Größe und Erfolgsaussichten zählen
Die Finanzverwaltung versucht die Unternehmen herauszufiltern, bei denen aufgrund ihrer Umsätze und ihrer Unternehmensstruktur eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Mehrergebnis im Rahmen einer Betriebsprüfung besteht. Fest macht der Fiskus das an der Unternehmensgröße.
Diese Logik steht dahinter
Dahinter steht die Logik, dass in einem großen Unternehmen mit internationalen Geschäftsverbindungen die Wahrscheinlichkeit für Fehler wesentlich größer ist als bei einem Kiosk an der Straßenecke. Außerdem geht es bei größeren Unternehmen natürlich auch gleich um ganz andere Beträge. Damit die Prüfer sinnvoll eingesetzt werden können, bildet die Finanzverwaltung sogenannte Betriebsgrößenklassen.
Diese Betriebsgrößenklassen gelten
Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 20.8.2009, Az. IV A 4 – S 1450/08/10001, DOK 2009/0499217, die nach wie vor gültige Einteilung der Betriebsgrößenklassen ab dem 1.1.2010 veröffentlicht.
Ziel der Einteilung ist es, die Ressourcen der Betriebsprüfer dort einzusetzen, wo sich die Finanzverwaltung ein hohes Mehrergebnis verspricht.
Auf die Tätigkeit kommt es an
Ausgehend vom Tätigkeitsschwerpunkt Ihres Unternehmens teilt der Fiskus Ihren Betrieb einer bestimmten Größenklasse zu. Suchen Sie zunächst in der folgenden Tabelle in der 1.Spalte den auf Ihr Unternehmen zutreffenden Tätigkeitsschwerpunkt heraus. Erst im 2. Schritt orientieren Sie sich am Umsatz oder am steuerlichen Gewinn.
Ein Grenzwert überschritten, das reicht
Je Größenklasse finden Sie in der Tabelle 2 Angaben: Umsatz und Gewinn. Entscheidend für die Zugehörigkeit zu einer Größenklasse ist der jeweils höchste Wert.
Achtung: Es ist nicht erforderlich, dass Sie die Umsatz- und Gewinngrenzen gleichzeitig überschreiten. Ein Grenzwert reicht.
Beispiel:
Sie sind Steuerverantwortlicher für einen Handelsbetrieb mit einem Umsatz von 6,43 Mio. €. Das Unternehmen erwirtschaftet einen steuerlichen Gewinn von 270.000 €. Aufgrund der Umsatzgrenze von 6,9 Mio. € gehört Ihr Unternehmen noch nicht zu den Großbetrieben. Da Sie mit dem Gewinn aber oberhalb des Grenzwerts von 265.000 € liegen, erfüllen Sie die Größenmerkmale eines Großbetriebs.
Das bedeutet für Sie:
Die nächste Betriebsprüfung ist nur noch eine Frage der Zeit.
Tipp: Gegensteuern könnten Sie nur dadurch, dass Sie Ihren Gewinn unter die magische Grenze von 265.000 € drücken. Dabei ist es ausreichend, den Grenzwert um 1 € zu unterschreiten, da die Merkmale computergesteuert gesetzt werden.
Automatische Einteilung
Da sich die Einstufung ab dem 1.1.2010 an den Kriterien der letzten beim Fiskus vorliegenden Steuererklärung orientiert, sollten Sie entweder
- steuerliche Wahlrechte (z. B. Rückstellungen) so ausschöpfen, dass Sie unter den Grenzwerten der nächsthöheren Kategorie bleiben, oder
- die Möglichkeit nutzen, Ihre Steuererklärung später abzugeben. Dies ist aber nur dann sinnvoll, wenn sich die dem Fiskus vorliegenden Werte noch in der nächstniedrigeren Rubrik befinden.
Beispiel:
Mit Ihrem Handelsbetrieb erzielen Sie einen Umsatz von 830.000 €. Ihr Gewinn beträgt 280.000€. Geben Sie Ihre Körperschaftsteuererklärung 2008 erst im Verlauf des Jahres 2010 beim Fiskus ab, gilt Ihr Betrieb auch für die nächsten 3 Jahre als Mittelbetrieb. Die Wahrscheinlichkeit für eine Betriebsprüfung sinkt. Anstatt theoretisch alle 4,4 Jahre geprüft zu werden, verschaffen Sie sich jetzt Luft für immerhin 12,8 Jahre.
Auswertung Ihrer Umsatzsteuervoranmeldungen
Ihre elektronisch übermittelten Umsatzsteuervoranmeldungen werden automatisch ausgewertet. Daher ist z. B. eine späte Abgabe Ihrer Körperschaftsteuererklärung nur dann sinnvoll, wenn sich Ihre Umsatzkennzahlen noch im Bereich des Mittelbetriebs, Ihr Gewinn aber im Bereich der Großbetriebe befindet.
Vorsicht Einkommensmillionäre
Nicht nur Unternehmen unterliegen der Betriebsprüfung. Auch die sogenannten Einkommensmillionäre sind in das besondere Visier der Finanzverwaltung gerückt – egal ob Unternehmer oder gutverdienende Angestellte.
Für Sie gilt:
Überschreitet die Summe Ihrer positiven Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr 4 – 7 EStG) 500.000 €, müssen Sie sich auf eine Betriebsprüfung Ihrer privaten Vermögensverhältnisse einstellen.
Achtung: Eine Verrechnung z. B. mit Verlusten findet nicht statt.
Tipp: Nicht mit einzurechnen sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, freiberuflicher Tätigkeit oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, da diese Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1– 3 EStG) hier ausgenommen sind.
Übersicht: Größenklasseneinteilung seit dem 1.1.2010
Alle Werte in € | Betriebsmerkmale | Großbetriebe (G) | Mittelbetriebe (M) | Kleinbetriebe (K) |
---|---|---|---|---|
Handelsbetriebe | Aktivvermögen oder steuerlicher Gewinn | über 6,9 Mio. über 265.000 | über 840.000 über 53.000 | über 160.000 über 34.000 |
Fertigungsbetriebe | Aktivvermögen oder steuerlicher Gewinn | über 4,0 Mio. über 235.000 | über 480.000 über 53.000 | über 160.000 über 34.000 |
Freie Berufe | Aktivvermögen oder steuerlicher Gewinn | über 4,3 Mio über 540.000 | über 790.000 über 123.000 | über 160.000 über 34.000 |
Andere Leistungsbetriebe | Aktivvermögen oder steuerlicher Gewinn | über 5,3 Mio. über 305.000 | über 710.000 über 59.000 | über 160.000 über 34.000 |
Kreditinstitute | Aktivvermögen oder steuerlicher Gewinn | über 128 Mio. über 530.000 | über 33 Mio. über 180.000 | über 10 Mio. über 43.000 |
Fälle mit bedeutenden Einkünften | Aktivvermögen oder steuerlicher Gewinn | Einstufung immer als Großbetrieb |
Andere Bundesländer, andere Sitten
Unter den 16 Bundesländern in Deutschland gibt es regional erhebliche Unterschiede, was die Intensität der Betriebsprüfungen angeht. Da verwundert es nicht, dass einige Bundesländer ganz offen damit werben, dass der Betriebsprüfungsturnus für z. B. Mittelbetriebe länger ist als in anderen Bundesländern.
Länder machen einander Wettbewerb
- beim Prüfungsturnus
Mit einem großzügigeren Prüfungsturnus sollen Betriebe dazu bewegt werden, ihren Betriebssitz vom Bundesland A in das Bundesland B zu verlegen. Aber auch innerhalb der Bundesländer gibt es Unterschiede. So legen z. B. Finanzämter im Bereich der Oberfinanzdirektion (OFD) Münster andere Prüfungsschwerpunkte als die der OFD Rheinland. - bei der Prüfungsdauer
Manche Bundesländer geben ihren Betriebsprüfern auch nur eine bestimmte Zahl von Tagen für die Betriebsprüfung Zeit. Die reichen kaum, um sinnvoll zu prüfen. - Und der technischen Ausstattung
Auch bei der technischen Ausstattung der Prüfer gibt es erhebliche Unterschiede. Während in NRW die meisten Prüfer mit der wegen ihrer Effizienz gefürchteten Software IDEA vertraut sind, gibt es Finanzämter, die nur auf Anforderung spezielle IDEA-Prüfer einsetzen. Hier fordert der Prüfer vor Ort den Spezialisten an, der dann die Daten filtert und aufbereitet.