Projektkosten kontrollieren: Die Earned-Value-Analyse
Wie Sie die Kosten Ihrer Projekte erfolgreich kontrollieren
Möglicherweise haben Ihre Mitarbeiter aber zum Stichtag A noch auf eine Marktanalyse gewartet und daher noch nicht mit eigenen Aktivitäten begonnen. Zum Stichtag B hingegen wurde schon früher als geplant mit einer aufwändigen Roadshow bei interessierten Unternehmen begonnen.
Der einfache Kostenvergleich zu den beiden Zeitpunkten ist irreführend: Das Controlling mag zum Zeitpunkt A begeistert sein, dass die Kosten niedriger sind als geplant, aber Sie als Projektleiter sehen das anders: Wichtige Arbeitsschritte wurden noch nicht begonnen.
Umgekehrt sind Sie zum Stichtag B sehr zufrieden, denn das Projekt ging schneller voran als geplant. Allerdings hat es auch mehr Kosten produziert.
Projektkosten kontrollieren mit Earned-Value-Analyse (EVA): So vergleichen Sie ergebnisorientiert
Die Ertragswertanalyse (Earned Value Analysis/EVA) bezieht Kosten und Leistungen eines Projekts aufeinander und erlaubt so eine integrierte Kontrolle: Zum Stichtag werden sowohl die Kosten als auch die Leistungen mit den Planwerten verglichen.
Die Herausforderung für Sie als Projektleiter: Sie müssen den Fertigstellungsgrad der einzelnen Arbeitspakete zum Stichtag ermitteln, um festzulegen, welche Leistungen bisher in der geplanten Menge und Qualität erbracht wurden.
Diese Basiskennzahlen benötigen Sie, um Projektkosten zu kontrollieren
Zur Durchführung der EVA legen Sie ein Statusdatum fest: entweder das aktuelle Datum oder ein zeitnahes Datum aus der Vergangenheit, beispielsweise aus der vergangenen Woche.
Aus Ihrer Projektplanung entnehmen Sie folgende Kennzahlen:
- PGK: geplante Fertigstellungskosten für die aktuellen Arbeitspakete oder für das Projekt
- gFG: geplanter Fertigstellungsgrad – das geplante Verhältnis der zum Stichtag erbrachten Leistung verglichen mit der Gesamtleistung der Arbeitspakete
Daraus erhalten Sie den geplanten Fertigstellungswert gFW, indem Sie die beiden Größen multiplizieren.
Zum Stichtag erheben Sie außerdem den IST-Stand:
- aIK: Die aktuellen IST-Kosten berechnen Sie aus den aufgelaufenen Kostenpositionen: Personal, Material, Schulung, externe Dienstleister, Gemeinkosten und sonstige Kosten.
- aFG: Der aktuelle Fertigstellungsgrad zum Stichtag ergibt sich aus dem Verhältnis der zum Stichtag erbrachten Leistungen zur geplanten Gesamtleistung der aktuellen Arbeitspakete.
- aFW: Den aktuellen Fertigstellungswert berechnen Sie, indem Sie den aktuellen Fertigungsstellungsgrad aFG mit dem geplanten Fertigstellungskosten PGK multiplizieren.
Achtung: Für die Berechnung des aktuellen Fertigungswerts ist es unerheblich, wie viel Kosten bisher tatsächlich aufgewendet wurden.
Analysieren Sie Abweichungen zwischen aktuellen Projektkosten (IST-Kosten) und Fertigstellungsgrad
Für die Ertragswertanalyse vergleichen Sie im letzten Schritt die aktuellen IST-Kosten aIK mit dem aktuellen Fertigstellungswert. Liegen die IST Kosten über dem Fertigungsstellungswert, dann heißt es aufgepasst:
Entweder wurden einzelnen Schritte in der Planung nicht bedacht oder vom Aufwand unterschätzt. Wenn Sie die Abweichung begründen, verhelfen Sie kommenden Projekten zu einer realistischeren Planung.
Sinnvolle Termine für eine Ertragswertanalyse zur Kontrolle von Projektkosten
Meist wird der Arbeitsfortschritt in wöchentlichen Abständen überprüft. Bei Projekten mit Laufzeiten von 8 bis 12 Monaten reicht auch ein monatlicher Check.
Es bietet sich an, diese Stichtage mit den Terminen der Betriebs- und Gehaltsabrechnung zu koordinieren. Denn dann liegen einige Zahlen der IST-Kosten sowieso vor.
Eine andere Möglichkeit ist, den Stichtag ergebnisorientiert festzusetzen, nämlich wenn bestimmte Arbeitspakete zu geplanten Meilensteinen abgeschlossen sind. Dadurch können Sie den Fertigstellungsgrad leichter ermitteln. Allerdings ist die Berechnung der Personal- und Gemeinkosten zu diesem Termin aufwändiger.
Praxis-Tipp zur Kontrollen von Projektkosten: Ermutigen Sie alle Projektmitarbeiter zu einem realistischen Reporting
In der Praxis beschönigen Mitarbeiter den Fortschritt leicht, weil sie befürchten, für Terminverzögerungen verantwortlich gemacht zu werden. Machen Sie allen deutlich: Abweichungen gehören zum Geschäft. Daraus lernen Sie für die nächste Planung.
Wichtig ist, dass eventuelle Probleme und Verzögerungen frühzeitig bekannt sind, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Auch die abschließenden Restarbeitszeiten werden häufig vom Zeitaufwand unterbewertet. Berichtet Ihnen ein Mitarbeiter, dass ein Vorgang zu 90 % abgeschlossen sei, dann fragen Sie nach, an welchen Zahlen er sich bei dieser Schätzung orientiert. Sonst werden aus den verbleibenden 10 % schnell weitere 30 %.