Bis zu seinem Rededuell mit John Kerry hatte US-Präsident George Bush noch keine Debatte verloren. Sein Erfolgsrezept: Understatement - die Kunst, sein Licht unter den Scheffel zu stellen. Diese Strategie beginnt bereits in der Vorbereitung: Eigene Fähigkeiten als Redner werden bewusst klein geredet, dagegen erscheint der Gegner wie ein rhetorischer Gigant. So bezeichnete Bushs Wahlkampfmanager Matthew Dowd den Herausforderer Kerry als "größten Debattierer seit Cicero". Die Wirkung ist so einfach wie genial: Das Publikum steckt überhöhte Erwartungen in den Gegner, die dieser unmöglich erfüllen kann. Umgekehrt verzeiht es dem scheinbar unbegabten Redner (vorausgesetzt, er wirkt sympathisch!) manche Schwäche - und rechnet es ihm hoch an, dass er sich der Herausforderung einer Debatte überhaupt stellt. Dennoch gelang es Kerry, Bush zu überraschen: Er versuchte nicht, den Cicero zu mimen, sprach in kurzen, knappen Sätzen und argumentierte nachvollziehbar. Am Ende war Kerry der Sieger - nicht nach k.o., aber nach Punkten.
Nach Korrespondentenberichten des WDR und der Süddeutschen Zeitung