Für nächstes Jahr werden sogar –5 % erwartet. Die Regierung in Brasilia ist aber zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass diese wirtschaftlichen Fundamentaldaten bei ihr Gehör finden würden. Sie setzt weiterhin auf einen starken Binnenmarkt (obwohl der bereits seit mindestens 3 Jahren schrumpft) und auf die Olympischen Sommerspiele.
Brasilien ist nach wie vor ein Rohstoffland
Nicht umsonst ist dort die Nummer 2 der weltgrößten Bergbaukonzerne beheimatet, die Vale SA. Einer der wichtigsten Exportartikel des Landes ist Eisenerz, gefolgt von Sojaprodukten, Fleisch und Zucker. Bekanntermaßen lässt sich mit Rohstoffen derzeit aber wenig Geld verdienen – vor allem mit Rohöl nicht.
In Erwartung drastisch steigender Ölpreise hatte Brasilien aber einst viel Geld in die Erschließung von Gas- und Ölvorkommen am Atlantik gesteckt. Doch die Regierungsoberen, ob sie nun da Silva oder Rousseff hießen, hatten die Rechnung ohne den Wirt, sprich: den Markt, gemacht. Dramatisch gefallene Energiepreise zwangen Brasilia, die teuren Erkundungsarbeiten (die Vorkommen lagern 2.000 Meter unter Wasser und 4.000 Meter unter Gestein) auf Eis zu legen.
Brasilien hat viele Sorgenkinder, eins davon ist die Industrie
Ihre Produktion sinkt seit 2014 kontinuierlich. Die geringe Wettbewerbsfähigkeit des industriellen Sektors ist in erster Linie strukturellen Fehlentwicklungen anzulasten. Durch die weltweite Konjunkturdelle werden diese Strukturfehler nur noch verstärkt.
Zwar hatte Dilma Rousseff zu ihrem Amtsantritt vor 5 Jahren Konjunkturprogramme von umgerechnet 180 Mrd. € angekündigt, die Erfolge blieben aber aus – nicht zuletzt durch eine schwerfällige, korruptionsanfällige Wirtschafts- und Regierungsbürokratie.
Mit seinen großen Devisenreserven hätte sich Brasilien diese Geldspritzen durchaus leisten können. Das Land leidet aber nicht nur unter der schwächelnden Konjunktur, sondern auch unter
- hohen Steuerlasten,
- einem komplizierte Steuersystem,
- einer maroden Infrastruktur,
- hohen, oft staatlich subventionierten Löhnen,
- hohen Finanzierungskosten,
- protektionistischen Handelsregeln und
- einer Arbeitsproduktivität, die um 30 bis 50 % unter europäischem Niveau liegt.
Europas Bedeutung verblasst
Bei den Agrarprodukten (Soja, Zucker, Fleisch) liegen Exporte in die EU mit knapp 20 % zwar noch immer an 2. Stelle (nach Asien, über 30 %), im Fokus der brasilianischen Außenwirtschaftspolitik steht neben den USA aber eindeutig der gemeinsame Markt der MERCOSUR-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.
Dieser Mercado Común del Sur köchelt zwar seit Jahren vor sich hin, doch langfristig soll aus dem heutigen Netzwerk eine ganz Südamerika umfassende Freihandelszone entstehen. Angedacht ist auch eine Süd-Süd- Schiene, die zukünftig die Wirtschaftsbeziehungen mit den afrikanischen Staaten ausbauen und festigen soll.
Brasilien ist ein gefährliches Pflaster
Mehr als 56.000 Menschen wurden 2012 in Brasilien ermordet. Das hat immerhin die Dimension einer mittelgroßen Stadt wie Celle in Niedersachen! Kriminalitätshochburgen sind Rio de Janeiro, Belem, Recife, Salvador und São Paulo.