Betriebsschließung – Diese Folgen gibt es für Beschäftigte

Misswirtschaft, eine schwierige Marktlage oder Überschuldung können zu einer Betriebsschließung führen. In der Folge verlieren alle Beschäftigten ihren Job. Allerdings sind dabei verschiedene Regelungen und die Rolle des Betriebsrats zu berücksichtigen.
Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Betriebsschließung?

Als Betriebsschließung gilt, wenn ein Unternehmen seinen Betriebszweck endgültig aufgibt und dafür die gesamte Organisation des Betriebs auflöst. Eine vorübergehende Schließung durch den Arbeitgeber gilt nicht als Betriebsschließung.

Eine Betriebsschließung bezieht sich immer nur auf eine räumlich-organisatorische Einheit. Demnach muss bei einer Schließung nicht das gesamte Unternehmen gemeint sein, sondern es können auch nur einzelne Betriebe geschlossen werden, während das Unternehmen als GmbH oder AG mit seinen Unternehmern weiterhin Bestand hat.

Bsp: Ein Fahrzeughersteller schließt seine Lackiererei, dennoch bleibt die Produktion bestehen.

Auf eine Betriebsschließung folgen in der Regel betriebsbedingte Kündigungen durch den Arbeitgeber. Im Rahmen dessen entfällt die arbeitsrechtliche Sozialauswahl, da die Kündigung die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter in der organisatorischen Einheit gleichermaßen betrifft. Arbeitnehmer haben jedoch die Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage.

Was sind die rechtlichen Grundlagen für eine Betriebsschließung?

Grundlage für eine Betriebsschließung liefert das Betriebsverfassungsgesetz (§111 Satz 2 Nr.1 BetrVG). Demnach ist eine Betriebsschließung im Arbeitsrecht eine Form der Betriebsänderung. Das Gesetz schreibt bei mehr als zwanzig Mitarbeitenden vor, dass der Betriebsrat über die Änderungen durch die Betriebsschließung informiert wird und die dadurch entstehenden Nachteile für die Belegschaft aufgeführt werden:

“In Un­ter­neh­men mit in der Re­gel mehr als zwan­zig wahl­be­rech­tig­ten Ar­beit­neh­mern hat der Un­ter­neh­mer den Be­triebs­rat über ge­plan­te Be­triebsände­run­gen, die we­sent­li­che Nach­tei­le für die Be­leg­schaft oder er­heb­li­che Tei­le der Be­leg­schaft zur Fol­ge ha­ben können, recht­zei­tig und um­fas­send zu un­ter­rich­ten und die ge­plan­ten Be­triebsände­run­gen mit dem Be­triebs­rat zu be­ra­ten.”

Hat ein Unternehmen weniger als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer muss kein Betriebsrat über eine bevorstehende Betriebsänderung informiert werden. Allerdings gelten in beiden Fällen besondere Regelungen in Bezug auf das Kündigungsrecht, die Arbeitnehmer berücksichtigen müssen.

Bedeutet eine Betriebsschließung automatisch die betriebsbedingte Kündigung für Arbeitnehmer?

Üblicherweise ist eine Betriebsschließung für Arbeitnehmer gleichbedeutend mit einer betriebsbedingten Kündigung. Schließlich fällt mit der Betriebsstilllegung auch die Arbeitsgrundlage für die Beschäftigten weg.

Durch die betriebsbedingte Kündigung entfällt für Arbeitgeber auch die Sozialauswahl, da die Kündigung für alle Mitarbeitenden des stillgelegten Betriebs gleichermaßen gilt.

Durch die betriebsbedingte Kündigung bei einer Stilllegung des Betriebs liegen im Sinne des BGB (§626) wichtige Gründe vor, weshalb auch unkündbare Beschäftigte, die grundsätzlich einem besonderen Kündigungsschutz unterliegen, außerordentlich, jedoch unter Einhaltung der generellen Kündigungsfristen, gekündigt werden können. Unkündbarkeit, die mit dem besonderen Kündigungsschutz einhergeht, ist in diesem Fall eingeschränkt.

Das gilt auch für Mitglieder des Betriebsrats, Schwangere, Angestellte in Elternzeit oder schwerbehinderte Mitarbeitende, die ebenfalls einen besonderen arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz vorweisen. Allerdings gelten für die Gruppen außer dem Betriebsrat besondere arbeitsrechtliche Vorschriften. So müssen hier Zustimmungen der zuständigen Behörden durch den Arbeitgeber eingeholt werden, damit die betriebsbedingte Kündigung nach einer Betriebsschließung Bestand hat. Liegt hier die Zustimmung vor können auch Arbeitsverhältnisses, die unter normalen Umständen unkündbar wären, unter Einhaltung der Kündigungsfristen beendet werden.

Haben Arbeitnehmer bei einer Betriebsschließung Anspruch auf Abfindung oder Interessenausgleich?

Einen rechtlichen Anspruch auf eine Abfindung oder einen Interessenausgleich durch den Arbeitgeber gibt es nicht. Nur in Betrieben mit einem Betriebsrat können Abfindung oder ein Interessenausgleich im Rahmen eines Sozialplans nach der Kündigung mit dem Arbeitgeber ausgehandelt werden.

Allerdings gibt es Szenarien, in welchen kein Anspruch auf Abfindung besteht.

  • Umstrukturierung: Handelt ein Betriebsrat aus, dass die Beschäftigten eines geschlossenen Betriebs in einem anderen Betrieb desselben Unternehmens übernommen werden, besteht bei einer weiterführenden Betriebszugehörigkeit kein Anspruch auf Abfindung. Den Arbeitnehmenden wird dann eine Änderungskündigung seitens des Arbeitgebers ausgesprochen und gleichzeitig ein Angebot unterbreitet, am anderen Standort weiterarbeiten zu können. Müssen Beschäftigte dafür umziehen, kann der Sozialplan finanzielle Unterstützung vorsehen. Wer das Angebot jedoch ablehnt, kann keine Abfindung beanspruchen. Mögliche Ausnahmen gelten nur für Härtefälle, wenn Arbeitnehmer z.B. aus familiären oder gesundheitlichen Gründen den Wohnort nicht wechseln können.
  • Es gibt keinen Betriebsrat: Wurde im Unternehmen kein Betriebsrat gegründet, gibt es keine Instanz, die zum Aushandeln von Abfindungen nach Kündigungen berechtigt ist bzw. einen Sozialplan verhandeln kann. Die betriebsbedingten Kündigungen sind in der Regel wirksam, sodass Arbeitnehmer bei Betriebsänderungen kaum eine Chance haben, individuelle Abfindungen mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren.

Die Rolle des Betriebsrats bei einer Betriebsschließung

Ein Betriebsrat bietet Beschäftigten im Falle einer Betriebsschließung deutliche Vorteile. So kann nur der Betriebsrat einen Sozialplan aushandeln und für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Betriebs Abfindungsregelungen aushandeln.

Ist ein Unternehmen von einer Schließung bedroht, kann immer noch ein Betriebsrat gegründet werden. Rechtlich gesehen muss ein Betriebsrat zum Zeitpunkt der Entscheidung einer Betriebsschließung gegründet worden sein, um Abfindungen oder Sozialpläne aushandeln zu können.

In der Praxis ist dieser Zeitpunkt oftmals schwer zu ermitteln. Aus Arbeitnehmersicht sollte ein Betriebsrat spätestens dann ins Leben gerufen werden, wenn es erste Gerüchte um eine Betriebsschließung gibt.

Was bedeutet eine Betriebsschließung im Mutterschutz oder bei Elternzeit?

Wird ein Betrieb geschlossen, gibt es im Einzelfall besondere Kündigungsvorschriften, die Arbeitgeber berücksichtigen müssen.

  • Sind Mitarbeitende im Mutterschutz, findet §17 MuSchG Anwendung. Demnach muss die oberste Landesbehörde erst einer Kündigung zustimmen. Ansonsten gilt Kündigungsverbot.
  • In der Elternzeit greift §18 BEEG. Auch hier ist eine Kündigung nur in Ausnahmefällen möglich und muss durch die für den Arbeitsschutz zuständige Behörde genehmigt werden.

Muss der Arbeitgeber bei einer Betriebsschließung einen Sozialplan aufstellen?

Im Fall einer Betriebsschließung ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit dem Betriebsrat einen Sozialplan aufzustellen bzw. auszuhandeln. Können sich beide nicht einigen, greift eine Schiedsstelle ein.

Der Sozialplan soll die finanziellen Einbußen ausgleichen bzw. verringern, die Arbeitnehmende durch die Betriebsschließung haben. Diese Kompensation erfolgt in der Regel in Form von Abfindungen.

Wichtig: Nur der Betriebsrat kann bei einer Betriebsaufgabe einen Sozialplan vereinbaren. Einzelne Mitarbeitende sind nicht dazu berechtigt. In Unternehmen ohne Betriebsrat können entsprechend keine Sozialpläne und allgemeine Abfindungsregelungen getroffen werden.

Häufig kommt es kurz vor Betriebsschließung noch zur Gründung eines Betriebsrats, um mit dem Arbeitgeber Abfindungen im Rahmen eines Sozialplans aushandeln zu können.

Haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, gegen Massenentlassungen vorzugehen?

Damit ein Betrieb bei einer Schließung sehr viele Arbeitnehmer auf einmal entlassen kann, muss er dies bei der Arbeitsagentur anzeigen. Gesetzliche Grundlage dafür liefert das Kündigungsschutzgesetz (§17 KSchG). Verstößt ein Betrieb gegen das Kündigungsschutzgesetz, können die betriebsbedingten Kündigungen durch eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht für unwirksam erklärt werden. Dann zählen die üblichen Aspekte wie Länge der Betriebszugehörigkeit, Anzahl der Kinder etc.

Einspruchsmöglichkeiten gegen Massenkündigungen gibt es auch für Schwangere, Mitarbeitende in Elternzeit oder schwerbehinderte Arbeitnehmer. In diesen Fällen muss eine behördliche Genehmigung für die Kündigung vorliegen. Fehlt diese, kann eine Betriebsschließung rechtlich nicht vorgenommen werden.

Fazit: Betriebsschließung– Abfindung nur mit Betriebsrat wahrscheinlich

Im Falle einer Betriebsschließung bleiben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer meist ohne Abfindung zurück, wenn es in ihrem Betrieb keinen Betriebsrat gab. Umso wichtiger ist es für Beschäftigte, in Unternehmen ab 20 Personen einen Betriebsrat ins Leben zu rufen. So besteht im Falle einer durch Insolvenz oder Umstrukturierung erfolgten Betriebsstilllegung die Möglichkeit einen Sozialplan oder Interessenausgleich auszuhandeln. Doch auch bei einer Betriebsschließung greift das Kündigungsschutzgesetz. Für Arbeitnehmer in Mutterschutz oder Elternzeit sowie für Schwerbehinderte gelten auch bei einer Betriebsschließung besondere Regeln, die Betriebe beachten müssen.