Flache Hierarchien im Betrieb: Bedeutung, Vor- und Nachteile
Die Veränderung der Arbeitswelt bringt es mit sich, dass sich auch die Organisation in Unternehmen von Grund auf verändert. Der Trend geht dabei in Richtung von flachen Hierarchien, bei denen die Mitarbeiter nicht nur als Befehlsempfänger agieren. Horizontale Ebenen anstatt ein striktes Untereinander ist dabei die Devise.
Was sind flache Hierarchien?
Als Hierarchie bezeichnet man übergreifend jedes Ordnungssystem in organisatorischen Einheiten. Sie finden sich nicht nur in Unternehmen, sondern ebenso in anderen Gefügen. So weisen zum Beispiel auch Familien eine Hierarchie auf – hier stehen in der Regel die Eltern an der Spitze des Ordnungssystems.
Je mehr Ebenen die Hierarchie aufweist, desto komplexer wird das Gesamtgefüge.
Wichtig zu wissen: Der Begriff Hierarchie ist oft negativ belegt. Dabei sind Hierarchien immer nötig, da sie primär die Aufgabe der Koordination in einem Gebilde übernehmen. Im Unternehmen benötigen Sie auch als Selbstständiger eine Form der Hierarchie, um die anfallenden Aufgaben effizient umsetzen zu können.
Flache Hierarchien sind durch eine überschaubare Anzahl an organisatorischen Ebenen gekennzeichnet. Damit einhergehend ist auch das Fehlen von zu vielen übergeordneten Befehlsgebern: Diese reduzieren sich automatisch mit jeder Ebene, die bei der Hierarchiebildung wegfällt.
Im Englischen bezeichnet man flache Hierarchien auch als flat organizations oder horizontal organizations. Damit bringt man zum Ausdruck, dass die Befehlskette nicht von oben nach unten verläuft, sondern sich vielmehr auf einer Ebene bewegt.
Elementar für flache Hierarchien ist die Tatsache, dass bei Entscheidungen nicht nur einige wenige Mitglieder aus dem Team ein Mitspracherecht haben – sondern die gesamte Belegschaft. Das betrifft natürlich gerade in großen Unternehmen nicht jede einzelne Entscheidung: Dennoch ist man bei flachen Hierarchien darum bemüht, allen Mitarbeitern ein Mitspracherecht einzuräumen.
Was sind die Vorteile von flachen Hierarchien?
Im Unternehmen bieten flache Hierarchien zahlreiche Vorteile. Wir stellen die wichtigsten Vorteile für Ihr Unternehmen vor.
- Mehr Eigenverantwortung: Wer in die Entscheidungsfindung eingebunden ist, der übernimmt automatisch auch mehr Verantwortung. Dies kann in einem kleinen Rahmen gegeben sein, aber auch bei großen und wichtigen Fragen. Eine flache Hierarchie sorgt dafür, dass die Verantwortung nicht mehr auf den direkten Vorgesetzten abgewälzt wird. Das stärkt die Motivation und bewirkt in der Praxis bessere und durchdachtere Entscheidungen.
- Mehr Motivation: Nicht nur ausführen, sondern mitbestimmen – wohl kaum ein anderes Element sorgt bei Arbeitnehmern für mehr Motivation. Das Wissen, als Teil des Unternehmens auch ein Mitspracherecht zu besitzen, ist daher äußerst förderlich für die Motivation Ihrer Mitarbeiter.
- Besseres Arbeitsklima: Über- und Unterordnung ist dem Gemeinschaftsgefühl innerhalb des Unternehmens wenig zuträglich. Flache Hierarchien haben genau den gegenteiligen Effekt: Durch das Mitspracherecht fühlen sich alle gleichermaßen eingebunden. Konkurrenzdenken hat damit keinen Platz mehr in der Unternehmenskultur und das Arbeitsklima verbessert sich spürbar.
- Weniger Kosten: Je mehr Leitungsebenen, desto höher sind die Personalkosten. Verantwortung verlangt nämlich eine entsprechende Bezahlung: Bei vielen Leitern auf unterschiedlichen Hierarchieebenen sind daher die Kosten ungemein viel größer als durch flache Hierarchien.
- Kurze Entscheidungswege: Keine Anträge mehr, die von allen vorgesetzten Leitern abgesegnet werden müssen. Flache Hierarchien sorgen dafür, dass Entscheidungsfindungen deutlich verkürzt werden.
Was sind die Nachteile von flachen Hierarchien?
Nicht immer bietet sich eine flache Hierarchie an. Die Entscheidung für oder gegen eine flache Hierarchie hängt insbesondere auch von der Art des Unternehmens ab sowie von der Struktur der Mitarbeiter.
Besonders in den letzten Jahren und mit dem Aufkommen der Start-Up-Unternehmenskultur haben sich flache Hierarchien in großer Mehrzahl etabliert. Diese zeichnen sich nicht nur durch ihre innovativen Ideen aus, sondern auch sehr häufig durch ihre ungewohnten Organisationsstrukturen. Flache Hierarchien sind hier an der Tagesordnung – und die Unternehmen setzen verstärkt auf Gruppendynamik und Team- bzw. Projektarbeit.
Dennoch ist der Verzicht auf Hierarchieebenen nicht immer zum Vorteil für Ihr Unternehmen.
Nachteile können sich aus ganz unterschiedlichen Gründen ergeben:
- Mehr Arbeitsaufwand für das Top-Management: Viele Hierarchieebenen bedeuten auch eine Delegierung von Aufgaben, die nicht zwingend durch die obere Leitungsebene erledigt werden müssen. Wenn Sie sich für eine flache Hierarchie entscheiden, müssen Sie daher mit einem Mehraufwand rechnen. Nicht immer ist das im Interesse von Geschäftsführern und Vorstand.
- Weniger Aufstiegschancen: Durch den Wegfall von Hierarchieebenen reduziert sich auch das Angebot an Beförderungen oder innerbetrieblichen Aufstiegschancen. Manche Mitarbeiter empfinden das als störend und werden so in ihrer Motivation gehemmt. Dies gilt ganz besonders dann, wenn Gehaltserhöhungen nur über Beförderungen möglich sind.
- Intensive Teamwork erforderlich: Alle entscheiden gemeinsam – das klappt nur, wenn auch alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Eine flache Hierarchie verlangt entsprechende Zusammenarbeit. Nur diese gewährleistet, dass Entscheidungen auch tatsächlich zum Wohl des Unternehmens getroffen werden.
Welche Alternative bietet sich zur flachen Hierarchie?
Traditionell arbeiten Unternehmen nach einer dreiteiligen Organisationsstruktur im Management:
- Obere Leitungsebene: Besteht aus dem Geschäftsführer bzw. dem Vorstand. Sie repräsentiert das Unternehmen nach Außen und ist in die langfristige Planung eingebunden.
- Mittlere Leitungsebene: Besteht aus Abteilungs- und Sachgebietsleitern. Sie übernimmt die Planung und das Controlling und steuert den Einsatz von Mitarbeitern. Hier werden auch die Entscheidungen für die obere Leitungsebene vorbereitet.
- Untere Leitungsebene: Besteht aus Gruppenleitern und Werkmeistern oder Fachwirten. Sie übernimmt die Vorgaben aus der mittleren Leitungsebene und entscheidet, welche Aufgaben an wen verteilt werden. Mitarbeiter der unteren Leitungsebene arbeiten ebenfalls im operativen Geschäft mit und sind dadurch in den Arbeitsalltag „vor Ort“ eingebunden.
Eignen sich flache Hierarchien für jedes Unternehmen?
Auch, wenn eine flache Hierarchie im Trend liegt und sich viele Unternehmer eine verschlankte Organisationsstruktur wünschen. Das Modell eignet sich nicht für jedes Unternehmen. Studien zeigen, dass flache Hierarchien gerade dort gut funktionieren, wo auch ein Betriebsrat für positive Einflüsse sorgt. Die Mitbestimmung stärkt dann noch weiter das Vertrauen zwischen Führungsebene und Belegschaft und reduziert den Kontrollbedarf. Beides geht somit Hand in Hand. Als Unternehmer sollten Sie daher weniger an einer flachen Hierarchie festhalten als an einer durch Vertrauen und Teamgeist geprägten Unternehmenskultur.
Ihr Unternehmen profitiert immer dann durch flache Hierarchien, wenn langwierige Entscheidungsprozesse die Entwicklung behindern. Gerade dann schafft eine flache Hierarchie Abhilfe. Sie ersetzt dann den langen Weg, bis Sie als Chef final eine Entscheidung treffen.
Wichtig zu wissen: Wenn Sie sich für eine flache Hierarchie in Ihrem Unternehmen entscheiden, dann erfordert dies oft auch ein Umdenken in anderen Bereichen. Überarbeiten Sie Kommunikations- und Informationssysteme in Ihrem Unternehmen, die zu einer reduzierten Hierarchie passen. Für eine flache Hierarchie müssen Sie aber auch die Kontrolle abgeben: Dies ist notwendig, damit Sie die Entscheidungswege verkürzen. Wer ungerne die Zügel aus der Hand gibt, wird mit einer flachen Hierarchie nur schwer glücklich.