Beschaffungslogistik: Definition, Aufgaben, Ziele und Vorgehensweise

In der Beschaffung liegt der Gewinn eines Unternehmens – das behaupten zumindest Einkäufer gerne. Doch dieses Motto hat gerade in angespannten Zeiten, in denen der Spielraum für Preiserhöhungen kaum vorhanden ist, eine überragende Bedeutung.
Inhaltsverzeichnis

Beschaffungslogistik: Optimierung der Beschaffung und der Logistik

Streng genommen sind Sie als Logistiker maßgeblich am Einkaufsprozess beteiligt. Denn Lagerhaltung kostet Geld, und wie viel eingelagert wird, bestimmen Sie. 

Es gilt also, Lagerbestände so klein wie möglich zu halten, ohne die Lieferfähigkeit zu gefährden. Mit der Kombination mehrerer Analysemethoden bekommen Sie schnell heraus, wie Sie Ihre Lagerbestände optimieren können und so Ihre Beschaffungslogistik zum Ertragsbringer trimmen.

Beschaffungslogistik – Definition

In der Theorie definiert sich die Beschaffungslogistik als Planung, Steuerung, Kontrolle sowie physische Behandlung eines Materialflusses und der dazu gehörenden Informationen.

Sie umfasst dabei den Warenausgang des Lieferanten bis zum Wareneingang beziehungsweise die Bereitstellung der Güter für die eigene Produktion. So weit die reine Wissenschaft.

Ziele bei der Optimierung der Beschaffung

  • Reduktion der Kosten
  • Optimierung der Mengen
  • Sicherstellung der Qualität
  • Minimierung der benötigten Zeit beim Warenfluss

Strategische versus operative Aufgaben der Beschaffungslogistik

Um Ihre Optimierungsziele zu erreichen, sollten Sie Ihre Beschaffungslogistik gedanklich in 2 Bereiche unterteilen:

Operative Aufgaben:

  • Tätigkeiten, die direkt mit der Beschaffung zu tun haben und täglich zu erledigen sind.

Strategische Aufgaben:

  • werden viel seltener erledigt,
  • haben dafür aber auf lange Sicht Auswirkungen auf die Beschaffung.
  • Wenn Sie Ihre Beschaffungslogistik auf Vordermann bringen wollen, sollten Sie ein besonderes Augenmerk auf die strategischen Aufgaben lenken.

Die Theorie liefert uns eine ganze Reihe von Methoden, die wiederum maßgeblich von den Einflussfaktoren innerhalb der Beschaffungslogistik abhängen. Neben Kenntnissen und Fähigkeiten der Mitarbeiter, der technischen Ausstattung und auch der Marktdurchdringung Ihres Unternehmens stellt schon das zu beschaffende Material einen nicht unerheblichen Einflussfaktor dar.

Analysen und Methoden der Teilequalifikation

Die Vielzahl der zu beschaffenden Güter und deren Bedeutung im Produktionsprozess rufen geradezu nach einer Teilequalifikation. Begehen Sie hierbei nicht den Fehler, für jedes Gut eine intensive Analyse zu starten, sondern beschränken Sie sich auf die wichtigsten Teile.

Teilequalifikation nach der klassischen ABC-Analyse

Das meistverwendete und einfachste Verfahren der Teilequalifikation ist die sogenannte ABC-Analyse. Dabei wird der Wertanteil der betreffenden Materialien am Umsatz Ihres Unternehmens klassifiziert.

  • Als A-Teile definieren Sie dabei Teile, die am stärksten zum Umsatz beitragen. Den Wert dieser Teile können Sie aufaddieren, bis etwas 70 % Ihres Gesamtumsatzes erreicht sind.
  • Die B-Teile erreichen mit weiteren 20 % in etwa die 90-%-Marke.
  • Die C-Teile machen die restlichen 10 % des Umsatzes aus.

Achtung! Hierbei ist immer der Gesamtwert einer Warengruppe gemeint! Normschrauben sind also grundsätzlich C- Teile, während komplexe und teure Maschinen oder Komponenten in der Regel in die A-Klasse gehören.

Anschließend müssen Sie für die Teilmengen nur noch die einzelnen Materialien analysieren und optimierte Handlungsanweisungen definieren.

Für die Gruppe der A-Teile könnte das bedeuten:

  • exakte Bedarfsermittlung und Lagerstandsberechnung anstellen
  • gründliche Markt- und Kostenanalyse durchführen
  • genaue Bestellterminierung festlegen
  • kleinere Abrufmengen und kürzere Lagerreichweiten vorsehen
  • genaue Neudefinition der Sicherheitsbestände festlegen  
  • eventuell sogar Just-in-time-Bezug vorsehen

Ob Sie sich dabei bis zur Just-in-time-Beschaffung wagen sollten, hängt von den Bedürfnissen und Gegebenheiten Ihres Umfeldes ab.

Verfahren Sie anschließend ebenso mit den B-Teilen, wobei Sie im Auge behalten sollten, welche Maßnahmen wirklich zu einer Optimierung führen. Probate Maßnahmen sind hier:

  • optimierte Bedarfsermittlung und Lagerstandsberechnung
  • kleine Abrufmengen und kürzere Lagerreichweiten

Bei den C-Teilen haben sich in der Praxis folgende Maßnahmen als sinnvoll erwiesen:

  • größere Sicherheitsbestände und höhere Bestellmengen einführen
  • Bestellabwicklung vereinfachen
  • Bestandsüberwachung vereinfachen
  • automatische Beschaffung mit größeren Reichweiten vorsehen

Achtung! A-Teile sind meist für die Arbeit eines Unternehmens unerlässlich und lassen sich oft nicht schnell beschaffen. Deshalb sollten Sie es hier mit der Optimierung nicht übertreiben – sonst steht im schlimmsten Fall die Produktion still.

Doch mit der ABC-Analyse allein kommen Sie noch nicht zum gewünschten Ziel einer maximalen Optimierung. Denn sie lässt neben dem Wert des Einzelteils auch die Häufigkeit des Bedarfs außer Acht. Hier hilft Ihnen die sogenannte XYZ-Analyse weiter.

Teilequalifikation mit der XYZ-Analyse

Diese Methode unterteilt nach folgenden Kriterien:  

  • X-Teile zeichnen sich durch konstanten Verbrauch und eine damit verbundene hohe Vorhersehbarkeitsgenauigkeit aus.  
  • Y-Teile sind durch schwankenden Verbrauch gekennzeichnet, während 
  • Z-Teile völlig unregelmäßig gebraucht werden und daher kaum vorhersehbar angefordert werden können.

Auch hier können Sie nach der Analyse für die verschiedenen Teilegruppen in kurzer Zeit Handlungsanweisungen erarbeiten:

So ergeben sich für Maschinenersatzteile, die fast immer der Z-Gruppe angehören, je nach Wichtigkeit für Ihr Unternehmen geänderte Sicherheitsbestände.

Bei den Y-Teilen sollten Sie die Bedarfshäufigkeit über einen längeren Zeitraum in der Vergangenheit überprüfen. Wenn Sie dann noch überlegen, ob Sie gerade bei wertvollen Gütern mit einem kleineren Sicherheitspuffer arbeiten können, haben Sie ein weiteres Kapitalbindungs-Gespenst gebannt.

Bei den X-Teilen wissen Sie mit ziemlicher Sicherheit, wie groß der jeweilige Bedarf ist. Hier können Sie beispielsweise gerade bei teuren Einzelteilen die Lageranzahl herunterschrauben und zu einem au- tomatisierten Bestellverfahren wechseln.

Mit diesen Methoden haben Sie schon ein gutes Stück auf dem Optimierungsweg zurückgelegt, doch erst die Kombination mit einem weiteren Verfahren macht die Sache richtig rund.

Die Portfolio-Analyse

Stehen Sie ohne Lagerbestand bei Teilen da, die für Ihre Produktion unbedingt erforderlich sind, ist Ärger programmiert. Davor bewahrt Sie die Portfolio-Analyse, die mit der Betonung wesentlicher Faktoren z. B. nach den Kriterien:

  • unkritische Artikel
  • Hebelprodukte
  • Engpassartikel 
  • strategische Artikel arbeitet.

Die Handlungsanweisungen können Sie dann analog zu den anderen Methoden ableiten:

  • Von den strategisch wichtigen Teilen müssen Sie ständig eine Mindestanzahl zur Verfügung haben.
  • Neben einem vergrößerten Sicherheitspuffer ist es hier eine gute Idee, beständige und langfristige Lieferantenbeziehungen aufzubauen.
  • Auch sollten Sie hier regelmäßig eine eingehende Markt- und Bedarfsanalyse vorsehen.

Gleiches gilt für die Engpassartikel, die aufgrund langer Lieferzeiten schwierig zu beschaffen sind – sei es, dass sie extra angefertigt werden müssen oder am Markt gerade stark nachgefragt werden.

Unkritische Artikel wie beispielsweise DIN-Schrauben zeichnen sich durch ein homogenes Preisgefüge im Markt und schnelle Beschaffung aus. Hier können Sie mit kleinerer Lagerhaltung richtig Geld sparen.

Untersuchen Sie Ihre Marktstrategie 

Mit diesen 3 Methoden können Sie die Teilequalifikation schon recht genau und zielsicher durchführen. Doch berühren diese Methoden in keinster Weise strategische Aspekte Ihrer Beschaffungslogistik.

Die wichtigsten Aspekte sind hier:

  • Lieferantenbewertung
  • Beschaffungs-Marktforschung
  • Beschaffungsformen
  • Lagerplanung
  • Beschaffungsstruktur

Die wichtigsten Elemente der strategischen Beschaffungslogistik

Wenn Sie beispielsweise die Lieferantenbewertung als strategische Beschaffungsaufgabe betrachten, hat diese zum Ziel, die Lieferantenauswahl mit wirklich messbaren Methoden zu erleichtern.

Dabei gehen Sie in der Regel in 4 Schritten vor:

  1. Definieren Sie entscheidungsrelevante Kriterien.
  2. Stellen Sie eine Bewertungsskala auf.
  3. Gewichten Sie die Einzelergebnisse nach Ihren Bedürfnissen.
  4. Fassen Sie die Ergebnisse für die untersuchten Unternehmen zusammen.

Hierbei sollten Sie jedoch strikt zwischen qualitativen und quantitativen Verfahren unterscheiden. Zu den qualitativen Verfahren gehören zum Beispiel die Bilanzanalyse und das Kennzahlenverfahren.

Die Bilanzanalyse liefert ihnen Erkenntnisse über:

  • den Markterfolg
  • die Liquiditätsbeschaffenheit 
  • die Kostenstruktur Ihres Partners

Das Kennzahlenverfahren liefert Einblicke in:

  • die Terminzuverlässigkeit
  • die Mengentreue

Achtung! Verwenden Sie nicht nur quantitative Verfahren! Wenn Sie nämlich ausschließlich nach Mengen gewichten, lassen Sie qualitative Aspekte außen vor. Diese haben aber einen großen Einfluss auf die Leistung einer Materialflusskette. Deshalb sollten Sie den qualitativen Aspekten in der Regel eine größere Bedeutung beimessen.

Tipp: Als Hilfsmittel können Sie hier grafische Verfahren wie das Polarprofil, Scoring-Modelle als numerische Methode, aber auch Checklisten oder Lieferanten-Typologien einsetzen. Analog können Sie in weiteren Schritten bei Bedarf andere Aspekte wie Zukauf bzw. Eigenfertigung oder Lagerplanung einbeziehen.