Früher schauten Fernsehmoderatoren uns Zuschauern ins Gesicht - via Kamera. Heute ist ihr Blick auf den Teleprompter fixiert. Das Gerät mit dem kompletten Moderationstext wird direkt in die Linse der Kamera gespiegelt. Beim Ablesen begeht der Sprecher Fehler, die jedem Redner zum Verhängnis werden. Seine Moderation geht nicht ins Ohr, sondern ins Auge:
· Die Texte werden viel zu schnell gesprochen. Der Zuhörer kommt nicht mehr mit und versteht nur die Wörter, nicht aber den Inhalt.
· Der Moderator liest nur ab. Er denkt nicht. Ein guter Redner entwickelt aber seine Gedanken gleichsam im Dialog mit seinen Zuhörern. Der Teleprompter verhindert einen solchen Dialog.
· Die meisten Moderatoren, die einen Teleprompter benutzen, überfluten ihre Zuhörer mit Informationen. Sie wirken oberlehrerhaft und allwissend, ihren Moderationsstil empfindet der Zuhörer als herablassend.
· Günther Jauch, einer der wenigen Moderatoren, die noch frei mit Stichwortkärtchen vortragen, sagt: "Ich brauche die Verzahnung von Denken und Sprechen, die nur gelingt, wenn man nicht vorliest. Mit dem Teleprompter fühlt man sich wie ein Achtjähriger beim Vorlesewettbewerb."
Artikel von Stefan Wachtel in: Die Zeit