Stichprobeninventur: Definition, Ablauf und Voraussetzungen

Mit der Stichprobeninventur steht bestimmten Unternehmen ein vereinfachtes Verfahren für die Inventur zur Verfügung, das im Handelsgesetzbuch geregelt wird. Welche Voraussetzungen für die Stichprobeninventur erfüllt werden müssen und wie diese verkürzte Form der Vollinventur abläuft, erfahren Sie hier.
Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Stichprobeninventur?

Bei einer Stichprobeninventur handelt es sich um ein vereinfachtes Verfahren zur Durchführung einer Inventur. Das Verfahren ist steuerrechtlich und handelsrechtlich zulässig. Es wird in § 241 des Handelsgesetzbuchs definiert.

Mit der Inventur sollen Vermögensgegenstände erfasst werden. Dabei werden deren Art, die Menge und deren Wert mithilfe von Mathematik, Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung auf der Basis von Stichproben ermittelt. 

Eine Stichprobeninventur entspricht dann einer ordnungsgemäßen Inventur, wenn dabei der Grundsatz der Vollständigkeit eingehalten wird und die Ergebnisse den gleichen Wert wie die Ergebnisse einer Vollinventur haben. Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen sein Lagerbuch ordnungsgemäß führt und somit die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchhaltung einhält. Demnach müssen die aufgenommenen Werte richtig und vollständig sein.

Der große Vorteil der Stichprobeninventur besteht in der Zeitersparnis gegenüber der Vollinventur, bei der alle Vermögensgegenstände einzeln gezählt werden. Meist wird die Stichprobeninventur mit einer vollwertigen Inventur kombiniert. Während die hochwertigen Vermögensgegenstände des Unternehmens manuell gezählt werden, erfolgt bei den restlichen Gegenständen eine Stichprobeninventur, bei der der Waren- bzw. Lagerbestand hochgerechnet wird.

Was sind die Voraussetzungen für die Stichprobeninventur?

Damit eine Stichprobeninventur durchgeführt werden darf, muss Folgendes gegeben sein:

  • Es werden die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) eingehalten.
  • Es werden anerkannte mathematisch-statistische Verfahren zur Hochrechnung des Bestands angewendet.
  • Die Stichprobeninventur hat dieselbe Aussagekraft wie eine Vollinventur, bei der unter anderem von Hand gezählt, gemessen oder gewogen wird.

Wann ist eine Stichprobeninventur verboten?

Eine Stichprobeninventur darf nicht bei leicht verderblichen Waren sowie bei Erzeugnissen durchgeführt werden, die einen unkontrollierbaren Schwund aufweisen, z.B. durch Abnutzung oder Verdunsten. Ebenso darf keine Stichprobeninventur bei besonders wertvollen Vermögensgegenständen erfolgen, wie z.B. Maschinen oder Fahrzeugen.

Für welche Unternehmen eignet sich die Stichprobeninventur?

Grundsätzlich eignet sich die Stichprobeninventur für alle Unternehmen, deren Produkte auf diese Weise inventarisiert werden dürfen, und deren Lagerbestand per EDV erfasst wird sowie den GoB entspricht.

Dazu zählen z.B. Industriebetriebe, Handelsunternehmen ebenso wie Versorgungsunternehmen oder Firmen aus der Logistikbranche. Aber auch Einzelhändler können ihre Inventur auf der Basis von Stichproben durchführen. Weniger geeignet ist die Stichprobeninventur für die Lebensmittelbranche, wenn ein Händler überwiegend verderbliche Ware verkauft. Auch ein Bäckereibetrieb kann in der Regel nicht auf das Stichprobenverfahren zurückgreifen. Ebenso könnte auch ein Autohaus oder ein Juwelier keine Stichprobeninventur durchführen, weil die Vermögenswerte zu groß für eine Hochrechnung des Lagerbestands sind.

Mit welchen Verfahren wird eine Stichprobeninventur durchgeführt?

Die Stichprobeninventur kann mithilfe unterschiedlicher Verfahren erfolgen. Ein bewährtes Werkzeug ist z.B. die geschichtete Mittelwertschätzung. Dabei wird u.a. die Qualität der Lagerbuchführung berücksichtigt. Sie kann Aufschluss über mögliche prozentuale Abweichungen der Stichproben geben.

Ein weiteres Verfahren ist der homograde Sequentialtest. Damit lässt sich ebenfalls ermitteln, wie „gut“ oder „schlecht“ die Lagerführung ist.

Beide Verfahren legen Toleranzbereiche fest, innerhalb derer die Qualitätskennzahlen für die Lagerführung liegen dürfen. Zum Beispiel muss die Schätzung so genau sein, dass mögliche Stichprobenfehler unter einem Prozent liegen.

Die Stichprobeninventur auslagern

Auch wenn die Stichprobeninventur Unternehmen dabei hilft, Arbeitsaufwand zu sparen, ist auch diese Form der Inventur mit großem Aufwand verbunden. Deshalb lagern viele Firmen die Stichprobeninventur aus. Sie kann dann von einem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater übernommen werden. Es gibt auch auf Inventuren spezialisierte Dienstleister, an die sich die Stichprobeninventur outsourcen lässt.

Was sind die Vor- und Nachteile der Stichprobeninventur?

Vorteile:

  • Zeitersparnis bei der jährlichen Inventur
  • Geringe Bindung von personellen Ressourcen
  • Kürzere oder überhaupt keine Betriebsunterbrechungen

Nachteile:

  • nicht für alle Vermögensgegenstände geeignet
  • mathematisch-statistische Verfahren erfordern umfassendes Know-how
  • die Lagerbuchhaltung muss für die Stichprobeninventur ausgelegt sein

Fazit: Stichprobeninventur spart Zeit, ist aber an bestimmte Voraussetzungen gebunden

Die Stichprobeninventur ist für Unternehmen, die sehr viele kleinteilige Produkte herstellen oder besitzen, eine gute Möglichkeit, um Zeit und Ressourcen bei der Inventur einzusparen. Allerdings muss die Lagerbuchführung immer auch dafür ausgerichtet sein.