So bestimmen Sie als Betriebsrat bei der Schichtarbeit mit

Die Anzahl der Menschen, die Schichtarbeit leisten, hat nach Angaben der Bundesregierung stark zugenommen. Gerade im Dienstleistungsbereich führt ein zunehmend stärker werdender Service- und Betriebsbereitschaftsdruck dazu, dass der Arbeitszeitrahmen ausgedehnt wird. Als Betriebsrat reden Sie bei der Verteilung der Arbeitszeit mit. Das schließt auch die Schicht- und Nachtarbeit ein. Nehmen Sie Ihre Mitbestimmungsrechte bei der Schicht- und Nachtarbeit besonders sorgsam wahr. Schließlich geht es um die Gesundheit der Betroffenen. Um das zu tun, sollten Sie wissen, wie Sie Ihre Mitbestimmungsrechte bei der Arbeitszeit insgesamt richtig nutzen.
Inhaltsverzeichnis

Eine zukunftsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit wird eines Ihrer großen Themen in den kommenden Jahren sein. Die ständigen wirtschaftlichen und politischen Veränderungen erfordern Flexibilität. Und zwar auch im Hinblick auf die Arbeitszeit.

Ihre Mitbestimmungsrechte

Ihr Mitbestimmungsrecht als Betriebsrat hinsichtlich der zeitlichen Lage der Arbeitszeit ist in § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Darunter fallen

  • die Bestimmung der Wochentage, an denen gearbeitet wird,
  • die Entscheidung, an wie vielen Tagen in der Woche gearbeitet wird,
  • die Festlegung von Anfang und Ende der täglichen Arbeitszeit,
  • die Bestimmung der Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie
  • die Festlegung der Dauer und Lage der Pausen. 


Darüber hinaus bestimmen Sie als Betriebsrat bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Genau wie bei allen Fragen der vorübergehenden Verlängerung der Arbeitszeit ist auch bei den Grundsatzfragen Ihr vollstes Fingerspitzengefühl gefragt. Für Sie als Betriebsrat ist es dabei immer wieder ein Balanceakt, beiden Seiten gerecht zu werden.

Außerdem muss Ihr Arbeitgeber abhängig vom konkreten Inhalt der jeweiligen Vereinbarung weitere Mitbestimmungsrechte beachten. Sie als Betriebsrat sollten darauf achten, dass er diese auch berücksichtigt. Grundsätzlich kommt neben den bereits erwähnten Mitbestimmungsrechten häufig auch Ihr Mitbestimmungsrecht bei den Fragen der Ordnung des Betriebs zum Tragen – z. B. bei der Erfassung der Arbeitszeit. 


Nicht jede Anwesenheit im Betrieb zählt


Bevor Sie in Verhandlungen mit Ihrem Arbeitgeber über die Arbeitszeit einsteigen, sollten Sie genau wissen, was zur Arbeitszeit zählt. Denn nicht jede Anwesenheit im Betrieb fällt unter die Arbeitszeit, bei der Sie als Betriebsrat mitbestimmen dürfen. Arbeitszeit ist nach § 2 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen. Dazu zählen die Zeiten, in denen die Arbeitnehmer tatsächlich arbeiten oder sich am Arbeitsplatz bzw. einem von Ihrem Arbeitgeber bestimmten Ort dafür bereithalten.

Achten Sie auf die Einhaltung dieser Gesetze und Bestimmungen


Ihr Arbeitgeber ist in Sachen Arbeitszeit an unterschiedliche Gesetze gebunden. Eine Ihrer Aufgaben ist es zu überwachen, dass er diese auch einhält. Achten Sie deshalb darauf, dass er bei allen Regelungen

  • das ArbZG,

  • Schutzgesetze für bestimmte Personen (z. B. das Mutterschutzgesetz) und

  • die eventuell in einem anwendbaren Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder individuell in den Arbeitsverträgen festgeschriebenen Regelungen beachtet.

ArbZG: Das müssen Sie wissen

In den Vorschriften des ArbZG ist festgelegt, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen an Werktagen maximal 8 Stunden arbeiten dürfen (§ 3 Satz 1 ArbZG). Sonn- und feiertags dürfen sie im Normalfall gar nicht für Ihren Arbeitgeber tätig werden.

Achtung! Der Samstag zählt als Werktag. Deshalb ergibt sich eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 6 x 8 = 48 Stunden. Arbeitet Ihr Betrieb allerdings in einer 5-Tage-Woche, darf Ihr Arbeitgeber die 48 Stunden auf die 5 Tage verteilen. Das ergibt dann eine Arbeitszeit von 9,6 Stunden täglich. Mehr als 8 Stunden pro Tag darf allerdings nur in wenigen Ausnahmefällen gearbeitet werden.

Wenn Ihre Kollegen täglich mehr als 8 Stunden arbeiten

Arbeiten Ihre Kollegen länger als 8 Stunden am Tag, muss Ihr Arbeitgeber die Arbeitszeit aufzeichnen und die Unterlagen zum Nachweis 2 Jahre lang aufbewahren. Weisen Sie ihn darauf hin. Denn für Ihre Kollegen kann dieser Nachweis im Einzelfall sehr wichtig sein, z. B. wenn sie Ausgleichsansprüche geltend machen wollen. Verstößt Ihr Arbeitgeber gegen diese Vorschrift, droht ihm ein Bußgeld von bis zu 15.000 € (§ 22 ArbZG).

Sie kennen es vermutlich aus der Praxis: Es kommt immer wieder vor, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen bis zu 10 Stunden am Tag arbeiten. Das ist ausnahmsweise dann möglich, wenn es darum geht, Auftragsspitzen abzuarbeiten.

Allerdings hat das ArbZG für diese Fälle einen Schutzmechanismus vorgesehen. Danach darf Ihr Arbeitgeber die Arbeitszeit nur überschreiten, wenn sie innerhalb von 24 Wochen wieder auf durchschnittlich 8 Stunden täglich ausgeglichen wird.

Was nicht zur Arbeitszeit zählt

Nicht alles, was auf den ersten Blick zur Arbeitszeit gehört, zählt auch tatsächlich dazu. Keine Arbeitszeit und nicht mitbestimmungspflichtig sind:

  • Rufbereitschaft ohne einen Arbeitseinsatz, etwa Ärzte im Hintergrunddienst
  • (Dabei handelt es sich um Zeiten, in denen sich Ihr Kollege außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit zur Arbeitsleistung auf Abruf bereithält. Dies kann er an einem Ort seiner Wahl tun. Erst bei einem Arbeitseinsatz hat der Kollege Anspruch auf Bezahlung, Europäischer Gerichtshof, 3.10.2000, Az. C-303/98.)
  • Wegzeiten von zu Hause an den Arbeitsplatz und zurück
  • Waschzeiten
  • Umkleidezeiten (Ausnahme: wenn das Umkleiden zwingend für die Tätigkeit erforderlich ist, z. B. Anlegen von Sicherheitskleidung, Anlegen einer für die Öffentlichkeit erkennbaren auffälligen Uniform, um nach außen hin einheitlich aufzutreten)
  • Unterbrechungen bei bestimmten Arbeitsleistungen aus Arbeitsschutzgründen, z. B. Lärmpausen

Tipp: Um Ihre Mitbestimmungsrechte möglichst effizient im Sinne Ihrer Kolleginnen und Kollegen zu nutzen, einigen Sie sich am besten mit Ihrem Arbeitgeber auf eine Betriebsvereinbarung. Dadurch schaffen Sie Rechtsklarheit für Ihre Kollegen. Ködern Sie Ihren Arbeitgeber mitdem Argument, dass er dann nicht wegen jeder Änderung der Arbeitszeit erneut mit Ihnen als Betriebsrat verhandeln muss.

Arbeitszeit

Bei der Schichtarbeit werden Arbeitnehmer nach einem bestimmten Zeitplan sukzessive an denselben Arbeitsstellen eingesetzt. Sie erledigen dabei ihre Arbeit innerhalb einer täglich oder wöchentlich definierten betrieblichen Rahmenarbeitszeit zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten.

Das sind mögliche Schichtsysteme

Schichtarbeit kann in den verschiedensten Formen eingeführt werden. Die häufigsten Modelle in der Praxis sind:

  • das 2-Schichtsystem mit einem Wechsel zwischen Früh- und Spätschicht an 5 Werktagen pro Woche,
  • das 3-Schichtsystem mit einem Wechsel zwischen Früh-, Spät- und Nachtschicht an 5 Werktagen in der Woche von Montag bis Freitag,
  • der kontinuierliche Schichtbetrieb mit 24 Stunden Arbeit an 7 Tagen in der Woche.

Bei der Schichtarbeit arbeitet immer ein Teil Ihrer Kolleginnen und Kollegen während der andere Teil arbeitsfrei hat. Die Beschäftigung bzw. der jeweilige Einsatz wird nach einem Schichtplan geregelt.

Arbeitet ein Kollege in Schichtarbeit, umfasst sein Werktag, bei dem die regelmäßige Arbeitszeit 8 Stunden nicht übersteigen darf, die Zeit vom Beginn der Schicht an einem Kalendertag bis zum Beginn der Schicht am nächsten Kalendertag. Grundsätzlich gilt auch für Schichtarbeiter, dass sie an Sonn- und Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen. Die Sonn- und Feiertagsruhe ist verfassungsrechtlich garantiert. 


Keine Regel ohne Ausnahmen

Dennoch gibt es Ausnahmen: Arbeiten Sie und Ihre Kollegen in einem mehrschichtigen Betrieb mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht, können Beginn und Ende der 24-stündigen Betriebsruhe um bis zu 6 Stunden vor- bzw. zurückverlegt werden. Das hat zur Folge, dass die Feiertagsruhe von 18 Uhr vor dem Feiertag bis 18 Uhr am Feiertag oder von 6 Uhr am Feiertag bis 6 Uhr am darauffolgenden Tag dauert.

Sofern ein geltender Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung nicht dagegenspricht, kann Ihr Arbeitgeber festlegen, wie viele Nachtschichten ein Arbeitnehmer hintereinander leisten muss. Weiter reicht die Freiheit Ihres Arbeitgebers allerdings nicht. Sie als Betriebsrat haben – wie in anderen arbeitszeitlichen Angelegenheiten auch – vielmehr weitreichende Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Das heißt konkret:

Das sind Ihre Mitbestimmungsrechte

Sie bestimmen mit, wenn Ihr Arbeitgeber Schichtarbeit einführen möchte. Hat er z. B. die Idee, einen neuen Dienstplan einzuführen, der das 2-Schichtsystem vorsieht, muss er sich nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zunächst mit Ihnen auseinandersetzen. Sie haben ein zwingendes Mitbestimmungsrecht.

Ihre Mitbestimmung umfasst allerdings nicht nur die Einführung von Schichtarbeit. Sie reden zudem mit, wenn Ihr Arbeitgeber ein bestehendes Schichtsystem ausweiten oder einschränken möchte. Und zwar auch dann, wenn es um die nähere Ausgestaltung des Schichtsystems im Detail geht, z. B. in wie viele Schichten die Belegschaft aufzuteilen ist. Gleiches gilt, wenn Ihr Arbeitgeber den Schichtplan oder den Beginn oder das Ende der Schichten ändern möchte.

Für Gesundheit einsetzen

Ihr Ziel muss sein, die negativen Folgen für die Gesundheit der Schichtarbeiter zu vermeiden bzw. zumindest abzumildern. Berufen Sie sich Ihrem Arbeitgeber gegenüber darauf, dass Schichtarbeit negative Auswirkungen auf den Schlafrhythmus, den allgemeinen Gesundheitszustand der Schichtarbeiter sowie das Unfallrisiko hat. Hinzu kommen Probleme bei der Anpassung an das soziale und familiäre Umfeld.

Setzen Sie sich dafür ein, dass auch Kollegen im Schichtdienst so weit wie möglich von familienfreundlichen Unternehmensstrukturen profitieren. Vereinbaren Sie mit Ihrem Arbeitgeber, dass die Betroffenen möglichst komplett freie Wochenenden erhalten und nicht nur Einzeltage freibekommen.

Bei all Ihren Überlegungen müssen Sie stets berücksichtigen, dass die Schichteinteilung zur jeweiligen Lebenssituation passen bzw. im Zweifel darauf abgestimmt werden sollte. So muss beispielsweise vermieden werden, dass junge Mütter bzw. Eltern von kleinen Kindern dauerhaft in der Nachtschicht eingesetzt werden. Auch Arbeitnehmer, die nach einer längeren Krankheit wieder in den Berufsalltag einsteigen, starten besser zunächst mit der Tagschicht.

Tipp: Gute Vorbereitung ist das A und O. Ich empfehle Ihnen, bevor Sie mit Ihrem Arbeitgeber in eine Diskussion über die Planung der Schichtarbeit einsteigen, sich eine Liste zu machen, welche Aspekte Sie berücksichtigt haben wollen, damit die Schichtarbeit so gesundheitsverträglich wie möglich gestaltet wird.

Wie Sie sehen, sind Ihre Mitbestimmungsrechte bei der Schichtarbeit umfangreich. Anhand der folgenden Übersicht können Sie schnell prüfen, ob Ihr Arbeitgeber Ihre Rechte gewahrt hat.

Übersicht: Mitbestimmungsrechte bei der Schichtarbeit

Prüfpunkte:

  • Ausweitung eines bestehenden Schichtsystems
  • Änderung eines bestehenden Schichtplans
  • Aufstellung eines neuen Schichtplans, der den Einsatz der einzelnen Arbeitnehmer regelt
  • Einschränkung eines bestehenden Schichtsystems
  • Absage von bereits eingeplanten Schichten
  • Regelung zum Beginn und Ende der Schichten
  • Festlegung von allgemeinen Grundsätzen über die Aufstellung von Schichtplänen
  • Schichtwechsel eines einzelnen Arbeitnehmers, der eine Versetzung darstellen könnte
  • Bei allen Punkten, die Sie bejahen, sind Sie zu beteiligen.