Dieses Bild ist eine Infografik, mit der Aufschrift: Schwerbehindertenvertretung - ab wann ist eine SBV für Unternehmen Pflicht?

Schwerbehindertenvertretung: Aufgaben, Rechte und ab wann Pflicht?

Unternehmen sind unter bestimmten Bedingungen verpflichtet, schwerbehinderten Menschen im Betrieb eine Schwerbehindertenvertretung einzurichten. Diese Interessenvertretung kümmert sich um die Angelegenheiten der schwerbehinderten beziehungsweise gleichgestellten Beschäftigten sowie Arbeitgebern. Dabei geht es im Wesentlichen darum, die Rechte der Mitarbeiter und die Pflichten des Betriebes, auch in Hinblick auf Themen der Inklusion, in Einklang zu bringen. Dieser Artikel soll Ihnen als Informationseinstieg sowohl Rahmenbedingungen als auch die wichtigsten Informationen bereitstellen. Sie erfahren, was die Pflichten und Rechte die SBV hat, wie sie gewählt wird und ob bei der SBV Kündigungsschutz besteht.
Inhaltsverzeichnis

Was ist die Schwerbehindertenvertretung?

Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) stellt eine spezielle Form der Arbeitnehmervertretung dar, welche sich gezielt für die Anliegen von Mitarbeitern mit Schwerbehinderungen in einem Betrieb oder einer Dienststelle einsetzt.

Gemäß den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches (SGB) IX liegt ihre Verantwortung darin, die Interessen von schwerbehinderten und gleichgestellten Personen innerhalb des Unternehmens zu vertreten. Hierbei achtet sie darauf, dass alle relevanten Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Dienstvereinbarungen und Verwaltungsanordnungen zugunsten dieser Menschen umgesetzt und eingehalten werden.

Welche Ziele verfolgt die Schwerbehindertenvertretung im Betrieb?

Die Schwerbehindertenbetreuung verfolgt primär das Ziel, das Interesse aller Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung zu stützen und nach außen hin zu vertreten.

Die SBV verfolgt des Weiteren folgende Ziele:

  • die Förderung der Eingliederung schwerbehinderter Menschen,
  • die Verhinderung von Benachteiligungen und
  • das entschlossene Entgegentreten gegen bestehende Benachteiligungen.

Für die Erfüllung ihrer Aufgaben kann die Schwerbehindertenvertretung auch auf die Unterstützung des Integrationsamtes sowie des Betriebsrates oder Personalrates zurückgreifen.

Ist eine Schwerbehindertenvertretung in Unternehmen verpflichtend?

In Unternehmen ist die Einrichtung einer Schwerbehindertenvertretung (SBV) gesetzlich vorgeschrieben und im Sozialgesetzbuch (SGB) IX festgelegt. Allerdings hängt die Notwendigkeit einer SBV von der Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter ab, die im Betrieb oder der Dienststelle beschäftigt sind.

Ab wie vielen Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung ist eine Schwerbehindertenvertretung im Unternehmen Pflicht?

Gemäß § 178 SGB IX sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, eine SBV zu bestellen, wenn in ihrem Betrieb oder ihrer Dienststelle regelmäßig mindestens fünf schwerbehinderte Menschen arbeiten. Die Schwerbehindertenvertretung besteht aus einer Vertrauensperson und gegebenenfalls einem oder mehreren Stellvertretern.

Was sind die Pflichten und Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung im Unternehmen?

Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) spielt eine essentielle Rolle innerhalb von Unternehmen, indem sie sich für die Belange von Menschen mit Schwerbehinderungen einsetzt und deren Integration in den Arbeitsplatz fördert. Ihre Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen sind umfassend und im Sozialgesetzbuch (SGB) IX festgelegt. Im Folgenden sind einige der bedeutendsten Aufgaben aufgeführt:

  • Vertretung der Interessen Schwerbehinderter: Die SBV übernimmt die Vertretung und Interessenwahrung der schwerbehinderten Mitarbeiter im Betrieb. Sie setzt sich für ihre Rechte ein und sorgt dafür, dass ihre Stimme gehört wird.
  • Förderung der Eingliederung: Ein weiteres wichtiges Anliegen der SBV ist die Förderung der erfolgreichen Eingliederung schwerbehinderter Menschen in das Arbeitsumfeld. Hierbei setzt sie sich für geeignete Maßnahmen ein, um eine barrierefreie und inklusive Arbeitsumgebung zu gewährleisten.
  • Teilnahme an Sitzungen: Die Schwerbehindertenvertretung nimmt aktiv an betrieblichen Sitzungen teil, um die Interessen der Betroffenen zu vertreten und für ihre Belange einzustehen. Dadurch wird sichergestellt, dass ihre Anliegen in Entscheidungsprozessen angemessen berücksichtigt werden. Die SBV hat zudem das Recht, an Sitzungen des Betriebs- oder Personalrates teilzunehmen, wenn Fragen behandelt werden, die Schwerbehinderte betreffen.
  • Beratung und Unterstützung: Die SBV steht den schwerbehinderten Mitarbeitern beratend zur Seite und unterstützt sie bei Fragen oder Problemen im Zusammenhang mit ihrer Behinderung am Arbeitsplatz. Sie fungiert als Ansprechpartnerin für individuelle Anliegen und bietet Rat und Hilfe an. Die SBV hat zugleich die Aufgabe, Schwerbehinderte bei der Ausübung ihrer Rechte gegenüber dem Arbeitgeber zu beraten und zu unterstützen. Dies kann auch die Zusammenarbeit mit dem Integrationsamt einschließen.
  • Initiierung und Überwachung der Inklusionsvereinbarung: Die Schwerbehindertenvertretung hat die Aufgabe, die Umsetzung der Inklusionsvereinbarung zu initiieren und zu überwachen. Hierbei handelt es sich um eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und SBV, die konkrete Maßnahmen zur Förderung der Inklusion am Arbeitsplatz festlegt.

Die SBV erfüllt diese wichtigen Aufgaben, um sicherzustellen, dass Menschen mit Schwerbehinderungen gleichberechtigt am Arbeitsleben teilhaben können und ihre Rechte gewahrt werden.

Welche Rechte hat die Schwerbehindertenvertretung?

Die Rechte der Schwerbehindertenvertretung (SBV) sind im Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) festgelegt und haben das Ziel, die Interessen schwerbehinderter Menschen zu vertreten und zu schützen.

Zu den bedeutendsten Rechten der SBV gemäß SGB IX zählen:

  • Beteiligungsrecht: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die SBV frühzeitig und umfassend in alle Angelegenheiten einzubeziehen, die einzelne oder alle schwerbehinderten Beschäftigten betreffen (§ 178 Abs. 2 SGB IX). Dies umfasst beispielsweise die Beteiligung an Einstellungen, Versetzungen oder Kündigungen von schwerbehinderten Mitarbeitern.
  • Informationsrecht: Die SBV hat das Recht auf Zugang zu allen relevanten Dokumenten, Informationen und Unterlagen, die für die Ausübung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Dazu gehören auch die Personalakten der schwerbehinderten Beschäftigten, sofern diese ihre Zustimmung erteilt haben.
  • Anhörungsrecht: Bevor Entscheidungen getroffen werden, die schwerbehinderte Mitarbeiter betreffen, muss die SBV konsultiert und angehört werden. Als Arbeitgeber sind Sie beispielsweise an die Zustimmung der SBV gebunden, wenn es um die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers geht.
  • Recht auf Freistellung und Schulungen: Die Mitglieder der SBV haben das Recht, von ihrer regulären Arbeit freigestellt zu werden, um ihre Aufgaben als Vertrauensperson auszuüben (§ 179 Abs. 4 SGB IX). Darüber hinaus haben sie Anspruch auf Teilnahme an Schulungen und Fortbildungen, die für ihre Tätigkeit erforderlich sind.

Wie wird die Schwerbehindertenvertretung gewählt?

Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung (SBV) ist ein demokratischer Prozess. Er läuft nach klaren Vorgaben ab, die ebenfalls gesetzlich geregelt sind. Alle folgenden Informationen lassen sich in den §§ 177 bis 180 des Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) nachlesen.

Wer darf die Schwerbehindertenvertretung wählen?

Es dürfen grundsätzlich alle schwerbehinderten Menschen wählen, die in einer Dienststelle oder einem Betrieb beschäftigt sind – das gilt auch für alle ihnen gleichgestellten behinderten Menschen. Die Wähler entscheiden damit direkt, wer sie in den nächsten Jahren in der Schwerbehindertenvertretung vertreten soll.

Wer ist als Schwerbehindertenvertretung wählbar?

Wählbar sind all diejenigen, die auch grundsätzlich wählen dürfen. Das bedeutet: alle schwerbehinderten und gleichgestellte behinderte Beschäftigte. Es gibt allerdings ein Zugehörigkeitsminimum, zum Zeitpunkt der Wahl muss die wählbare Person mindestens sechs Monate in der Dienststelle oder im Betrieb beschäftigt gewesen sein.

Es ist dabei unerheblich, ob Beschäftigte in dieser Zeit Vollzeit oder Teilzeit angestellt waren und wie das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Wahl gestaltet ist.

Wie wird die Schwerbehindertenvertretung gewählt?

Die Wahl erfolgt in geheimer und direkter Abstimmung. Das Wahlverfahren ist in der Regel ein Mehrheitswahlverfahren. Eine Ausnahme gibt es, falls ein personalisiertes Verhältniswahlverfahren vom Gremium beschlossen wurde.

Wie lange dauert die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung?

Eine Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung beträgt gemäß § 179 Abs.1 SGB IX in der Regel vier Jahre – nach Ablauf dieser Zeit wird neu gewählt.

Besteht bei SBV Kündigungsschutz?

Alle Schwerbehindertenvertreter sind dazu verpflichtet, ihr Amt und die damit zusammenhängenden Aufgaben stets objektiv und autonom zu erfüllen. Dadurch genießen sie denselben Kündigungsschutz wie jedes Mitglied des Betriebs- oder Personalrates, wie es § 15 des Kündigungsschutzgesetzes festlegt.

Das bedeutet; dem Arbeitnehmer ist es nicht gestattet, eine ordentliche Kündigung auszusprechen – und zwar:

  • während des Zeitraums als Amtsinhaber und
  • innerhalb eines Jahres nach dem Ende der Amtszeit.

Eine solche Kündigung wäre unwirksam. Ausnahmen gelten lediglich, wenn der gesamte Betrieb (oder die Abteilung) geschlossen wird. Eine außerordentliche, fristlose Kündigung hebt den Kündigungsschutz jedoch auf. Bei triftigen Gründen, die dem Arbeitgeber keine Wahl lassen, das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden, kann eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden – auch bei der SBV.

Wichtig ist zu beachten, dass dieser Kündigungsschutz ausschließlich vor arbeitgeberseitigen Kündigungen gilt. In Situationen, in denen ein Arbeitsverhältnis aufgrund des Auslaufens einer Befristung oder durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags beendet wird, findet der Kündigungsschutz keine Anwendung.

Besteht ein Anspruch auf Freistellung als Schwerbehindertenvertretung?

Ja, gemäß § 179 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgesetzbuches IX (SGB IX) besteht ein Anspruch auf Freistellung für die Vertrauenspersonen. Diese haben das Recht, von ihrer regulären beruflichen Tätigkeit unter Beibehaltung ihrer Vergütung freigestellt zu werden, “wenn und soweit es zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist”.

Diese Art der bezahlten Freistellung von der Arbeit ist an spezifische Situationen geknüpft: Wenn jemand als Mitglied der Schwerbehindertenvertretung fungiert, etwa im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) oder einer Betriebsratssitzung, steht ihm die Möglichkeit offen, sich von seiner regulären Arbeit abzumelden, ohne die liegengebliebenen Aufgaben nachholen zu müssen.

Darüber hinaus haben Vertrauenspersonen, ähnlich wie Betriebsratsmitglieder in größeren Betrieben und Dienststellen, das Recht, eine dauerhafte Befreiung von der Arbeitspflicht zu beantragen (§ 179 Abs. 4 Satz 2 SGB IX). Seit dem 1. Januar 2018 liegt die erforderliche Zahl der im Betrieb beschäftigten schwerbehinderten Menschen bei 100 Arbeitnehmern – zuvor waren es 200.

Warum ist die Schwerbehindertenvertretung für Betriebe wichtig?

Die Einrichtung einer Schwerbehindertenvertretung stellt einen bedeutenden Aspekt der Unternehmenskultur und des Personalmanagements dar. Sie gewährleistet, dass die Interessen und Rechte der schwerbehinderten Mitarbeiter angemessen repräsentiert werden.

Durch die Schaffung einer SBV wird maßgeblich dazu beigetragen, die Arbeitsbedingungen für Menschen mit Schwerbehinderungen zu verbessern und die Inklusion in der Arbeitswelt zu fördern. Dies zeigt das klare Bekenntnis des Gesetzgebers zur Gleichstellung und Teilhabe von schwerbehinderten Mitarbeitern im Berufsleben.