Natürlich ist der Kollege gegen die Kündigung vorgegangen und wir mussten uns vor dem Arbeitsgericht vergleichen und haben eine Abfindung gezahlt. Nun möchte unser Personalleiter folgenden Satz in das Endzeugnis aufnehmen: „Herr N. ist aufgrund seines Geschlechts nicht für die Abteilung Damenunterwäsche geeignet.“ Ist eine solche Formulierung in Ordnung? Oder können wir uns damit sogar schadenersatzpflichtig machen?
Welche Formulierungen im Arbeitszeugnis zulässig sind
Die Antwort: Natürlich muss ein Zeugnis der Wahrheit entsprechen. Oberster Grundsatz ist aber auch, dass das Zeugnis dem beruflichen Weiterkommen des Arbeitnehmers nicht im Wege stehen darf. Schon aus diesen Gründen habe ich große Zweifel, ob die von Ihrem Personalleiter gewählte Formulierung vor dem Arbeitsgericht Bestand haben würde. Bekommt der Arbeitnehmer wegen Ihres Zeugnisses keinen Arbeitsplatz, können Sie sich u. U. sogar tatsächlich schadenersatzpflichtig gemacht haben. Natürlich liegt hier die Beweislast beim Arbeitnehmer, was sicherlich nicht ganz einfach für diesen ist.
Für wen das AGG alles gilt
Sie haben jedoch noch ein anderes Problem, nämlich das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Es gilt nicht nur für Ihre Beschäftigten, sondern auch für
- zu ihrer Berufsbildung Beschäftigte (Azubis, Praktikanten, Diplomanden, Werkstudenten),
- arbeitnehmerähnliche Personen,
- Heimarbeiter,
- Leiharbeitnehmer,
- Bewerber,
- Selbstständige und Organmitglieder wie Geschäftsführer oder Vorstände (aber nur insoweit, als es um den Zugang zur Erwerbstätigkeit und um den beruflichen Aufstieg geht)
- sowie ausgeschiedene Mitarbeiter!
Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts durch falsche Formulierung möglich
Da es auch für Ihre ausgeschiedenen Mitarbeiter gilt, könnte sich hier bei der gewählten Formulierung eine Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts ergeben. Bei einem Verstoß sind Sie verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dadurch, dass die Beweislastregel in § 22 AGG ausgehebelt wurde, könnten Sie ein echtes Problem bekommen. Es reicht aus, wenn Ihr ausgeschiedener Arbeitnehmer Indizien beweisen kann, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Durch die Formulierung im Zeugnis wird er das unzweifelhaft vornehmen können.
Daher: Raten Sie Ihrem Personalleiter, eine andere Formulierung zu wählen. Lassen Sie sich nicht auf Streitigkeiten mit ausgeschiedenen Mitarbeitern ein. Dies führt nur zu erheblichem Zeit- und Geldaufwand. Und denken Sie daran: Das AGG gilt auch bereits für Ihre Bewerber!