Kapitalbedarf: Definition, Ermittlung, Berechnung + Beispiel

Kapitalbedarf: Definition, Ermittlung, Berechnung + Beispiel

Ein Unternehmen zu gründen, zu führen oder darin für einen Bereich verantwortlich zu sein, ist teuer. Personal, Waren, Marketing, Buchhaltung – alles verursacht Kosten, die an der Kapitaldecke eines Betriebs nagen. Vor allem bei Neugründungen, aber auch den Planungen für kommende Geschäftsjahre ist es daher wichtig, den Kapitalbedarf zu ermitteln. Wer nicht weiß, wie viel er braucht, kann nur schwer Kapital beschaffen. Wann und warum der Kapitalbedarf ermittelt wird, was ein Kapitalbedarfsplan ist, wie Sie Ihren Kapitalbedarf bestimmen und welche Fehler Sie dabei vermeiden sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter Kapitalbedarf?

Der Kapitalbedarf ist eine rechnerische Größe, die einem Unternehmen Auskunft darüber gibt, wie viel Kapital und damit Liquidität in einer bestimmten Zeitperiode benötigt wird. Die betrachtete Periode kann sich dabei auf die ersten Monate oder das erste Jahr nach der Gründung beziehen. In diesem Fall stellt die Kapitalbedarfsrechnung mit dem Finanzplan und Liquiditätsplan einen wichtigen Baustein der Existenzgründung dar. 

Der Kapitalbedarf wird dabei durch die Erfassung sämtlicher kommender Ausgaben plus einem potenziellen finanziellen Puffer berechnet. Das Ergebnis ist der Bedarf an Eigen- und Fremdkapital.

Warum muss der Kapitalbedarf ermitteln werden?

Gründer oder Unternehmer müssen den Kapitalbedarf ermitteln, um herauszufinden, wie viel Kapital für die (langfristig) erfolgreiche Umsetzung der anvisierten Ziele erforderlich ist.

Wann muss der Kapitalbedarf ermittelt werden?

Die Ermittlung des Kapitalbedarfs ist vor allem vor dem Start in eine Selbstständigkeit oder Unternehmensgründung erforderlich. Schließlich haben die meisten Unternehmer in der Anlaufphase ihres Unternehmens mehr Ausgaben als Einnahmen. Durch die Ermittlung des Kapitalbedarfs erfahren Gründer, welches Budget sie benötigen und wissen gleichzeitig auch, wie sie dieses in den Monaten nach der Gründung einsetzen können. Auch die Gründungskosten – Notargebühren, Steuerberatungskosten und weitere – werden hier berücksichtigt.

Gerade, wer eine Finanzierung anstrebt, muss gegenüber Darlehensgebern und Banken klare Auskünfte über Anlagevermögen, Umlaufvermögen, Personalkosten & Co. geben. Auch aus diesem Grund ist ein vollumfänglicher Kapitalbedarf essenziell.

Aber auch für andere Zwecke wird ein Kapitalbedarf ermittelt. Wenn Sie beispielsweise die Einführung eines neuen Produkts planen, neue Maschinen für das Unternehmen anschaffen wollen oder grundlegend am Ende eines Geschäftsjahres kalkulieren, wie viel Kapital sie für das nächste brauchen, ist ein Kapitalbedarfsplan das richtige Mittel. Der Kapitalbedarf begleitet ein Unternehmen also während seines gesamten Bestehens. 

Was ist ein Kapitalbedarfsplan?

Der Kapitalbedarfsplan ist das Ergebnis der Ermittlung Ihres Kapitalbedarfs. Dort werden alle geplanten Ausgaben wie Investitionen, Personalkosten und weitere Kosten für eine bestimmte Zeitperiode zusammengefasst. Das Ergebnis ist Ihr Kapitalbedarf.

Ein Kapitalbedarfsplan wird im Rahmen Ihres Businessplans als Grundlage für den Finanzplan und Liquiditätsplan verwendet. Beide zusammen bilden das „finanzielle Herzstück“ des Businessplans bei einer Neugründung.

Wie wird der Kapitalbedarf ermittelt?

Für die Ermittlung des Kapitalbedarfs – zu Beginn einer Unternehmensgründung – müssen Gründer sich mit allen Kosten bzw. Aufwendungen auseinandersetzen, die im Rahmen der Gründung und auch danach anfallen. Die Zeitperiode, für die der Kapitalbedarf geplant wird, variiert je nach Gründung. Oftmals wird jedoch der Kapitalbedarf für das gesamte erste Geschäftsjahr ermittelt. Neben den anstehenden Aufwendungen für die Unternehmensgründung sollten Gründer jedoch auch stets einen finanziellen Puffer einplanen. 

Welche Ausgaben müssen berücksichtigt werden?

Um zu wissen, wie viel Kapital benötigt wird, müssen Sie alle anfallenden Ausgaben Ihres Betriebs wie Investitionen und Wareneinkäufe berücksichtigen. Konkret schlüsseln Sie auf:

  • Gründungskosten: Zu Gründungskosten zählen Ausgaben und Mittel für Beratungen, erforderliche Unterlagen, aber auch das erforderliche Mindestkapital wie zum Beispiel das Stammkapital bei einer GmbH.
  • Investitionen ins Anlagevermögen: Gerade bei Unternehmern, die im produzierenden Gewerbe aktiv werden, ist dieser Punkt der, der am teuersten zu Buche schlägt. Hier führen Sie alle Ausgaben für Grundstücke, Maschinen, Gebäude, Maschinen, Ausstattungen und Konzessionen auf. Sämtliche Posten, die dem Anlagevermögen zugerechnet werden.
  • Laufende Kosten im Umlaufvermögen: Um Waren produzieren oder Dienstleistungen anbieten zu können, benötigen Sie Material. Dieses und weitere laufende Kosten wie Gehälter führen Sie unter diesem Punkt als Kosten im Umlaufvermögen auf.
  • Private Ausgaben: Dieser Punkt ist vor allem für Selbstständige wichtig, die von ihrem Geschäftsbetrieb leben möchten. Wer zum Beispiel eine Kapitalbedarfsplanung als kommender Geschäftsführer einer Gesellschaft erstellt, hat diesen Kostenpunkt womöglich nicht. Vereinfacht gesprochen nehmen Sie in diesem Posten die Ausgaben auf, die Sie privat haben. Sie können alle Ausgaben (Krankenversicherung, Miete, Lebensmittel etc.) einzeln auflisten oder von einem fixen Gehalt (beispielsweise 4.000 Euro netto) ausgehen, das bezahlt wird und alle Kosten abdeckt.
  • Puffer: Dieser Punkt ist für jede Kapitalbedarfsplanung wichtig, auch wenn er nicht in jeder enthalten ist. Hangeln Sie sich Euro für Euro an den ermittelten Ausgaben (und Einnahmen) entlang, haben Sie Kapital, das Sie bei unvorhergesehenen Ereignissen verwenden können. Schnell bleiben geplante Einnahmen aus oder Waren werden plötzlich teurer: Planen Sie daher stets einen Puffer ein. Dieser wird mit einem Prozentsatz errechnet, der frei je nach Risikobereitschaft gewählt wird. Sind Sie sich Ihrer Sache sicher, reicht ein niedriger Puffer von zum Beispiel 15 Prozent. Möchten Sie sich absichern, wählen Sie einen höheren, zum Beispiel 30 Prozent.

Wer sich absichern möchte, dass er nichts vergessen hat, kann die Unterlagen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BVMK) zur Unterstützung heranziehen. Dort finden Sie eine Checkliste für Ihren Kapitalbedarfsplan sowie eine Hilfestellung, wie Sie Ihren Unternehmerlohn ermitteln.

Beispiel zur Errechnung des Kapitalbedarfs

Basierend auf den vorgestellten Posten errechnen Sie Ihren Kapitalbedarf. Um sich besser vorstellen zu können, wie das aussieht, zeigen wir Ihnen den Prozess anhand eines Beispiels auf.

Stellen Sie sich vor, Sie gründen als Einzelunternehmer einen Malerbetrieb. Da Sie bereits länger mit diesem Gedanken konkret spielen, haben Sie 50.000 Euro Startkapital zur Seite gelegt.

Sie erstellen jetzt Ihren Businessplan und sammeln alle notwendigen Informationen. Die Kapitalbedarfsplanung erläutern Sie in allen Facetten ausführlich und fassen Sie tabellarisch wie folgt zusammen:

Anfallende Ausgaben für das erste GeschäftsjahrHöhe der Kosten
GründungskostenEUR 2.050,-
NotarEUR 700,-
SteuerberaterEUR 1.100,-
ExistenzgründerseminarEUR 250,-
Investitionen ins AnlagevermögenEUR 36.200
Transporter (Kauf)EUR 12.000,-
Miete Werkstatt (ganzes Jahr)EUR 16.000,-
Grundausstattung (Gerüst, Werkzeug etc.)EUR 2.300,-
BüroausstattungEUR 1.700,-
Maschinen (Farbmischer u.a.)EUR 4.000,-
Laufende Kosten / UmlaufvermögenEUR 36.550
MaterialEUR 10.000,-
PersonalEUR 18.000,-
SteuernEUR 5.000,-
MarketingEUR 3.000,-
Geld für sonstige AusgabenEUR 550,-
Private Ausgaben (Netto-Jahresgehalt)EUR 30.000,-
  
Gesamte AusgabenEUR 94.800,-
zzgl. Puffer (20 Prozent)EUR 18.960,-
  
Gesamter Kapitalbedarf inkl. PufferEUR 113.760,-
abzgl. EigenkapitalEUR 50.000,-
  
Kapitalbedarf an FremdkapitalEUR 63.760,-

In der Rechnung sehen Sie nun zwei relevante Zahlen. Zum einen den gesamten Kapitalbedarf inklusive Puffer. Für den Start in Ihre Selbstständigkeit benötigen Sie Geld in Höhe von 113.760 Euro.

Da Sie zwar bereits Geld von 50.000 Euro selbst aufbringen können, bleiben allerdings immer noch 63.760 Euro an Fremdkapitalbedarf. Diesen Kapitalbedarf müssen Sie über eine fremde Finanzierung erzielen – zum Beispiel über weitere Mitstreiter, Darlehen oder Kredite.

Welche Zeitperiode sollte ein Kapitalbedarfsplan abdecken?

Eine Kapitalbedarfsrechnung muss nicht zwingend für ein Jahr erfolgen. Viele Existenzgründer rechnen mit einer Anlaufphase von drei Monaten und brechen die Kosten bei der Kapitalbedarfsrechnung entsprechend auf diesen Zeitraum herunter.

Welcher Fehler sollten bei der Kapitalbedarfsplanung vermieden werden?

In der Praxis unterlaufen Selbstständigen und Kapitalbedarfsplanern immer wieder die gleichen Fehler. Denken Sie während der Planung an folgende Fallstricke:

  • Steuern vergessen: Auch wenn die Steuerlast bei der Aufnahme einer Geschäftstätigkeit meist noch geringer ausfällt, müssen sie diese und etwaige Vorauszahlungen einkalkulieren.
  • Kurzfristigkeit: Planen Sie lieber einige Monate länger als zu kurz. Es dauert womöglich seine Zeit, bis sich der Geschäftsbetrieb einpendelt. So umgehen Sie, dass Ihre Kapitalbedarfsplanung zu kurz greift.
  • Kein Puffer: Es kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren. Planen Sie daher einen ausreichend großen Puffer ein.
  • Privatausgaben vergessen: Denken Sie daran, dass Sie von Ihrer Unternehmung leben müssen und Privatausgaben haben werden, die von den Gewinnen des Unternehmens gedeckt werden müssen.
  • Vergessene Posten: Wer seinen Kapitalbedarf zwischen Tür und Angel plant, vergisst möglicherweise wichtige Punkte und Posten. Nehmen Sie sich genügend Zeit, um Ihre Finanzen, Ausgaben und Einnahmen zu planen.

Gerade der letzte Punkt ist wichtig – mit ihm steht und fällt Ihre Planung. Wer sich nicht ausreichend Zeit nimmt, macht die anderen Fehler eher.

Wie kann der Kapitalbedarf gesenkt werden?

Viele Unternehmer sind nach einer gründlichen Kapitalbedarfsplanung möglicherweise erschrocken, wie viel Kapital sie benötigen. Um den Kapitalbedarf zu senken, können Sie an verschiedenen Stellschrauben drehen:

  • Sie können Kapital und Geld im Umlaufvermögen freisetzen, indem Sie mit weniger großen Warenvorräten planen.
  • Konträr zum ersten Vorschlag könnten Sie bessere Konditionen bei Lieferanten aushandeln – beispielsweise, in dem Sie mehr Waren beziehen. Das ergibt allerdings nur Sinn, wenn Sie diese mit Gewissheit verarbeiten können und eine lange Lagerung keine Qualitätsbeeinträchtigung oder Abnutzung mit sich bringt.
  • Sie können Investitionen staffeln. Planen Sie Schritt für Schritt, das senkt gleichzeitig Ihr Risiko, falls die Geschäftsidee nicht wie gewünscht aufgeht.
  • Anstatt sämtliches Anlagevermögen neu zu kaufen, könnten Sie über Gebrauchtes (zum Beispiel Maschinen) oder Leasing anstatt Kauf bei Fahrzeugen nachdenken.
  • Wer anfangs sehr konservativ und mit einem großen Puffer plant, kann diesen reduzieren. Aber: Denken Sie daran, diesen nicht zu klein werden zu lassen oder gar ganz zu streichen. Er gibt Ihnen die notwendige Sicherheit.