ATLAS 2013: So vermeiden Sie Strafen nach falschen Deklarierungen

Mit ATLAS sollte die zolltechnische Abwicklung der Ausfuhr von Waren auch für Auftraggeber und Transporteure einfacher werden. Doch in der Praxis zeigt sich schnell, dass das neue elektronische Ausfuhrverfahren auch jede Menge Fallen birgt, die Strafen bis zu 500.000 Euro nach sich ziehen können.
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Dazu kann schon die Eintragung eines falschen Codes im elektronischen Formular führen….

Aber auch wenn ein Versender einen abgelehnten ATLAS-Bescheid zu spät vom Transporteur bekommt, kann das ein teurer Spaß werden. Der „LogistikManager” zeigt Ihnen in diesem Beitrag, wie Sie mit diesen Fällen umgehen können – und so einer Strafe entgehen.

Wie schnell man in eine teure Falle tappen kann, zeigt unser 1. Fall: Hier will die Firma Lieferschnell 2 Güter exportieren. Das eine Gut ist gelistet, demnach erhält das Unternehmen auch postwendend den Genehmigungsbescheid des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Das andere Gut hingegen ist nicht gelistet, und prompt bekam Lieferschnell einen Nullbescheid.

Darauf vergaß der zuständige Mitarbeiter im ATLAS-System die Eintragung des betreffenden Codes für Gut 1 und hinterlegte für Gut 2 auch noch den falschen – ein klarer Verstoß gegen die einschlägigen Vorschriften.

Eigentlich hätte er für das 1. Gut den Code X002DEE im entsprechenden Feld 44 der Meldung eintragen müssen, da ja eine Ausfuhrgenehmigung nach Art. 3 Dual-Use-VO für Waren nach Anhang I DUV des BAFA vorlag. Korrekte Codes werden zur vereinfachten Bearbeitung und Überprüfung durch die zuständige Behörde benötigt – ein fehlender Code dagegen erschwert dies.

Gleiches gilt für die falsche Codierung bei Gut 2: Hier hätte der Mitarbeiter nämlich den Code 3LLD/NB – also Gut ist nicht gelistet und ein Nullbescheid wurde erlassen – angeben müssen. Er hinterlegte stattdessen den Code Y901 (Güter sind nicht in der Durchführungsverordnung Anhang I erfasst).

Bei Falschangaben drohen empfindliche Strafen

Aufgrund der Angabe fehlerhafter Codes bei der Abgabe der elektronischen Ausfuhranmeldung hat also der Mitarbeiter von Lieferschnell eine Ordnungswidrigkeit nach § 70 Abs. 6 des Außenwirtschaftsverkehrs (AWV) begangen.

Denn er hat die Angaben nach § 18 Abs. 2 Satz 4 AWV (Angaben zur Genehmigungscodierung) nicht beziehungsweise falsch angegeben. Und das kann eine maximale Geldbuße bei Vorsatz von 25.000 Euro bedeuten.

Allerdings sehen manche Hauptzollämter darin auch eine Ordnungswidrigkeit nach § 70 Abs. 4 AWV, weil eine Ausfuhranmeldung nicht richtig abgegeben worden sei.

Das wäre noch fataler, weil dann würde bei Vorsatz sogar eine maximale Geldbuße von 500.000 Euro fällig.

„LogistikManager” -Tipp: Will der Zoll Sie in einem solchen Fall nach § 70 Abs. 4 AWV belangen, wehren Sie sich auf alle Fälle dagegen und versuchen Sie, sich auf § 70 Abs. 6 AWV zu berufen.

Aus dessen Wortlaut ergibt sich nämlich, dass dies die speziellere Vorschrift gegenüber der allgemeinen nach § 70 Abs. 4 AWV ist. Und damit handelt es sich nur um einen sogenannten Formalverstoß – also nicht um einen Verstoß gegen eine Hauptpflicht.

Der formale Fehler führt dann nämlich lediglich zu einer maximalen Geldbuße von 25.000 Euro bei Vorsatz beziehungsweise von 12.500 Euro bei Fahrlässigkeit.

Meldefehler: Greifen Sie immer zur Eigenanzeige

Wenn nun Lieferschnell aber die Sache stillschweigend auf sich beruhen ließe, würden die Behörden grundsätzlich von einer Vorsätzlichkeit ausgehen.

Jedes Unternehmen sollte deshalb, wenn ein solcher Fall auftritt, umgehend zum Mittel der freiwilligen Selbstanzeige greifen. Verweisen Sie dabei darauf, dass der Fehler durch Fahrlässigkeit entstanden ist.

Die Chancen für eine Straf losigkeit bei freiwilliger Selbstanzeige sind übrigens inzwischen deutlich gestiegen: Nach Inkrafttreten des novellierten Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) ist ein Meldefehler nämlich grundsätzlich ein fahrlässiger Verstoß gegen § 19 Abs. 3 AWG.

Demnach kann nach § 22 Abs. 4 AWG Straflosigkeit durch eine freiwillige Selbstanzeige erlangt werden, wenn der Verstoß im Wege der firmeninternen Eigenkontrolle aufgedeckt und der zuständigen Zollbehörde freiwillig angezeigt wird.

So reagieren Sie bei einem verspäteten ATLAS-Bescheid

In unserem 2. Beispiel importiert das Unternehmen Auslandskauf über die Spedition Spedit medizinische Güter, die nach Auffassung des Zolls der Marktüberwachungsbehörde vorgelegt werden müssen, um zu prüfen, ob hier alle einschlägigen Verbote und Beschränkungen beachtet werden.

Nachdem die Marktüberwachungsbehörde mitgeteilt hatte, dass die Anforderungen des Medizinproduktgesetzes (MPG) bei einer der Einfuhrsendungen nicht erfüllt sind, wurde daraufhin die Spedition elektronisch über ATLAS informiert, dass die Zollanmeldung nicht angenommen wird.

Dummerweise erhält der Auftraggeber Auslandskauf erst 8 Monate später diesen Bescheid von seiner Spedition. Ein klarer Verstoß gegen die Regelungen!

Und: Firma Auslandskauf muss als Importeur dafür geradestehen, obwohl sie offensichtlich nichts für den ganzen Vorgang der verspäteten Information kann.

Um zu beurteilen, ob Auslandskauf den Kopf doch noch aus der Schlinge ziehen kann, müssen wir tiefer in die Materie des Paragrafendschungels hinabsteigen.

Hier stellen sich ziemlich schwere rechtliche Probleme, die alle mit der Formulierung des § 122 Abs. 2a AO zusammenhängen.

Der besagt nämlich sinngemäß, dass ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt am 3. Tag nach der Absendung als bekannt gegeben gilt, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

Sofern also die Zollbehörde belegen kann, dass dieser elektronische Bescheid an Spedit herausging, hat sie ihrer Nachweispf licht Genüge getan.

Die rechtsstaatlichen Transparenzprobleme beruhen nun in der Praxis darauf, dass einige Speditionen, die vom Hauptzollamt elektronisch eine PDF-Datei zugeschickt bekommen, gar nicht wissen, dass es sich hier um rechtsmittelfähige Bescheide handelt. Sie nehmen diese deshalb häufig nicht zur Kenntnis und leiten sie somit auch nicht an die Exporteure weiter.

Verstärkt werden die rechtsstaatlichen Bedenken dadurch, dass der Text dieser elektronischen Bescheide meist keine explizite Rechtsmittelbelehrung enthält. So teilte die Zollbehörde in einem realen Fall hierzu Folgendes mit: „Die Rechtsbehelfsbelehrung wurde nicht mit der CUSTAX-Nachricht verknüpft, sondern sie erfolgte mit der Übersendung des Rechtsbehelfs GIS#974.

Dieses Kennzeichen ist nach Auskunft des ZIVIT durch die Software des Teilnehmers aus der Codeliste zu entschlüsseln und beinhaltet die Rechtsbehelfsbelehrung. Somit hat die Spedition eine entsprechende Belehrung erhalten.“

Spätestens hier wird auch der in Zollsachen versierteste Kollege aussteigen und nur noch „Bahnhof“ verstehen – oder?

Bei genauerer Betrachtung des Beispiels 2 heißt das: Da hier der elektronische Verwaltungsakt vor 8 Monaten an Spedit ergangen war, hätte Auslandskauf nur dann noch eine Chance, Einspruch einzulegen, wenn besagte Rechtsmittelbelehrung nicht mitgeschickt wurde und so die Einspruchsfrist 1 Jahr betragen würde.

Aus den dargelegten Gründen werden Hauptzollämter und auch Gerichte meist davon ausgehen, dass eine Rechtsmittelbelehrung erfolgt ist. Damit wäre die Einspruchsfrist verstrichen.

Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für den Einspruch gegen den elektronischen Verwaltungsakt wird in diesem Fall kaum Aussicht auf Erfolg haben.

„LogistikManager” -Tipp: Verpflichten Sie die von Ihnen beauftragten Speditionen immer schriftlich dazu, alle Bescheide der Zollbehörden, die bei ihnen eingehen, umgehend an Sie weiterzuleiten.