Konkrete Fälle, bei denen Terrorismusverdächtige Sprengstoffgrundstoffe beschafft haben, unterstreichen die große Bedeutung der chemikalienrechtlichen Abgabebestimmungen für die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten.
Der Verordnungsentwurf
Die Abgabevorschriften in den §§ 3 und 4 der Verordnung über Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens gefährlicher Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse nach dem Chemikaliengesetz (ChemVerbotsV) sollen auf bestimmte Chemikalien ausgedehnt werden.
Beim Handel gelten künftig diese Auflagen und Beschränkungen:
- die Pflicht zur Identitätsfeststellung, die bisher nur bei der gewerblichen Abgabe giftiger und sehr giftiger Stoffe vorgeschrieben ist
- die Pflicht zum Führen eines Abgabebuchs, die derzeit ebenfalls nur bei der Abgabe giftiger und sehr giftiger Stoffe und Zubereitungen zu beachten ist
- die Ausweitung des im Versandhandel geltenden Verbots der Abgabe giftiger und sehr giftiger Stoffe und Zubereitungen an den privaten Endverbraucher sowie des Selbstbedienungsverbots im Einzelhandel
Wichtig für Sie: Die Verordnung enthält keine Übergangsfristen und ist seit dem 26.07.2008 in Kraft. Betroffen sind diese Sprenstoffgrundstoffe:
- Kaliumchlorat (CAS-Nummer 3811-04-9)
- Kaliumnitrat (CAS-Nummer 7757-79-1)
- Kaliumperchlorat (CAS-Nummer 7778-74-7)
- Kaliumpermanganat (CAS-Nummer 7722-64-7)
- Natriumchlorat (CAS-Nummer 7775-09-9)
- Natriumnitrat (CAS-Nummer 7631-99-4)
- Natriumperchlorat (CAS-Nummer 7601-89-0)
- Wasserstoffperoxidlösungen mit einem Massengehalt von mehr als 12 % (CAS-Nummer 7722-84-1).
- Ammoniumnitrat (CAS-Nummer 6484-52-2) und bestimmte ammoniumnitrathaltige Zubereitungen
Ammoniumnitrat in Zubereitungen
Bei den „bestimmten“ ammoniumnitrathaltigen Zubereitungen geht es um Gemische, die Ammoniumnitrat enthalten und einer der in Anhang III Nr. 6 der Gefahrstoffverordnung genannten Gruppen A oder E oder den Untergruppen B I, C I, D III oder D IV zugeordnet werden können. Diese Zubereitungen unterliegen den Abgabevorschriften nach ChemVerbotsV, obwohl sie nicht als „brandfördernd“ zu kennzeichnen sind.
Ammoniumnitrat und die Zubereitungen werden in diese Gruppen eingeteilt:
Gruppe A:
Ammoniumnitrat und Zubereitungen, die zur detonativen Umsetzung fähig sind oder die nach Tabelle I hinsichtlich des Ammoniumnitratgehalts den Untergruppen A I, A II, A III und A IV zugeordnet sind
Gruppe B:
Zubereitungen, die zur selbstunterhaltenden fortschreitenden thermischen Zersetzung fähig sind
Gruppe C:
Zubereitungen, die weder zur selbstunterhaltenden fortschreitenden thermischen Zersetzung noch zur detonativen Umsetzung fähig sind, jedoch beim Erhitzen Stickoxide entwickeln
Gruppe D:
Zubereitungen, die in wässriger Lösung oder Suspension ungefährlich, in kristallisiertem Zustand unter Reduktion des ursprünglichen Wassergehalts jedoch zur detonativen Umsetzung fähig sind
Gruppe E:
Zubereitungen, die als Wasser-in-Öl-Emulsionen vorliegen und als Vorprodukte für die Herstellung von Sprengstoffen dienen
Untergruppen
Für die in der Tabelle genannten Rahmenzusammensetzungen und Grenzen für Ammoniumnitrat in Zubereitungen gelten die neuen Abgabevorschriften.
TIPP
Sie können die geänderte Chemikalien-Verbotsverordnung von unserer Internetseite www.bwr-media.de im Premiumbereich unter „Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz“ im Bereich Gefahrstoff & Gefahrgut kostenlos downloaden.
Zusammensetzung der Ammoniumnitrat-Untergruppen
Untergruppen | Massenanteil an Ammoniumnitrat in % | Andere Bestandteile | Besondere Bestimmungen |
A I | min. 90 | Chloridgehalt 0,02 % Inerte Stoffe 10 % | keine weiteren Ammoniumsalze erlaubt |
A II | > 80 bis < 90 | Kalkstein, Dolomit oder Calciumcarbonat < 20 % | |
A III | > 45 bis < 70 | Ammoniumsulfat | inerte Stoffe sind erlaubt |
A IV | > 70 bis < 90 | Kaliumsalze, Phosphate in P-, NK- oder NPK-Düngern, Sulfate in N-Düngern; inerte Stoffe | |
B I | max. 70 | Kaliumsalze, Phosphate, inerte Stoffe und andere Ammoniumsalze in NK- oder NPK-Düngern | Bei einem Massenanteil von mehr als 45 % Ammoniumnitrat darf der Massenanteil von Ammoniumnitrat und anderen Ammoniumsalzen zusammen nicht mehr als 70 % betragen. |
C I | max. 80 | Kalkstein, Dolomit oder Calciumcarbonat min. 20 % | Kalkstein, Dolomit oder Calciumcarbonat mit minimaler Reinheit von 90 % |
D III | max. 70 | Ammoniak, Wasser | in wässriger Lösung |
D IV | > 70 bis max. 93 | Wasser | in wässriger Lösung |
E | > 60 bis max. 85 | min. 5 % bis max. 30 % Wasser, min. 2 % bis max. 8 % verbrennliche Bestandteile, min. 0,5 % bis max. 4 % Emulgator | anorganische Salze; Zusätze |