Darf der Transporteur für Wartezeiten an der Rampe Lkw-Standgelder berechnen?

Frage: Mit dem Hinweis, dass seine Lkw immer wieder lange auf das Be- und Entladen warten müssen, verlangt einer unserer Transportdienstleister nun auf einmal Standgelder. Er behauptet, die Lkw müssten teilweise stundenlang warten. Können wir diese Forderung zurückweisen?
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Antwort: Hier hilft zunächst ein Blick in das Gesetz, genauer: in § 412 Abs. 3 Handelsgesetzbuch (HGB). Dort heißt es:

„Für die Lade- und Entladezeit, die sich mangels abweichender Vereinbarung nach einer den Umständen des Falles angemessenen Frist bemisst, kann keine besondere Vergütung erlangt werden.“

Weiter heißt es aber auch: „Wartet der Frachtführer aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder aus Gründen, die nicht seinem Risikobereich zuzurechnen sind, über die Lade- und Entladezeit hinaus, so hat er Anspruch auf eine angemessene Vergütung.“Damit ist das Standgeld gemeint.

Doch das bedeutet nun nicht, dass Sie gleich zahlen müssen oder der Dienstleister einen generellen Vergütungsanspruch hat. Denn: Auch § 421 Abs. 3 HGB spielt in diesem Fall eine Rolle. Demnach sind die Voraussetzungen für den Standgeldanspruch des Unternehmers wegen Überschreitung der Ladezeit nur dann gegeben, wenn er Ihnen als Empfänger diesen Anspruch auch bei Ablieferung mitgeteilt hat!

Einen kleinen Haken gibt es allerdings:

Es gibt keine gesetzliche Norm, wie viele Stunden Wartezeit der Transportunternehmer unentgeltlich zu akzeptieren hat.

Bevor Sie sich nun aber darüber streiten, hilft es, wenn Sie einen Blick auf § 5 Abs. 2 der Vertragsbedingungen für den Güterkraftverkehrs-, Speditions- und Logistikunternehmer (VBGL) werfen. Demnach sind dem Transportunternehmen sowohl für die Beladung als auch für die Entladung maximal 2 Stunden bei einer Lkw-Komplettladung (bei 40 t zulässigem Gesamtgewicht) zuzumuten. Dem schließen sich auch die meisten Gerichte an (zuletzt das Amtsgericht Homburg: Az.: 4 C 40/07).

Weisen Sie angeblich bestehende zurückliegende „Ansprüche“ aber entschieden zurück!

Ich gehe davon aus, dass der Dienstleister die Standzeiten nicht ausreichend belegen kann, zumal er sie in keinster Weise mit Ihnen besprochen oder verabredet hat.

Sie sollten aber auch die Frage stellen, warum Ihr Dienstleister, mit dem Sie offensichtlich schon länger zusammenarbeiten, jetzt plötzlich auch Standgebühren verlangt. Braucht er dringend Geld – sprich: Steuert er möglicherweise auf eine Insolvenz zu?

Oder gab es bei Ihnen Änderungen in den betrieblichen Abläufen bzw. an der Rampe, die tatsächlich zu längeren Standzeiten als bisher geführt haben?

In diesem Fall wird sich der Dienstleister nicht einfach mit einem Nein abspeisen lassen. Treffen Sie mit ihm also eine Vereinbarung in die Zukunft, die wie folgt aussieht:

  • Jeder Fahrer dieses Dienstleisters hat sich nach Eintreffen an der Be- oder Entladestelle zu melden und mit dem Rampenverantwortlichen einen Uhrenvergleich zu machen.
  • Die exakte Ankunftszeit des Fahrers wird auf dem Frachtbrief notiert.
  • Dauert die Standzeit dann über Gebühr lange (2 Stunden und mehr), hat sich der Fahrer mit der Disposition in Verbindung zu setzen, die wiederum Sie als Auftraggeber informiert.

Zurren Sie klare Verhaltensregeln für die Beteiligten fest

Wichtig ist Information! Halten Sie also verbindlich fest, wer wen wann und wie informiert. Vorteilhaft ist, wenn Sie Zeitfenster definieren (für die Be- und Entladezeiten), die möglichst großzügig bemessen sind.

Außerdem können Sie regeln, ob und mit welchem Vorlauf Sendungen zu avisieren sind. In dem Fall wird der Transporteur aber in der Regel auf einer Avis-Gebühr bestehen.

Verhandeln Sie mit Blick auf die derzeit katastrophale Auftragseingangslage bei Transportdienstleistern hartnäckig. Schließlich kann er es sich derzeit kaum leisten, einen wichtigen Kunden zu verlieren.

Achtung:

Wenig bekannt ist, dass auch ein Unterfrachtführer dem Empfänger gegenüber Ansprüche geltend machen kann. Das hat der Bundesgerichtshof für zulässig erklärt (Az.: I ZR 50/05).