10 Regeln für ein effektives Kritikgespräch mit Ihrem Azubi

Es läuft nicht alles nach Plan in Ausbildungsverhältnissen. Wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht. Wo junge und unerfahrene Menschen tätig sind, gilt das erst recht. Wenn beispielsweise eine schlechte Einstellung dazu kommt, dann sind Sie gefordert: mit einem Kritikgespräch, das Mängel benennt, aber den Azubi nicht verletzt.
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Dieser Grat ist ein äußerst schmaler. Es macht keinen Sinn, den Auszubildenden mit Kritik zu überhäufen und dadurch den Druck zu erhöhen. Verkrampfung und Resignation könnten die Folge sein. Andererseits dürfen Sie Mängel nicht verschweigen: der Auszubildende hat ein Anrecht auf korrekte Informationen über seinen Leistungsstand. Ich gebe Ihnen heute Tipps, wie Sie diese Gratwanderung am besten bewältigen:

Zehn Tipps für Kritikgespräche mit Azubis

Tipp 1: Benennen Sie zu Beginn des Gesprächs den Anlass

Nach freundlicher Begrüßung sollten Sie dem Auszubildenden mitteilen, warum Sie dieses Gespräch mit ihm führen.

Beispiel: „Warum ich Sie sprechen will: Ich habe Sie ja im letzten Jahr als einen Menschen kennen gelernt, der pünktlich und zuverlässig im Betrieb und in der Schule arbeitet. Wie Sie wissen hat sich das in den letzten Monaten geändert. Gerade habe ich wieder einen entsprechenden Hinweis der Berufsschule erhalten.“

Tipp 2: Fragen Sie konkret nach der Ursache des Fehlverhaltens

Gehen Sie nicht automatisch davon aus, dass es sich um ein „normales Tief“ handelt, das vorüber geht. Oftmals gibt es ganz konkrete Gründe, über die der Azubi auch mit Ihnen redet. Dabei kommen in Frage:

  • Probleme in der Familie
  • Atmosphärische Störungen in der Ausbildungsabteilung
  • Lehrerwechsel in der Berufsschule

Wie Sie im Kritikgespräch mit dem Azubi gemeinsame eine Lösung finden

Tipp 3: Hören Sie sich den Standpunkt des Auszubildenden unvoreingenommen an

Möglicherweise haben Sie bislang längst nicht alle Informationen oder Sie wurden einseitig informiert. Machen Sie sich so ein möglichst objektives Bild von der Gesamtsituation. Das gilt insbesondere für den Fall, dass es während der Ausbildung zu Zwistigkeiten gekommen ist.

Tipp 4: Erarbeiten Sie gemeinsam Maßnahmen zur Lösung

Wenn Sie den Grund für das Fehlverhalten oder die schwachen Leistungen kennen, erleichtert das die zentrale Komponente des Kritikgesprächs: das gemeinsame Erarbeiten von Wegen, die zu einer Besserung führen. Verzichten Sie hierbei auf Monologe. Machen Sie Vorschläge und hören Sie sich die Meinung des Azubis hierzu an. Beispiele:

  • Schlagen Sie bei Leistungsproblemen in der Berufsschule „ausbildungsbegleitende Hilfen“ vor
  • Hat der Azubi Orientierungsschwierigkeiten im Betrieb, dann können Sie ihm einen Paten zur Seite stellen, beispielsweise einen älteren oder ehemaligen Auszubildenden.
  • Gibt es offensichtlich Schwierigkeiten mit dem Fachausbilder oder anderen Kollegen in der Ausbildungsabteilung, können Sie vorschlagen, den Ausbildungsplan oder die Zuordnung innerhalb einer Ausbildungsabteilung zu ändern.

Möglicherweise reagiert der Auszubildende sogar erleichtert auf Ihre Vorschläge. Zögern Sie dann nicht, diese umzusetzen.

Stichwort ausbildungsbegleitende Hilfen: Dabei handelt es sich um zusätzlichen Unterricht, der in der Regel von Bildungsträgern durchgeführt wird. Dieser kann sowohl während der Ausbildungszeit als auch nach Feierabend durchgeführt werden. Es kommen sowohl fachliche Lehrgänge als auch allgemeine oder persönlichkeitsbildende Maßnahmen in Frage. Antragstellung und Finanzierung läuft über die Bundesagentur für Arbeit. Für Sie als Ausbildungsbetrieb sind ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) immer kostenneutral.

Tipp 5: Machen Sie Konsequenzen des Fehlverhaltens deutlich

Gerade, wenn es an der Einstellung hapert, sollten Sie dem Auszubildenden die Folgen seines Verhaltens deutlich machen. Unpünktlichkeit, verlängerte Pausenzeiten, fehlende Mindestsorgfalt und Missachtung von Arbeitsschutzmaßnehmen dürfen Sie sich auf keinen Fall gefallen lassen. Aber natürlich müssen Sie auch unflätiges Verhalten sowie Aggressionen und Beleidigungen schnellstens unterbinden. Ansonsten hätte das fatale Wirkung auf zukünftiges Verhalten sowie auf die Einstellung der anderen Auszubildenden und Mitarbeiter.

Machen Sie daher deutlich, dass ggf.

  • eine Abmahnung folgt, wenn sich das Fehlverhalten nicht bessert (z.B. bei Unpünktlichkeit und Berufsschul-Schwänzen)
  • und auch eine Kündigung erfolgen kann, wenn sich das Fehlverhalten auch nach der Abmahnung nicht bessert.

Hinweis: Wegen schlechter Leistungen allein können Sie weder abmahnen noch kündigen. In diesem Fall sollten Sie allerdings die Auswirkungen auf Zwischen- und Abschlussprüfung deutlich machen. Und selbstverständlich die damit zusammenhängenden beruflichen Perspektiven erläutern.

Vereinbaren Sie gleich ein weiteres Kritikgespräch mit dem Azubi

Tipp 6: Machen Sie deutlich, welche Änderungen Sie erwarten

Sind die Mängel nicht ausschließlich leistungsbezogen, dann machen Sie dem Azubi klar, dass Sie Veränderungen im Verhalten erwarten. Verschweigen Sie nicht, dass Sie das künftig überprüfen werden und müssen. Gerade unentschuldigtes Fehlen und Unpünktlichkeit sind ohne weiteres überprüfbar. Aber auch negative Verhaltensweisen gegenüber Kollegen und Kunden werden Sie sich jetzt auch bei kleinen Vergehen sofort mitteilen lassen. Lassen Sie das den Auszubildenden wissen.

Weisen Sie aber auch darauf hin, dass Sie perspektivisch Eigenverantwortung und Selbstkontrolle erwarten. Das sind schließlich Voraussetzungen, um auch nach der Ausbildung im Beruf zu bestehen.

Tipp 7: Vereinbaren Sie einen neuen Gesprächstermin

Damit soll deutlich werden, dass die Ziele nicht im Sande verlaufen, sondern deren Erreichen nach einer angemessenen Phase von wenigen Monaten wieder zur Sprache kommt. Es geht weniger darum, sofort einen genauen Termin festzulegen. Es soll vielmehr deutlich werden, wie lange der Auszubildende Zeit hat, um zumindest erste Verbesserungen vorzunehmen.

Beispiel: „Ich werde Sie in 3 Monaten wieder zu einem Gespräch einladen. So haben Sie ausreichend Zeit, um zu beweisen, dass es auch anders geht.“

Wichtig: Laden Sie zu diesem Gespräch auch tatsächlich zum vereinbarten Zeitpunkt ein. Ansonsten machen Sie sich für die Zukunft unglaubwürdig.

Tipp 8: Halten Sie die Gesprächsergebnisse schriftlich fest

Auch wenn es Mühe macht: Sie sollten sich die Zeit nehmen, um das Kritikgespräch zu protokollieren. Nur so können Sie gezielt später auf gemachte Vereinbarungen zurückkommen. Sie erkennen zukünftige Entwicklungen schneller und wissen diese als positiv oder negativ einzuschätzen.

Weitere Vorteile bestehen darin, dass sich der Auszubildende,

  • bei positiver Entwicklung individuell betreut fühlt, wenn Sie in einem weiteren Gespräch seine verbesserte Einstellung loben
  • bei ausbleibenden Verbesserungen kontrolliert und überführt fühlt, wenn Sie ihm nicht eingehaltene Abreden später vorhalten. Das erhöht sein Verständnis für mögliche Konsequenzen.

Tipp 9: Bleiben Sie immer sachlich und angemessen freundlich

Führen Sie das gesamte Gespräch freundlich, sachlich, taktvoll und deutlich. Eine angenehme Atmosphäre des Gesprächs, das möglichst unter 4 Augen stattfinden sollte, ist wichtig. Verwenden Sie dabei eine Sprache, die der Auszubildende versteht. Insbesondere bei der Beschreibung des Fehlverhaltens, bei der Entwicklung von Strategien zur Besserung und bei den möglichen Konsequenzen im Negativfall darf es keine Missverständnisse geben.

Tipp 10: Lassen auch Sie Worten Taten folgen

Was Sie in einem Kritikgespräch von sich geben, müssen Sie unbedingt auch so umsetzen. Sind Sie inkonsequent, bedeutet das ein massiver Verlust an Autorität.

Konkret bedeutet das:

  1. Haben Sie Konsequenzen angekündigt, für den Fall, dass keine Besserung eintritt, dann müssen Sie diese auch umsetzen, z.B. erneute Ermahnung, Abmahnung und ggf. Kündigung.
  2. Haben Sie Hilfestellung zugesagt, dann sollten Sie eine Einhaltung auch sicherstellen. Tun Sie das besten sofort nach dem Kritikgespräch. Machen Sie damit deutlich, dass es an Ihnen nicht liegt und dass nunmehr der Azubi am Zuge ist.