Arbeitszeugnisse haben für die berufliche Entwicklung von Arbeitnehmern erhebliche Bedeutung. Die Bewertung des Leistungs- und Führungsverhaltens durch den Arbeitgeber bzw. ehemalige Arbeitgeber spielt bei der Einstellungsentscheidung des neuen Arbeitgebers meist eine bedeutende Rolle.
Arbeitszeugnis muss auf branchenübliche Aspekte eingehen
Denn durch ein solches Zeugnis erfährt der Arbeitgeber von einem Dritten, der mit der aktuellen Entscheidung nichts zu tun hat, mehr über das fachliche und nicht-fachliche Leistungsvermögen. Damit es diese Funktion erfüllen kann, ist der Arbeitgeber allerdings an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Er muss z. B. Grundsätzlich auch auf branchenübliche Aspekte eingehen. Er darf zudem übliche Formulierungen nicht ohne sachliche Rechtfertigung einfach weglassen. Tut er das, steht dem Arbeitgeber ein Anspruch auf Ergänzung zu (Bundesarbeitsgericht (BAG), 12.8.2008, Az. 9 AZR 632/07).
Arbeitszeugnis enthielt keine Angaben zur Belastbarkeit in Stresssituationen
Der Arbeitgeber, der eine Zeitung herausgibt, beschäftigte einen Redakteur in der Zeit von Februar 1993 bis März 2003. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein qualifiziertes Zeugnis. Dieses enthielt jedoch keine Angaben zur Belastbarkeit des Arbeitnehmers in Stresssituationen. Das gefiel dem Beschäftigten nicht. Da er die Arbeit von Tageszeitungsredakteuren für ausgesprochen stressig hielt, kam einer Aussage zur Leistungsfähigkeit unter Stressbedingungen seiner Ansicht nach besondere Bedeutung zu. Als der Arbeitgeber sich weigerte, das Zeugnis dahingehend zu ergänzen, klagte er auf Überarbeitung des Zeugnisses.
Arbeitszeugnis: Bisher keine endgültige Entscheidung
Das Arbeitsgericht (ArbG) und das Landesarbeitsgericht (LAG) wiesen die Klage ab. Das BAG hob dann allerdings die Vorabentscheidungen auf und wies die Sache an das LAG zurück. Es kann deshalb noch nicht abschließend gesagt werden, ob der Arbeitgeber das Zeugnis um eine Aussage zur Belastbarkeit des Arbeitnehmers in Stresssituationen ergänzen muss. Es wird prüfen müssen, ob die Behauptung des Arbeitnehmers, für Tageszeitungsredakteure sei die Hervorhebung der Belastbarkeit im Zeugnis üblich, zutrifft.
Arbeitszeugnis: Immer wieder Grund für Auseinandersetzungen
Für Sie als Betriebsrat sind allerdings die Grundsätze, die das BAG aufgestellt hat, wichtig zu kennen. Die Richter stellten klar, dass ein Zeugnis stets klar und verständlich formuliert sein muss (§ 109 Abs. 2 Gewerbeordnung). Zudem müsse das Zeugnis die Leistung und das Sozialverhalten des Arbeitnehmers in wohlwollender Beurteilung zutreffend wiedergeben. Welche Punkte konkret ein Zeugnis letztlich aufweisen muss, bestimmt sich nach dem Zeugnisbrauch. Dieser sei je nach Branche oder Berufsgruppe unterschiedlich. Lasse ein Zeugnis allerdings für eine Branche übliche Formulierungen ohne sachliche Rechtfertigung aus, habe der Arbeitnehmer Anspruch auf Ergänzung. Die Erteilung von Zeugnissen löst immer wieder Auseinandersetzungen aus. Als Betriebsrat sollten Sie es sich zur Aufgabe machen, Ihre Kollegen in Streitfällen gut beraten zu können.