Freistellung Betriebsrat: Hier können Sie „Stopp“ sagen

Häufig nutzen Betriebsräte ihre Freistellung als „Freischein“, um im Betrieb nur noch nach eigenem Belieben zu erscheinen. Als Arbeitgeber ist Ihnen ein solches Verhalten, insbesondere unter Kostengesichtspunkten, natürlich ein „Dorn im Auge“. Welche Pflichten Ihre freigestellten Betriebsräte gerade im betrieblichen Alltag haben und wie Sie Ihre Betriebsräte nachdrücklich darauf hinweisen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis

Als Arbeitgeber müssen Sie die Mitglieder des Betriebsrats zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Betriebsratsaufgaben von ihrer beruflichen Tätigkeit befreien, und zwar ohne Minderung des Arbeitsentgelts, § 37 Absatz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Ab 200 Arbeitnehmern sind Sie – je nach Anzahl Ihrer Mitarbeiter – verpflichtet, einen oder mehrere Betriebsräte vollständig von der beruflichen Tätigkeit freizustellen, § 38 BetrVG. Das kann auch als Teilfreistellung erfolgen. In der Praxis sind Ihre freigestellten Betriebsratsmitglieder oftmals im Betrieb nicht aufzufinden.

Freistellung Betriebsrat: Anwesenheit ist Pflicht

Die freigestellten Betriebsräte haben sich jedoch grundsätzlich am Sitz des Betriebsrats im Unternehmen bereitzuhalten, um ihre Aufgaben wahrzunehmen. Das heißt, Ihre freigestellten Betriebsratsmitglieder müssen im Betrieb erreichbar sein und für die erforderliche Betriebsratsarbeit zur Verfügung stehen, weil sonst dafür weitere, nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder herangezogen werden müssten (BAG, Urteil vom 31.05.1989, Aktenzeichen: 7 AZR 277/88; in: Betriebs-Berater (BB) 1990, Seite 491).

Sich am Sitz des Betriebsrats bereithalten müssen sich auch solche Betriebsratsmitglieder, die vor ihrer Freistellung ihre Tätigkeit außerhalb des Betriebs ausgeübt haben, wie etwa Außendienstler oder Mitarbeiter auf Montage. Werden diese Mitarbeiter als Betriebsrat von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt, führt das zu einer Änderung des Leistungsorts (BAG, Beschluss vom 28.08.1991, Aktenzeichen: 7 ABR 46/90; in: Arbeitsrechtliche Praxis (AP) Nr. 39 zu § 40 BetrVG 1972).

Freistellung Betriebsrat: Gleiche Arbeitszeit für alle

Ihre freigestellten Betriebsratsmitglieder haben sich nicht nur in der Regel am Sitz des Betriebsrats im Unternehmen bereitzuhalten, sondern müssen grundsätzlich – wie alle anderen Mitarbeiter auch – die betriebsübliche Arbeitszeit einhalten (Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf, Urteil vom 26.05.1993, Aktenzeichen: 18 Sa 303/93; in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) 1994, Seite 720).

Das Abstellen auf die betriebsübliche Arbeitszeit kann in der Praxis allerdings problematisch sein. Denn betriebsübliche Arbeitszeiten sind solche, die Ihnen Ihre gesamte Belegschaft, ein Teil davon oder einzelne Mitarbeiter auf Grund ihres Arbeitsvertrags oder aus dem für Ihren Betrieb geltenden Tarifvertrag schulden. Es können sich daher unterschiedliche betriebsübliche Arbeitszeiten ergeben (BAG, Beschluss vom 16.07.1991, Aktenzeichen: 1 ABR 69/90; in: (BB) 1991, Seite 2156). In solchen Fällen dürfen Ihre Betriebsratsmitglieder ihre Betriebsratstätigkeit so einteilen, wie es ihrer Ansicht nach am besten ist, um ihre Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen.

Das Gleiche gilt, wenn in Ihrem Betrieb in Wechselschicht gearbeitet wird. Auch wenn Ihre Betriebsräte nicht an feste Arbeitszeiten gebunden sind, müssen sie jedoch die Ihnen geschuldete Arbeitszeit, also die Anzahl der Arbeitsstunden, einhalten und dafür Sorge tragen, dass eine ausreichende Anwesenheit im Betrieb gewährleistet ist. Ist in Ihrem Betrieb gleitende Arbeitszeit vereinbart, dürfen Ihre freigestellten Betriebsratsmitglieder ihre Betriebsratstätigkeit innerhalb der Gleitzeit so wahrnehmen, wie es ihnen zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung am zweckdienlichsten erscheint.

Auch hier müssen Ihre Betriebsratsmitglieder allerdings die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit dem Umfang nach einhalten und ihre Anwesenheitszeiten im Betrieb vernünftig einteilen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 26.05.1993, Aktenzeichen: 18 Sa 303/93; in: NZA 1994, Seite 720). Verlässt ein freigestellter Betriebsrat das Betriebsgelände, um betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben zu erfüllen, ist er allerdings grundsätzlich nicht verpflichtet, Ihnen das vorher mitzuteilen.

Freistellung Betriebsrat: Auch Betriebsräte müssen stempeln

Auch wenn Ihre freigestellten Betriebsratsmitglieder nicht mehr Ihrem Direktionsrecht als Arbeitgeber unterliegen, müssen sie die nicht unmittelbar mit der Arbeitsleistung zusammenhängenden Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis sowie allgemeine Regelungen über das Verhalten der Mitarbeiter und die Ordnung im Betrieb beachten.

Verwenden Sie im Betrieb Zeiterfassungsgeräte, wie etwa Stempeluhren, haben Ihre freigestellten Betriebsräte diese daher ebenfalls zu benutzen. 

Freistellung Betriebsrat: So gehen Sie bei Verstößen des Betriebsrats vor

Im betrieblichen Alltag fragen sich Arbeitgeber häufig, ob freigestellte Betriebsräte insbesondere bei Tätigkeiten außerhalb der Arbeitszeit oder des Betriebs auch tatsächlich Betriebsratsaufgaben wahrnehmen. Sie müssen zwar davon ausgehen, dass sich das freigestellte Betriebsratsmitglied allein der Erfüllung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben widmet, ohne dass dafür jeweils im Einzelnen ein Nachweis erforderlich ist (BAG, Urteil vom 19.05.1983, Aktenzeichen: 6 AZR 290/81; in: AP Nr. 44 zu § 37 BetrVG 1972).

Haben Sie jedoch im Einzelfall daran Zweifel, können Sie vom Betriebsrat verlangen, dass er Ihnen die außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit oder außerhalb des Betriebs durchgeführten Betriebsratstätigkeiten in allgemeiner Form darlegt.

Dazu muss Ihnen das Betriebsratsmitglied stichwortartige Angaben übermitteln, worin der Ort und die Dauer der durchgeführten Betriebsratsaufgabe enthalten sein müssen. Zudem haben die Angaben des Betriebsrats so konkret zu sein, dass Sie als Arbeitgeber eine Plausibilitätskontrolle durchführen können.

Das bedeutet, Sie müssen in der Lage sein, es für plausibel zu halten, dass der Betriebsrat die genannten Aufgaben durchgeführt hat. Kommt das Betriebsratsmitglied oder der Betriebsrat Ihrer Aufforderung, die außerhalb der Arbeitszeit oder des Betriebsgeländes durchgeführten Aufgaben in allgemeiner Form nachzuweisen, nicht nach oder sind diese Angaben nicht plausibel, dürfen Sie als Arbeitgeber für diese Zeiten den Lohn des Betriebsratsmitglieds zurückbehalten. Das bedeutet, Sie dürfen so lange den Lohn des Betriebsratsmitglieds einbehalten, bis es Ihnen seine Betriebsratstätigkeit nachgewiesen hat.

Sind die Angaben des Betriebsratsmitglieds oder des Betriebsrats nicht plausibel, so dass Sie immer noch erhebliche Zweifel daran haben, ob tatsächlich Betriebsratsaufgaben durchgeführt wurden, sollten Sie das dem Betriebsrat konkret mitteilen. Dabei sollten Sie genau darlegen und begründen, worauf sich Ihre erheblichen Zweifel stützen. Das Betriebsratsmitglied oder der Betriebsrat muss dann genau darlegen, welche Aufgaben wahrgenommen wurden und woraus sich deren Erforderlichkeit ergibt (BAG, Urteil vom 15.03.1995, Aktenzeichen: 7 AZR 643/94; in: AP Nr. 105 zu § 37 BetrVG 1972).

Wichtiger Hinweis!

Als Arbeitgeber sollten Sie allerdings beachten, dass Sie von Ihrem freigestellten Betriebsratsmitglied keine laufenden Tätigkeitsberichte verlangen dürfen.

Ruft ein Betriebsratsmitglied bei Ihnen an und teilt mit, es käme später, also nach Arbeitsbeginn, sollten Sie als Arbeitgeber nach dem Grund fragen. Erfolgt das Zuspätkommen aus privaten Gründen, kann der Betriebsrat für seine Fehlzeit keine Zahlung des Arbeitsentgeltes beanspruchen (BAG, Urteil vom 19.05.1983, Aktenzeichen: 6 AZR 290/81; in: AP Nr. 44 zu § 37 BetrVG 1972). Verstößt ein Betriebsratsmitglied gegen seine Verpflichtung, sich während der betriebsüblichen Arbeitszeit grundsätzlich im Betrieb aufzuhalten, oder bedient es das Zeiterfassungsgerät nicht, können Sie es abmahnen.

Gibt ein Betriebsratsmitglied vor, Betriebsratsaufgaben durchgeführt zu haben, oder gibt es zu hohe Tätigkeits- zeiten an, kann im Einzelfall sogar eine fristlose (außerordentliche) Kündigung gerechtfertigt sein (LAG Hamm, Urteil vom 31.10.1984, Aktenzeichen: 3 Sa 624/84; LAG Hamm, Beschluss vom 11.06.1980, Aktenzeichen: 3 TaBV 15/80). Dazu müssen Sie zuvor den Betriebsrat als Gremium nach § 103 Absatz 1 BetrVG anhören. Verweigert dieser die Zustimmung zu Ihrer beabsichtigten Kündigung, ist es erforderlich, dass Sie vor dem Arbeitsgericht ein Zustimmungsersetzungsverfahren durchführen, § 103 Absatz 2 BetrVG.

Eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung ist dagegen auf Grund des Sonderkündigungsschutzes für Betriebsratsmitglieder nach § 15 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht möglich.