Lassen Sie sich nicht auf überzogene Standgeld- Forderungen ein!
- Ein neues Urteil stärkt die Stellung der Fahrer
- Die Kosten dürfen marktüblich abgerechnet werden
- Die Rechtslage ist leider eindeutig:
- Trotzdem sollten Sie nicht gleich bei jeder Forderung nachgeben!
- 1. Verlangen Sie immer, dass der geltend gemachte Anspruch differenziert dargelegt wird!
- Welche Nachweise Sie immer verlangen sollten
- Und selbst wenn die Standzeiten belegt werden, sind Sie noch nicht am Ende!
- Prüfen Sie entsprechend:
- So wird das Standgeld berechnet
- 2. Der Spediteur multipliziert die Differenz mit dem marktüblichen Stundensatz. Dieser ist dann etwa abhängig von dem verwendeten Transportmittel und den Ist-Kosten.
- Weitere Infos zum Thema Standgeld
Hintergrund ist der, dass für viele Spediteure die Personalkosten nach dem neuen Fahrpersonalrecht deutlich gestiegen sind. Um diese Kosten wenigstens teilweise wieder aufzufangen, sind die Fahrer angewiesen, Wartezeiten an der Rampe penibel aufzuzeichnen – damit diese dann entsprechend zusätzlich(!) abgerechnet werden können.
Fakt ist: Über das Jahr betrachtet verbringt ein Fahrer bis zu 25 % seiner Arbeitszeit an der Rampe. Und natürlich besteht hier die Gefahr, dass Terminvorgaben nicht eingehalten werden können, wenn ein Fahrzeug nicht von der Rampe wegkommt. Doch wie sieht die rechtliche Seite aus?
Ein neues Urteil stärkt die Stellung der Fahrer
Das Amtsgericht Unna hat Anfang des Jahres ein jetzt veröffentlichtes Urteil gefällt, das zwar dem Grunde nach bestätigt, dass es sich bei der Rechnungsposition „Standgeld“ nur um einen Nebenposten beim Vergütungsanspruch des Dienstleisters handelt. Die Richter machen aber auch deutlich, dass ein Spediteur durchaus ein Anrecht auf Standgeld hat, wenn einer seiner Lkw übermäßig lange an der Rampe warten musste. In diesem Fall gilt:
Die Kosten dürfen marktüblich abgerechnet werden
Mit ihrem Urteil haben die Richter vom AG Unna (25.1.2007, Az. 16 C 379/06) einen Verlader zur Zahlung von 121,80 € verpflichtet. Der Disponent hatte die Auskunft erhalten, dass die Wartezeiten „ganz früh morgens“ kürzer seien. Das Fahrzeug musste trotzdem von 7.30 bis 12 Uhr warten. Für die Zeit von 9 bis 12 Uhr berechnete der Spediteur 35 € plus Mehrwertsteuer pro Stunde.
Zu Recht, so die Richter. Denn solange der Spediteur zu „marktüblichen Preisen abrechnet“, steht ihm dieses Geld auch zu.
Die Rechtslage ist leider eindeutig:
„Wartet der Frachtführer aufgrund vertraglicher Vereinbarungen oder aus Gründen, die nicht seinem Risikobereich zuzurechnen sind, über die Lade- oder Entladezeit hinaus, so hat er Anspruch auf eine angemessene Vergütung (Standgeld)“ (§ 412 Abs. 3 Handelsgesetzbuch).
Trotzdem sollten Sie nicht gleich bei jeder Forderung nachgeben!
Die Durchsetzung des Standgeldes ist in der Praxis aber durchaus mit Fallstricken verbunden. Und diese sollten Sie nutzen! Denn vor allem im Vorfeld können Sie schon eine Menge tun, um gar nicht erst mit dem Thema konfrontiert zu werden.
1. Verlangen Sie immer, dass der geltend gemachte Anspruch differenziert dargelegt wird!
Beispiel: Fragen Sie als Einkäufer sofort nach, wenn auf der Rechnung die Position „Standgeld“ auftaucht. Schicken Sie einen Brief oder eine E-Mail mit folgendem Inhalt:
Sehr geehrter Herr Spediteur,
mit Rechnung vom …. für folgende Transporte berechnen Sie uns unter anderem insgesamt 8 Stunden Standzeitgebühren. Bitte teilen Sie uns mit, auf welche Rechtsgrundlage Sie sich dabei berufen, da wir mit Ihnen weder eine ausdrückliche Standgeldabrede im Rahmen des Transportauftrags oder im Rahmen einer gesonderten Zusatzvereinbarung getroffen haben. Auch bitte ich detailliert darzulegen, inwieweit Sie standgeldfreie Zeiten berücksichtigt haben.
Im Übrigen legen Sie als Standgeldzeit einen Stundensatz von 53 Euro zu Grunde. Hier verweise ich auf das Urteil des AG Unna vom 25.1.2007, Az. 16 C 379/06, wonach Standgeldzeiten zu marktüblichen Preisen abgerechnet werden müssen – sofern überhaupt eine rechtliche Grundlage dafür besteht. Bitte begründen Sie – sofern Sie weiterhin der Meinung sind, Standgeldzeiten in Rechnung stellen zu können – die Marktüblichkeit des von Ihnen in Rechnung gestellten Stundensatzes.
Solange Sie keine entsprechende Aufklärung leisten, betrachten wir Ihre Forderung als gegenstandslos.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Mustermann
Einkaufsleiter
Welche Nachweise Sie immer verlangen sollten
Selbst wenn es Standgeldvereinbarungen geben sollte, verfahren Sie immer nach dem eisernen Verkäufergrundsatz: ohne detaillierten Nachweis kein Geld!
Verlangen Sie deshalb eine genaue Beschreibung, von wann (Datum und Uhrzeit) bis wann (Datum und Uhrzeit) der Lkw angeblich stehen musste. Dazu lassen Sie sich die Standzeiten belegen! Entweder durch Quittung der Standzeiten, Dokumente wie den CMR-Frachtbrief oder Fahrtenschreiber-Blätter oder durch Zeugen. Kann der Spediteur keinen Nachweis liefern, gilt auch hier der Grundsatz: kein Geld!
Und selbst wenn die Standzeiten belegt werden, sind Sie noch nicht am Ende!
Die Frage ist ja auch: Wodurch sind die Standzeiten entstanden? Ist der Fahrer möglicherweise nicht pünktlich eingetroffen und musste deshalb länger als üblich warten? Lassen Sie sich deshalb immer auch beschreiben, wie es zu den Standzeiten kam.
Der Spediteur muss beweisen, dass nicht er – etwa aufgrund einer Verspätung oder einer versäumten Ankündigung -, sondern Sie als Auftraggeber für die Standzeiten verantwortlich waren.
Prüfen Sie entsprechend:
- Wann war die Lieferung/Abholung vereinbart?
- Wie hatten Sie dies vereinbart?
- Welche schriftlichen Belege gibt es für die Vereinbarung?
- Mit wem haben Sie gegebenenfalls mündlich einen Termin vereinbart?
- Wann haben Sie den Termin vereinbart (ggf. Aktennotiz)?
Sollte sich hieraus ergeben, dass der Spediteur die Wartezeit zumindest mitzuverantworten hat, gilt auch hier: Zumindest die volle Forderung werden Sie nicht erfüllen. Das geforderte Geld bleibt in der Unternehmenskasse!
So wird das Standgeld berechnet
Wenn der Spediteur Standgeld berechnet, geht er in der Regel so vor: Er zieht von der Wartezeit die marktübliche standgeldfreie Zeit ab.
Dabei ist im Normalfall von einer Stunde zumutbarer, also standgeldfreier Zeit auszugehen – zumindest ohne Voranmeldung (AG Lichtenfels, Urteil vom 4.9.2002, Az. 1 C 487/01).
-> Sie wissen aber, dass Wartezeiten bis 25 % der Arbeitszeit nicht unüblich sind. Bestehen Sie deshalb auf 25 % „Frei-Zeit“.
2. Der Spediteur multipliziert die Differenz mit dem marktüblichen Stundensatz. Dieser ist dann etwa abhängig von dem verwendeten Transportmittel und den Ist-Kosten.
Achtung:Die Höhe der Vergütung darf die üblichen Sätze nicht überschreiten. Lassen Sie sich diese „üblichen Sätze“ immer belegen, und zwar durch Vorlage einer Ist- Kosten-Fahrzeugrechnung. Bis 66 Euro billigen die Gerichte hierbei zu (AG Villingen, Az. 5 C 298/00).
Weitere Infos zum Thema Standgeld
In einem weiteren Artikel geht es um die Frage: Darf der Transporteur für Wartezeiten an der Rampe Lkw-Standgelder berechnen?