Rechtliche Grundlagen zur Stichprobeninventur

Bald steht in vielen Betrieben wieder die Inventur an. Und kaum ein Kollege liebt diese gesetzlich vorgeschriebene Warenbestandsaufnahme - geht sie doch mit erheblichen Behinderungen des normalen Betriebs einher und bindet teures Personal. Doch es muss nicht immer die aufwändige Vollinventur sein. Wenn Sie nämlich einige Regeln einhalten, erlaubt Ihnen der Gesetzgeber auch die so genannte Stichprobeninventur.

ach § 238 des Handelsgesetzbuchs (HGB) ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte sowie die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. In dieser Buchhaltung muss dabei das gesamte Inventar des Unternehmens mit seinem derzeitigen Wert erfasst sein. Diese Maßnahme dient dann als Grundlage der Unternehmensbilanz. Genaueres hierzu liefert § 240 HGB:

§ 240 HGB:

Inventar

(1) Jeder Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baren Geldes sowie seine sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben.

(2) Er hat demnächst für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs ein solches Inventar aufzustellen. Die Dauer des Geschäftsjahres darf 12 Monate nicht überschreiten. Die Aufstellung des Inventars ist innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu bewirken.

Festbewertung

(3) Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können, wenn sie regelmäßig ersetzt werden und ihr Gesamtwert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, mit einer gleich bleibenden Menge und einem gleich bleibenden Wert angesetzt werden, sofern ihr Bestand in seiner Größe, seinem Wert und seiner Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Jedoch ist in der Regel alle 3 Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen.

Gruppenbewertung

(4) Gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden können jeweils zu einer Gruppe zusammengefasst und mit Durchschnittswert angesetzt werden.

Es muss nicht immer die Vollinventur sein

Ursprünglich sah der Gesetzgeber für diese Inventarisierung immer eine Vollinventur vor, bei der beispielsweise alle Waren zu einem Stichtag gezählt werden mussten und so ihr genauer Wert festgestellt werden konnte. Doch diese Art der Inventarisierung bringt eine ganze Reihe von Behinderungen des täglichen Betriebs mit sich und kostet auch Zeit und Geld.

Diesen Aufwand wollte Siemens in den 1970er Jahren reduzieren und führte damals als erstes Unternehmen die so genannte Stichprobeninventur ein. In der Folge gab es aber seitens der deutschen Finanzbehörden erhebliche Bedenken zu dieser Art Inventur, sodass es bis 1977 dauerte, bis diese Inventurart Niederschlag in den gesetzlichen Vorschriften fand. Diese fanden unter anderem in § 241 HGB ihren Platz:

§ 241 HGB:

Inventurvereinfachungsverfahren

(1) Bei der Aufstellung des Inventars darf der Bestand der Vermögensgegenstände nach Art, Menge und Wert auch mithilfe anerkannter mathematisch statistischer Methoden aufgrund von Stichproben ermittelt werden. Das Verfahren muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechen. Der Aussagewert des auf diese Weise aufgestellten Inventars muss dem Aussagewert eines aufgrund einer körperlichen Bestandsaufnahme aufgestellten Inventars gleichkommen.

(2) Bei der Aufstellung des Inventars für den Schluss eines Geschäftsjahrs bedarf es einer körperlichen Bestandsaufnahme der Vermögensgegenstände für diesen Zeitpunkt nicht, soweit durch Anwendung eines den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechenden anderen Verfahrens gesichert

ist, dass der Bestand der Vermögensgegenstände nach Art, Menge und Wert auch ohne die körperliche Bestandsaufnahme für diesen Zeitpunkt festgestellt werden kann.

(3) In dem Inventar für den Schluss eines Geschäftsjahrs brauchen Vermögensgegenstände nicht verzeichnet zu werden, wenn

  • der Kaufmann ihren Bestand aufgrund einer körperlichen Bestandsaufnahme oder aufgrund eines nach Absatz 2 zulässigen anderen Verfahrens nach Art, Menge und Wert in einem besonderen Inventar verzeichnet hat, das für einen Tag innerhalb der letzten 3 Monate vor oder der ersten beiden Monate nach dem Schluss des Geschäftsjahrs aufgestellt ist, und
  • aufgrund des besonderen Inventars durch Anwendung eines den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechenden Fortschreibungs- oder Rückrechnungsverfahrens gesichert ist, dass der am Schluss des Geschäftsjahrs vorhandene Bestand der Vermögensgegenstände für diesen Zeitpunkt ordnungsgemäß bewertet werden kann.

Da Gesetze doch immer recht allgemein gehalten sind und damit zu verschiedenen Auslegungen einladen, nahmen sich auch die Wirtschaftsprüfer dieses Themas an und beschlossen im Jahr 1981, die Stichprobeninventur immer dann anzuerkennen, wenn sie eine Genauigkeit des Bestandes von 99 % gewährleistet.