Speisepläne für Betriebsküchen gesund und wirtschaftlich gestalten

Der Apfelkorb ist zum Symbol für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen geworden. Doch oft bleibt es leider bei der symbolischen Wirkung, denn Currywurst/Pommes rangieren auf der Ernährungs-Wunschliste vieler Mitarbeiter immer noch ganz oben. Als Gesundheitsverantwortliche stehen Sie so vor einer echten Herausforderung: Sie sollten Mitarbeiter zu gesunder Ernährung „verleiten“, ohne dass Sie Vorschriften machen. Damit das gelingt, sollten Sie mehrere Faktoren beachten.
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Es gibt Unternehmen, in denen sich die Mitarbeiter morgens schon mit „Mahlzeit!“ begrüßen. Das ist kein Wunder: Viele Beschäftigte nutzen die Verpflegungsangebote am Arbeitsplatz – von der Kaffeemaschine über den Snackautomaten bis hin zum warmen Mittagessen in der Kantine.

Untersuchungen kommen zu unterschiedlichen Zahlen, aber das Ergebnis einer Forsa-Studie dürfte die Situation im Durchschnitt ganz gut widerspiegeln: 24 Prozent essen mittags in der Kantine, 25 Prozent machen sich in der Gemeinschaftsküche mitgebrachte Speisen warm und 20 Prozent essen außerhalb des Betriebs im Restaurant oder versorgen sich unterwegs am Kiosk oder beim Bäcker mit kleinen Snacks oder ganzen Mahlzeiten. 21 Prozent essen auch öfters mittags zuhause.

Da liegt es nahe, dass Sie das betriebsinterne Nahrungsmittel- und Getränkeangebot in die Gesundheitsstrategie einbeziehen. Gute Argumente haben Sie dabei auf Ihrer Seite: Wir wissen heute sehr genau, wie sich die Ernährung auf unseren Organismus und unsere Psyche auswirkt.

Kurz- und langfristige Auswirkungen auf Leistungsfähigkeit und Gesundheit

Wer körperlich arbeitet, braucht „Treibstoff“ für die Muskeln, und auch wer am Schreibtisch sitzt, verbraucht Energie: Etwa 15 Prozent unseres Tagesverbrauchs wird durch das Gehirn vereinnahmt.

Damit wir konzentriert und leistungsfähig arbeiten können, brauchen wir daher eine ausgewogene Ernährung. Sowohl ein Zuviel als auch ein Zuwenig können schädlich sein.

Fehlernährung und unregelmäßige Mahlzeiten wirken sich unmittelbar auf die Leistungsfähigkeit aus, z. B. durch

  • minimale Erholung in den Pausen
  • Konzentrationsmangel
  • schlechte Laune
  • l Leistungsabfall
  • Müdigkeit, „Mittagstief“
  • Heißhunger, Gewichtsprobleme

Diese Kriterien helfen, die Qualität Ihrer Kantine zu bewerten

Obwohl das Interesse an Ernährungsfragen zunehmend wächst, bekommen Kantinen in Umfragen oft schlechte Bewertungen. Ob Sie mit Ihrem Angebot schon über dem Durchschnitt liegen, sehen Sie an der täglichen Nachfrage.
Und Sie können die Zufriedenheit mit einer Mitarbeiterbefragung ermitteln. Sinnvoll ist es aber auch, das gesamte Angebot anhand von Qualitätsstandards zu überprüfen.

Nutzen Sie dazu die Kriterien des Projekts „Job&Fit“. Hier hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Zusammenarbeit mit Experten aus Wissenschaft und Praxis einen bundesweiten Standard für die Betriebsverpflegung erarbeitet.
Worauf es dabei ankommt, zeigen die Auflistungen im Kasten links. Den kompletten Fragebogen finden Sie auch unter dem Kurzlink: t1p.de/kantinen-standards

Die Mischung im Angebot macht es: Viel frisches Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, mageres Fleisch, Fisch und hochwertige Öle sind wichtig. In welchem Verhältnis sie im Speiseplan auftauchen sollten, zeigt der Kasten links.

Empfehlung: Wenn Sie nach einer internen Prüfung feststellen, dass Sie mit Ihrem Angebot schon auf einem guten Weg sind, sollten Sie über eine Zertifizierung durch die DGE nachdenken. Mit dem Logo „Job&Fit“ zeigen Sie das Engagement für Ihre Mitarbeiter auch nach außen.

Die Zertifizierung ist für jedes Unternehmen mit einer eigenen Küche geeignet, „egal, ob es sich um einen großen oder kleinen Betrieb der Gemeinschaftsverpflegung handelt“, darauf weist Prof. Ulrike Arens-Azevêdo, Präsidentin der DGE ausdrücklich hin.
Im März 2017 wurde das Logo an neun Einrichtungen verliehen, u. a. an die Santander Consumer Bank. Josef Dengler, Küchenchef bei Santander, betont, dass er dazu kein Diät- Programm entwickeln musste, sondern der Fokus auf einer bewussten und ausgewogenen Ernährung liegt.

Diese Ernährungstrends sollten Sie bei betrieblichen Angeboten beachten

Angebote der Kantine werden angenommen, wenn sie den Wünschen der Mitarbeiter entsprechen. Dabei hilft ein Blick auf die allgemeinen Essgewohnheiten. Denn wenn Sie bei Vertrautem anknüpfen und aktuelle Trends maßvoll aufgreifen, werden Beschäftigte die Angebote der Kantine auch annehmen. Im Folgenden sehen Sie die aktuellen Verbrauchstrends, die bei der Planung der Speisen berücksichtigt werden sollten.

Übersicht: So planen Sie gesunde Angebote

Kriterien für die Planung des Angebots

  • Menüzyklus des Mittagessens beträgt mindestens 4 Wochen 
  • Täglich ein ovo-lacto-vegetarisches Gericht im Angebot
  • Saisonales Angebot wird bevorzugt
  • Kulturspezifische und regionale Essgewohnheiten sowie religiöse Aspekte sind berücksichtigt
  • Getreide, Getreideprodukte und Kartoffeln werden abwechslungsreich angeboten
  • Wünsche und Anregungen der Tischgäste sind berücksichtigt

Kommunikation des Speiseplans

  • Aktueller Speisenplan ist vorab allen regelmäßig zugänglich
  • Beim Angebot mehrerer Menülinien sind diese übersichtlich dargestellt
  • Nicht übliche und nicht eindeutige Bezeichnungen sind erklärt
  • Bei Fleisch und Wurstwaren ist die Tierart benannt
  • Verwendung von Alkohol ist deklariert

Kriterien für die Zusammenstellung eines gesunden Mittagsangebots

  • Getreide, Getreideprodukte und Kartoffeln: 5 x Getreide, Getreideprodukte oder Kartoffeln, davon: mind. 1 x Vollkornprodukte, max. 1 x Kartoffelerzeugnisse, Reis: Parboiled Reis oder Naturreis
  • Gemüse und Salat: 5 x Gemüse (frisch oder tiefgekühlt), Hülsenfrüchte oder Salat, davon: mind. 2 x Rohkost oder Salat
  • Obst: mind. 2 x Obst frisch oder tiefgekühlt ohne Zuckerzusatz
  • Milch und Milchprodukte: Mind. 2 x Milch oder Milchprodukte basierend auf folgenden Qualitäten: Milch: 1,5 % Fett – Naturjoghurt: 1,5 % bis 1,8 % Fett – Käse: max. Vollfettstufe (≤ 50 % Fett i. Tr.) – Speisequark: max. 20 % Fett i. Tr.
  • Fleisch, Wurst, Fisch, Ei: max. 2 x Fleisch/Wurst, davon: mind. 1 x mageres Muskelfleisch, mind. 1 x Seefisch (aus nicht überfischten Beständen), davon: mind. 1 x fettreicher Seefisch innerhalb von 2 Wochen
  • Fette und Öle: Rapsöl ist Standardöl
  • Getränke: 5 x Trink- oder Mineralwasser

Weniger Nachfrage nach Obst, aber mehr Gemüse auf dem Teller

Um durchschnittlich 1,2 kg Frischobst sank der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch. Besonders Äpfel, Birnen, Pfirsiche und Tafeltrauben sowie Apfelsinen werden weniger gern genommen. Zuwächse gibt es allerdings beim Beerenobst. Statt auf das klassische Apfelmus oder die Apfelsine zum Selbstschälen zu setzen, werden Sie also mit einem Himbeerjoghurt mehr Erfolg haben.
Die Zeiten, in denen die Deutschen „Krauts“ genannt wurden, dürften bald der Vergangenheit angehören. Denn der Verbrauch von Kohl sinkt. Allgemein wächst der Gemüseverbrauch – und immer noch weit oben auf der Beliebtheitsskala sind Tomaten, Möhren und Zwiebeln. Seit einiger Zeit neu entdeckt: Rote Rüben, die man nicht nur sauer einlegen, sondern auch in Suppen und Salaten abwechslungsreich zubereiten kann.

Beispiele aus der Praxis zeigen, dass es dabei auch für größere Küchen möglich ist, mit regionalen Versorgern zusammenzuarbeiten. Dabei müssen Sie sicher etwas Zeit einplanen, um Anbieter zu finden, die eine zuverlässige Versorgung gewährleisten können. Wenn Sie den gefunden haben, sollte das unbedingt kommuniziert werden, beispielsweise mit einem „Wochenmarkt-Angebot“ o. Ä.

Empfehlung: Regionale und saisonale Küche werden immer beliebter. Nutzen Sie diesen Trend für Aktionswochen. Also weg vom Weißkohleintopf, hin zum Steckrübenmus, Kürbissuppe oder Mairübchen.

Positiver Nebeneffekt: Wer Gemeinschaftsverpflegung anbietet, muss Zusatzstoffe kenntlich machen, und zwar dauerhaft gut sichtbar und leicht lesbar. Das geschieht in der Regel im Kleingedruckten auf Speisekarten oder Aushängen. Je regionaler Sie kochen, umso kürzer wird diese Liste – darauf sollten Sie Ihre Mitarbeiter auch hinweisen.

Tipp: Um die Umstellung für die Mitarbeiter in der Küche zu erleichtern, sollten neue Schwerpunkte zunächst tageweise gesetzt werden. Das erleichtert es, evtl. neue Zubereitungsprozesse in die vorhandenen Abläufe zu integrieren.

Mehl, Nudeln, Reis: Verbrauch von Getreideerzeugnissen steigt

Der Verbrauch von Hartweizen, Teigwaren und Reis ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Das liegt u. a. daran, dass sich herumgesprochen hat, wie präventiv sie wirken können: Eine hohe Zufuhr senkt großer Wahrscheinlichkeit das Risiko für Diabetes mellitus und Dickdarmkrebs. Reis wird gerade in asiatischen Gerichten gern genommen – mit hellem Fleisch oder ganz vegetarisch.

Zu viel Fleisch, weniger Fisch

Auch wenn die Zahl der Menschen wächst, die nur gelegentlich Fleisch essen (Flexitarier): Mit 60 kg pro Kopf ist der Jahresverbrauch in Deutschland seit einiger Zeit weitgehend stabil. Doch nach Einschätzung der DGE ist das immer noch zu viel, zumal der Fischanteil zurückgegangen ist.

Wenn Sie Ihre Mitarbeiter nicht verärgern wollen, sollten Sie im Speiseplan auf Fleisch nicht völlig verzichten. Das ist auch nicht notwendig, denn Fleisch versorgt uns auch mit hochwertigem Protein, den Spurenelementen Eisen, Zink und Selen sowie den Vitaminen A, B1 und B12. Achten Sie jedoch besonders bei Fleischgerichten auf die Zubereitungsform: Fettreiche Saucen oder Panaden sorgen für eine erhöhte Fettzufuhr. Auch die Zufuhr von gesättigten Fettsäuren, Cholesterol und Purinen sowie Speisesalz steigt bei einem hohen Verzehr von Fleisch- und Wurstwaren.

Tipp: Einen großen Einbruch beim Fischverbrauch gab es 2010. Das war ein Resultat der Reaktorkatastrophe von Fukushima. Die Furcht vor strahlenbelastetem Fisch beschäftigt heute noch viele Menschen. Hilfreich ist es hier daher, wenn Sie bei Fischgerichten die Herkunft deutlich angeben.

Der Kantinen-Schnelltest: Verschaffen Sie sich einen Überblick mit 7 Fragen

Wenn Sie überprüfen wollen, ob Sie die wichtigsten Regeln für gesunde Ernährung in Ihrer Kantine bereits umsetzen, können Sie diesen Schnelltest der DGE nutzen. Alle Fragen sollten mit Ja beantwortet werden.

  • Stehen mehrere Gerichte/Menüs bzw. Speisekomponenten zur Auswahl?
  • Werden auch fleischlose Gerichte und Fisch angeboten?
  • Wird zwischen Kartoffeln, Reis und Nudeln abgewechselt?
  • Werden täglich Gemüse, frischer Salat und Obst angeboten?
  • Bietet die Kantine auch Milch und Milchprodukte an?
  • Sind Kräuter und Jodsalz im Essen vorhanden?
  • Sind Nährwertangaben und die verwendeten Zusatzstoffe abrufbar?

Tipp: Achten Sie darauf, in alle eventuellen Änderungsdiskussionen die Mitarbeiter der Küche von Anfang an einzubeziehen. Die Verarbeitung frischer Produkte oder das Umsetzen neuer Rezepte wird für sie in der Regel einen Mehraufwand darstellen.

Weniger Streich- und pflanzliche Fette

Energiereiche Streichfette wie Butter und pflanzliche Fette verwenden die Deutschen sparsamer. Die Zeit der dicken Soßen ist vorbei. Das sollte sich auch im Kantinen-Angebot widerspiegeln. Da Butter und Öl den Geschmack vieler Speisen abrunden, sollten Sie in Ihrer Küche klären, wie diese Fette sinnvoll eingesetzt werden.

Mit Qualitätsleitlinien arbeiten

Wenn Sie die geeignete Lebensmittel-Zusammensetzung für Ihren Speiseplan gefunden haben, sollten Sie dies auch den Mitarbeitern gegenüber dokumentieren. Hilfreich können dabei „Qualitätsleitlinien“ sein. Wie die aussehen können, zeigt das Beispiel des Studentenwerks (t1p.de/bgm-speiseplan).

Wichtig dabei sind Kriterien wiel

  • nachhaltiger Einkauf von Lebensmitteln
  • zunehmend Fisch und Fleisch aus bestandsschonendem Fang bzw. artgerechter Haltung verwenden
  • nach Möglichkeit auf regionale, Bio- oder Fair-Trade-Produkte zurückgreifen
  • Sicherheit und Nachverfolgbarkeit der Lebensmittel
  • Speisenplanung an Gästewünschen orientert
  • Wert auf Frische, Qualität, Auswahl, Ernährungsphysiologie und Nährwertoptimierung legen
  • auf deklarationspflichtige Zusatzstoffe möglichst verzichten, keine gentechnisch veränderten Lebensmittel

Auch Getränke und Snacks berücksichtigen

Wasser ist der beste Durstlöscher. Hier können Sie den Verbrauch ankurbeln, indem z. B. Sprudler aufgestellt werden. Beim Verbrauch von Kaffee und Tee gab es in letzter Zeit wieder einen Zuwachs: Das hat sicher mit To-go-Angeboten zu tun. Was schick ist, muss jedoch nicht gesund sein. Das zeigt ein kurzer Blick auf den Kaloriengehalt von Cappuccino usw.
In den letzten Jahren ist auch das Angebot an Kräuter- und Früchtetees wesentlich variantenreicher geworden. Damit verschwindet das Jugendherbergs-Stigma langsam und Sie können auch solche gesunden Tees gezielt in Aktionswochen nutzen, z. B. mit einem „Schietwetter-Tee“ für den Herbst.

Empfehlung: Beziehen Sie auch die Betreiber von Snack-Automaten in Ihre Planungen ein. Auch hier sind Aktionswochen mit gesunden, zumindest gesünderen, Produkten denkbar. Die müssen gut geplant und beworben werden. Eventuell können Sie eine „Woche der gesunden Ernährung“ o. Ä. als Kampagne organisieren.

Worauf Sie sonst noch achten sollten

Beziehen Sie Küchenmitarbeiter, aber auch die Beschäftigten in die Planung von Angeboten ein. Sicher nicht für die Speisekarte jeder Woche, aber auf jeden Fall dann, wenn Sie Angebote dauerhaft gesünder gestalten wollen.
Denken Sie aber auch unbedingt an organisatorische Fragen, wie etwa: Wie lange muss ich an der Kasse warten? Denn wichtig für ein gesundes Essen ist auch die soziale Komponente: Sorgfältig angerichtetes und in freundlicher Umgebung präsentiertes Essen ist stets auch ein Zeichen von Wertschätzung. Nutzen Sie dieses Potenzial.