So berechnen Sie die Beiträge für mehrfachbeschäftigte Mitarbeiter
In vielen Fällen hat die Mehrfachbeschäftigung Auswirkungen auf die Beitrags- und Lohnsteuerberechnung. Das gilt nicht nur bei Minijobbern, sondern auch bei viel verdienenden Mehrfachbeschäftigten.
„Patchworking“ heißt der Trend, gleichzeitig mehrere Jobs auszuüben. Ob hiervon auch die Mitarbeiter Ihres Unternehmens betroffen sind, sollten Sie in regelmäßigen Abständen und bei jeder Neueinstellung prüfen. Nehmen Sie dabei nicht nur teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter unter die Lupe – auch die Einkommen aus Vollzeitstellen werden zunehmend durch Zweittätigkeiten aufgestockt. Keinesfalls dürfen Sie Mehrfachbeschäftigungen einfach ignorieren, denn eine Mehrfachbeschäftigung wirkt sich insbesondere aus auf
1. die Sozialversicherungspflicht, wenn die Einkommen zusammen bestimmte Entgeltgrenzen überschreiten (z. B. 450 €). Dabei ist es gleichgültig, ob Sie davon wussten oder nicht. Ihr Unternehmen ist auf alle Fälle in der Pflicht;
2. die Sozialversicherungsbeiträge. Für die Berechnung der Beiträge existieren bei Mehrfachbeschäftigten Sonderregeln. Beachten Sie diese Regelungen nicht, riskieren Sie Nachzahlungen für Ihr Unternehmen;
3. die Arbeitszeit. Auch mehrere Tätigkeiten zusammen dürfen die zulässige Höchstarbeitszeit nicht überschreiten. Hier sind alle Arbeitgeberunternehmen in der Kontrollpflicht.
Wie Sie rechtssichere Informationen über Mehrfachbeschäftigungen erhalten
Bei Mitarbeitern in Teilzeit sollten Sie hin und wieder nachhaken, ob sie mehrere Tätigkeiten ausüben, und bei allen Mitarbeitern die Ohren offen halten.
Außerdem erfahren Sie auf folgende Weise von Mehrfachbeschäftigungen:
- Der Mitarbeiter muss für die Anmeldung zum Elster II-Verfahren angeben, ob es sich bei der Tätigkeit in Ihrem Unternehmen um eine Haupt- oder eine Nebentätigkeit handelt. Ist es eine Nebentätigkeit, übt er folglich noch irgendwo eine Haupttätigkeit aus.
- Die Steuerklasse VI ist ein Indiz für eine weitere Tätigkeit.
- Die Krankenkassen melden Ihnen maschinell, wenn das laufende Entgelt eines Mehrfachbeschäftigten mindestens eine Beitragsbemessungsgrenze überschreitet oder innerhalb der Gleitzone liegt.
- Ihr Unternehmen kann eine Anzeigepflicht mit in den Arbeitsvertrag aufnehmen. Bei neuen Minijobbern sind Sie sogar gesetzlich dazu verpflichtet, die Mehrfachbeschäftigung schriftlich abzufragen:
450-€-Kräfte
Bei jedem neuen geringfügig entlohnten Minijobber müssen Sie prüfen, ob dieser einen weiteren 450-€-Job ausübt, der zum Überschreiten der Entgeltgrenze führen kann (§ 8 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) IV). Kommen Sie diesen Pflichten nicht nach oder können Sie es nicht nachweisen, dass Sie dieser Pflicht nachgekommen sind, wird Ihr Unternehmen unter Umständen zu Nachzahlungen herangezogen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, Sie über seine weiteren Tätigkeiten zu unterrichten. Möglich ist es auch, eine entsprechende Bestätigung mit in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Nehmen Sie das Schreiben mit zu den Lohnunterlagen.
Kurzfristig beschäftigte Aushilfen
Eine Prüfpflicht haben Sie auch bei neu eingestellten kurzfristig beschäftigten Aushilfen. Hier überprüfen Sie, ob der Mitarbeiter mit einer weiteren kurzfristigen Beschäftigung, die er irgendwann im Kalenderjahr ausübt oder ausgeübt hat, die Grenze von 70 Arbeitstagen/3 Monaten überschreitet (§ 8 Abs. 2 SGB IV). Eine Entgeltgrenze gilt hier nicht. Die Sozialversicherungsfreiheit dieser Mitarbeiter endet bzw. entfällt rückwirkend, wenn sich herausstellt, dass die zeitliche Grenze z. B. durch Mehrfachbeschäftigung überschritten wurde.
Musterformulierung: Erklärung zu weiteren Minijobs
Dem Arbeitnehmer ist bekannt, dass bei mehreren geringfügig entlohnten Beschäftigungen (mehreren kurzfristigen Beschäftigungen) eine Zusammenrechnung erfolgt und die Arbeitsverhältnisse bei Überschreiten des monatlichen Entgelts von 450 € (der Grenze von 70 Arbeitstagen/3 Monaten jährlich) vollständig sozialversicherungspflichtig werden. Dem Arbeitnehmer ist außerdem bekannt, dass er verpflichtet ist, den Arbeitgeber über weitere Beschäftigungen aufzuklären.
Er erklärt,
- keine weiteren Beschäftigungen auszuüben oder
- folgende weitere Beschäftigungen auszuüben: __________________
- die Aufnahme einer weiteren Beschäftigung dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen.
Der Mitarbeiter wurde darüber aufgeklärt, dass er sich bei Verletzung seiner Aufklärungspflichten gegebenenfalls schadensersatzpflichtig macht.
Minijobs: Das gilt für die Abgaben
Arbeitet ein Mitarbeiter in mehreren 450-€-Minijobs und übersteigen die Entgelte aus den Beschäftigungen die 450-€- Grenze nicht, gelten keine Besonderheiten.
Sie und alle anderen Arbeitgeber führen die Pauschalen aus den entsprechenden Entgelten ab.
Beispiel
Ein Minijobber verdient in Ihrem Unternehmen (Arbeitgeber A) 250 € monatlich, bei Arbeitgeber B 100 € und bei Arbeitgeber C ebenfalls 100 €. Sie und die beiden anderen Arbeitgeber zahlen jeweils eine Pauschale von monatlich 30 % des Entgelts:
Arbeitgeber A: Die Pauschale Ihres Unternehmens beläuft sich auf insgesamt 75 € (37,5 € zur Rentenversicherung (15 %), 32,5 € zur Krankenversicherung (13 %) und ggf. 5 € Pauschalsteuer (2 %). Arbeitgeber B und C Die Pauschalen von
Arbeitgeber B und C: betragen jeweils 30 € (15 € zur Rentenversicherung, 13 € zur Krankenversicherung und 2 € Pauschalsteuer).
So gehen Sie vor, wenn das Entgelt in der Gleitzone liegt
Alle Arbeitgeber des Mitarbeiters wenden die Bestimmungen über die Gleitzone an, wenn das Gesamtentgelt des Beschäftigten zusammengerechnet innerhalb der Gleitzone liegt (mehr als 450 € und maximal 850 € monatlich). Beispiel: Ein Mitarbeiter Ihres Unternehmens verdient 350 €, bei Arbeitgeber B 200 € und bei Arbeitgeber C 150 €. Die Entgelte müssen zusammengerechnet werden und ergeben insgesamt 700 €. Alle Arbeitgeber sind verpflichtet, nach den Gleitzonenregelungen vorzugehen.
Wenden Sie eine besondere Formel an
Für die Berechnung des Gleitzonenentgelts müssen sämtliche Arbeitgeber eines mehrfachbeschäftigten Mitarbeiters in der Gleitzone aber eine abgeänderte Formel anwenden. Der Grund: Der Abschlag, der sich aus der Gleitzonenformel ergibt, kann insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden und nicht jeweils komplett pro Beschäftigungsverhältnis.
In diesen Fällen berechnet sich die beitragspflichtige Einnahme nach der erweiterten (ab 1.1.2016 geltenden) Gleitzonenformel wie folgt:
[F x 450 + ([850 : (850–450)] – [450 : (850 – 450)] x F) x (GAE – 450)] x EAE : GAE
F = 0,7547
GAE = Gesamt-Arbeitsentgelt
EAE = Einzel-Arbeitsentgelt
Vereinfacht lautet die Formel:
((1,2759625 x GAE – 234,568125) x EAE ) : GAE
Das Ergebnis der Berechnung runden Sie auf 2 Dezimalstellen.
In Fällen der Mehrfachbeschäftigung multiplizieren Sie auch dann, wenn das Einzelentgelt unter 450,01 € liegt, nicht einfach mit dem Faktor F (2016: 0,7547). Entscheidend ist hier vielmehr, dass das Gesamtarbeitsentgelt innerhalb der Gleitzone liegt.
Üben Beschäftigte in der Gleitzone mehrere versicherungspflichtige Tätigkeiten aus und überschreiten die Entgelte insgesamt den Rahmen der Gleitzone, gelten für alle Beschäftigungen zusammen die Beitragsbemessungsgrenzen (BBG) nur einmal.
Übersteigt das Entgelt aus allen versicherungspflichtigen Beschäftigungen zusammen die BBG, zahlt der einzelne Arbeitgeber nur anteilige Beiträge.
Für die Ermittlung des beitragspflichtigen Entgelts aus der jeweiligen Beschäftigung gilt folgende Formel:
Jeweilige BBG × EAE : GAE
Beispiel: Ein Mitarbeiter Ihres Unternehmens verdient bei Ihnen (Arbeitgeber A) 800 €, bei einem weiteren (Arbeitgeber B) 700 € und bei Arbeitgeber C 3.000 € (Gesamtentgelt 4.500 €). Die Gleitzonenregelung ist nicht anwendbar, da eine Zusammenrechnung der Entgelte stattfindet und diese 850 € monatlich übersteigen. Daraus ergeben sich folgende Beitragsbemessungsgrenzen für die Beiträge zur Krankenversicherung (BBG 2016: 4.237,50 €):
Arbeitgeber A: 4.237,50 € x 800 € : 4.500 € = 753,33 €
Arbeitgeber B: 4.237,50 € x 700 € : 4.500 € = 659,17 €
Arbeitgeber C: 4.237,50 € x 3.000 € : 4.500 € = 2.925 €
Achtung: Seit dem 1.1.2012 hatten Sie bei einer versicherungspflichtigen Mehrfachbeschäftigung gegenüber der zuständigen Krankenkasse eine GKV-Monatsmeldung abzugeben. Zum 1.1.2015 sind diese Meldung und die Rückmeldung der Krankenkasse über die Höhe des Gesamtarbeitsentgelts wieder entfallen. Die Einzugsstelle prüft seitdem bei einer versicherungspflichtigen Mehrfachbeschäftigung auf Grundlage der eingegangenen Entgeltmeldungen, ob die in dem sich überschneidenden Meldezeitraum erzielten Arbeitsentgelte insgesamt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung überschreiten. Wenn das der Fall ist, fordert die Einzugsstelle die beteiligten Arbeitgeber auf, für den zu beurteilenden Zeitraum GKV-Monatsmeldungen abzugeben. Nach § 28 Abs. 1 Nr. 10 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) erstatten Sie auf diese Anforderung hin eine Meldung durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels maschinell erstellter Ausfüllhilfen.