleidet. Von der Arbeitgeberhaftung sind Sachschäden wie auch Personenschäden umfasst. Daneben kann die Arbeitgeberhaftung auch bei Steuerangelegenheiten oder hinsichtlich Beitragszahlungen gegenüber Finanzbehörden bzw. Sozialversicherungen zum Tragen kommen.

Bei der Arbeitgeberhaftung gegenüber dem Arbeitnehmer ist zwischen Sach-, Vermögens- oder Personenschäden zu unterscheiden.

Wann haftet der Arbeitgeber?

Grundsätzlich haftet der Arbeitgeber – ähnlich der Haftung des Arbeitnehmers – wenn

  • er sei­ne Pflich­ten aus dem Arbeitsvertrag missachtet hat,
  • da­durch ei­nen Scha­den ver­ur­sacht hat, und
  • er dabei vorsätz­lich oder fahrlässig gehandelt hat.

Gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haftet der Arbeitgeber nicht, wenn ein Personenschaden vorliegt, der als Versicherungsfall gilt und somit dem Unfallversicherungsrecht unterliegt. Gleichzeitig darf der Arbeitgeber nicht vorsätzlich gehandelt haben.

Darüber hinaus liegt ein Fall der Arbeitgeberhaftung auch dann vor, wenn nicht er selbst, sondern ein Angestellter vorsätzlich einem anderen Mitarbeiter Schaden zufügt.