Beschaffungsmodelle: Wie Sie das richtige Beschaffungsmodell für Ihren Bedarf finden
Seit der Liberalisierung dieses Systems kann jedoch praktisch jeder ein passendes Konzept für sich finden und nutzen. Wir stellen Ihnen hier die 3 gängigen Beschaffungsmodelle vor, die für die meisten Industriebetriebe relevant sind.
1.Beschaffungsmodell – der Festpreis
Der Klassiker unter den Verträgen: feste Energiepreise für eine feste Laufzeit. Netzent- gelte und Steuern sind variabel.
Dieser Vertrag ist für kleinere Industriebetriebe mit Verbräuchen unter 10 GWh mit Abstand die am meisten gewählte Vertragsform.
Ein Festpreis ist ideal, wenn man sich nach Vertragsabschluss nicht weiter mit Optionen der Beschaffung herumschlagen möchte. Der Vertrag ist einfach, bedarf kaum einer Erklärung und wird auch deshalb sicher gern gewählt.
Vorteile:
- klares Preissystem
- Preisstabilität – gut bei steigenden Energiepreisen
- Planungssicherheit – wichtig bei energieintensiven Produkten
Nachteile:
- Bei fallenden Energiepreisen lassen sich bessere Preise realisieren.
- unflexibles System, das sich bei längeren Vertragslaufzeiten nicht an verändernde Abnahmesituationen anpassen lässt
Beispiel: Für eine Verbrauchsmenge von V = 1.000.000 kWh wird ein fester Energiepreis (EP) von 6 ct/kWh vereinbart.
Berechnung Jahresenergiekosten: EK = EP * V / 100 EK = 6 ct/kWh * 1.000.000 kWh / 100 EK = 60.000 €
2. Beschaffungsmodell – der Tranchenkauf
Die Verbrauchsmenge wird geteilt und an mehreren Zeitpunkten eingekauft. Dadurch wird das Risiko minimiert, die Kaufentscheidung am falschen Tag getroffen zu haben.
Mittels einer vertraglichen Formel für den Arbeitspreis entsteht so ein Mischpreis. Durch ein automatisiertes System lässt sich ein wirtschaftlich gutes Ergebnis bei minimalem Verwaltungsaufwand realisieren.
Als Grundlage der Formelberechnung dient das Lastprofil des Kunden. Je nach Struktur des Verbrauchs wird der jeweilige Base- und Peak-Anteil festgelegt. Je nach Angebot lässt sich die Anzahl der Tranchen frei verhandeln. Üblich sind 4 oder 12 Tranchen.
Eine andere Option bietet die Möglichkeit, an jedem Handelstag der Börse entsprechend einen kleinen Teil der Energie zu kaufen. So erhält man einen absolut durchschnittlichen Energiepreis.
Vorteile:
- Es lässt sich ein guter (durchschnittlicher) Preis realisieren.
- Einfache Administration des Einkaufs.
- Lange Vertragslaufzeiten erzeugen keine Preisunsicherheiten, da bei Ver- tragsabschluss nicht die gesamte Menge gekauft wird.
- Man kauft nicht zum schlechtesten Zeitpunkt.
- Die Kaufentscheidung für eine Tranche wird leichter getroffen als für die Ge- samtmenge.
Nachteile:
- Meist beschäftigt man sich über das Jahr verteilt mit dem Einkauf.
- Das Ergebnis der Energiebeschaffung wird durchschnittlicher.
- Man kauft nicht zum besten Zeitpunkt.
Beispiel: Ein Verbrauch von VG = 16.000.000 kWh wird in 4 gleich großen Tranchen zu je 4.000.000 kWh aufgeteilt. Für die Berech- nung des Energiepreises (EP) wird folgende Formel vereinbart: EP = (x * Base) + (y * Peak) + z
Dabei gilt:
- x = Anteil an Base
- Base = Tagesendpreis der an der EEX gehandelten Jahrespreise für Base (Phelix Baseload Year Futures) = 0,7
- y = Anteil an Peak
- Peak = Tagesendpreis der an der EEX gehandelten Jahrespreise für Peak (Phelix Peakload Year Futures) = 1 – x = 0,3
- z = Zuschlag für Verwaltungsaufwand = 0,20 ct/kWh
Beispiel: Einkaufzeitpunkte und zugehörige Börsenpreise der einzelnen Tranchen:
Berechnung Energiepreis (EP): EP = (x * Base) + (y * Peak) + z EP = (0,7 * 5,428 ct/kWh) + (0,3 * 6,727 ct/kWh) + 0,2 ct/kWh EP = 3,7996 ct/kWh + 2,0181 ct/kWh + 0,2 ct/kWh EP = 6,0177 ct/kWh
Berechnung Jahresenergiekosten (EK): EK = EP * VG / 100 EK = 6,0177 ct/kWh * 16.000.000 kWh / 100 EK = 962.832 €
3. Flexible Beschaffungsmodelle am Termin- und Spotmarkt
Die flexiblen Beschaffungsmodelle stellen eine Weiterentwicklung der oben genannten Beschaffungsstrategien dar. Ein Teil (beispielsweise 50 %) des Energieverbrauchs wird als Fest- oder Tranchenprodukt am Terminmarkt (also vor Lieferbeginn) eingekauft, wohingegen der andere Teil als Tranchenkauf am Spotmarkt (während der Belieferung) beschafft wird.
Vorteil: Das Risiko wird dadurch weiter gestreut, da der deutlich ausgedehnte Beschaffungszeitraum nun auch in das Jahr der Belieferung hineinfällt. Der so realisierte Energiepreis orientiert sich während der Lieferzeit je nach Anteil der Spotmarktnutzung mehr oder weniger stark an den Börsenpreisbewegungen während der Belieferung.
Dieses Vertragsmodell ist insbesondere dann interessant, wenn keine langfristige Mengenplanung durchgeführt werden kann. So kann durch den flexiblen Spotmarktanteil die Energiemenge bis kurz vor Belieferung entsprechend dem Liefervolumen angepasst werden.
Vorteile:
- sehr flexibel in der Veränderung der Verbrauchsstruktur und der Verbrauchs- mengen
- Lieferpreis ist nah am aktuellen Marktgeschehen.
Nachteile:
- arbeitsintensives Modell
- Bei starken Preisveränderungen am Spotmarkt kann nicht mehr anders beschafft werden.
- Der tatsächliche Energiepreis steht erst kurz vor Belieferung fest – es gibt nur eine geringe Planungssicherheit.
Beispiel: Ein Verbrauch von VG = 20.000.000 kWh (20 GWh) wird zur Hälfte als Festpreis (VF = 10 GWh) und zur Hälfte als Tranchenkauf am Spotmarkt (VT = 10 GWh) beschafft. Als Energiepreis für den Verbrauch, der über den Festpreis beschafft wird, wird ein Preis von EPF = 6 ct/kWh vereinbart. Jeweils die Hälfte des gesamten Tranchenverbrauchs wird an folgenden Zeitpunkten zu folgenden Spotmarktpreisen eingekauft:
Damit ergibt sich ein Einkaufspreis für den Verbrauch, der über die Tranchen in Höhe von EPT = 5,200 ct/kWh beschafft wird.
Berechnung Energiepreis (EP): EP = ((EPF * VF) + (EPT * VT)) / MengeG EP = ((10 GWh * 6,00 ct/kWh) + (10 GWh * 5,20 ct/kWh)) / 20 GWh EP = (600.000 € + 520.000 €) / 20 GWh EP = 1.120.000 € / 20 GWh EP = 5,60 ct/kWh
Berechnung Energiekosten (EK): EK = EP * VG EK = 5,60 ct/kWh * 20 GWh / 100 EK = 1.120.000 €
Hinweis: Bei allen Beispielen handelt es sich nur um die Kosten der Energiebelieferung. Netznutzungsentgelte sowie Steuern und Abgaben sind hier nicht berücksichtigt.
Das sind gesetzlich geregelte Preisbestandteile, die weder Versorger noch Kunden beeinflussen können; sie werden daher in der Regel über die gesamte Laufzeit 1:1 vom Versorger an den Kunden durchgereicht.