Beitragsbild des Artikels "Übernahme nach Ausbildung". Ein Piktogramm auf der rechten Seite zeigt eine Frau, die zwei Auszubildende unterrichtet.

Übernahme nach Ausbildung: So gelingt es Arbeitgebern

Unternehmen, die junge Nachwuchskräfte ausbilden und letztlich langfristig übernehmen wollen, stehen bei der Übernahme der Auszubildenden oft vor einigen Fragen. Darunter: Kann eine erneut Probezeit vereinbart werden? Ab wann besteht Kündigungsschutz und die Pflicht zur Entgeltfortzahlung? Und wie sowie bis wann muss die Übernahme vereinbart werden? Diese und mehr Fragen beantworte ich Ihnen in dem nachfolgenden Ratgeber zur Übernahme nach der Ausbildung.
Inhaltsverzeichnis

Sind Unternehmen zur Übernahme der Azubis nach der Ausbildung verpflichtet?

Unternehmen sind rechtlich nicht verpflichtet, einen Azubi nach der Ausbildung zu übernehmen. Eine Übernahmepflicht besteht lediglich aufgrund tarifvertraglicher Notwendigkeiten oder bei Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung nach Antrag. In allen anderen Fällen ist eine Übernahme nach der Ausbildung nicht verpflichtend. Der Arbeitgeber kann einen Auszubildenden nach bestandener Prüfung übernehmen, muss es aber nicht.

Wann besteht eine Verpflichtung zur Übernahme nach Ausbildung?

Eine Verpflichtung zur Übernahme eines Azubis besteht ausschließlich bei einem anwendbaren Tarifvertrag oder, wenn der Auszubildende Mitglied bei der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist.

Beispiel 1: Tarifvertrag der IG Metall

Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie sowie der Eisen- und Stahlindustrie, die dem IG-Metall-Tarifvertrag unterliegen, sind verpflichtet, Auszubildende nach der Ausbildung unbefristet zu übernehmen. Ausschließlich wenn personenbedingte, verhaltensbedingte oder dringende betriebliche Gründe der Übernahme entgegenstehen, kann diese abgelehnt werden.

Beispiel 2: Übernahme von Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung

Der § 78 des Betriebsverfassungsgesetzes erklärt eindeutig: „Verlangt ein Auszubildender, der Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung, so gilt zwischen Auszubildendem und Arbeitgeber im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet.“

Warum empfiehlt sich die Übernahme (guter) Azubis?

Die Gründe für die Einstellung von Auszubildenden sind unternehmensspezifisch. Eine Ausbildung ist für Unternehmen kostenintensiv. Viele Unternehmen wünschen sich nach erfolgreicher Ausbildung einen ROI (Return-on-Invest) und übernehmen einen Azubi oder alle Auszubildenden aus diesem Grund. Junge Fachkräfte, die den Betrieb durch ihre Ausbildung kennen, sind formbar und gelten als die Führungskräfte von morgen. Statt teure Arbeitskräfte einzustellen, ist es aus Unternehmenssicht zielführend, die besten Azubis zu übernehmen und fachlich und persönlich weiterzuentwickeln.

Darüber hinaus gibt es mindestens drei weitere wichtige Punkte, die für eine Übernahme sprechen.

Mitarbeiterloyalität und Verantwortungsbewusstsein

Ein Unternehmen, das in die Ausbildung seiner Mitarbeiter investiert, signalisiert langfristige Planung und stellt sich als verantwortungsbewusster Betrieb dar. Auszubildende, die sich nach der Ausbildung bewährt haben, sind häufig hoch motiviert und dem Betrieb gegenüber loyal. Dies führt zu einer langfristigen Mitarbeiterbindung und senkt die Kosten im Recruiting.

Fachkräftegewinnung und Mitarbeiterbindung

Angesichts des stetig fortschreitenden Fachkräftemangels ist die Übernahme von Auszubildenden ein wichtiger Bestandteil einer durchdachten und effizienten Personalstrategie. Unternehmen, die ihre Fachkräfte selbst ausbilden, sichern mit Weitblick ihren Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.

Imagegewinn und Employer Branding

Betriebe, die sich als attraktive Arbeitgebermarke für Auszubildende und Hochschulabsolventen auf dem Arbeitsmarkt positionieren, stärken ihr Image und ihre Marke. Dies kann positive Auswirkungen auf die Talentakquise und die Zielerreichung im Unternehmen haben.

Wie vereinbaren Arbeitgeber die Übernahme nach der Ausbildung?

Arbeitgeber handeln zielführend, wenn sie eine Übernahme nach der Ausbildung vertrauensvoll, persönlich und professionell kommunizieren. In einem persönlichen Gespräch bis zu sechs Monate vor Ausbildungsende sollten Arbeitgeber und Azubis die Ausbildungszeit reflektieren. Wird dem Auszubildenden im Gespräch ein Übernahmeangebot offeriert, gilt dies aus rechtlicher Sicht als mündlich vereinbarter Arbeitsvertrag.

Es ist aus diesem Grund entscheidend, eine Übernahme zwar so früh wie möglich zu kommunizieren und gleichzeitig so lange zu warten, bis eine eindeutige Entscheidung zur Übernahme erklärt werden kann. Im letzten Schritt erhält der Auszubildende eine schriftliche Übernahmeerklärung und einen Arbeitsvertrag.

Bis wann muss die Übernahme vereinbart sein?

Eine Übernahme nach der Ausbildung ist rechtsgültig, wenn sie spätestens sechs Monate vor Ausbildungsende schriftlich vereinbart wurde. Frühere mündliche Zusagen sind ohne schriftliche Bestätigung nicht bindend. Da die Ausbildung mit der bestandenen Abschlussprüfung endet, muss spätestens bis zu diesem Termin geklärt sein, ob der Auszubildende übernommen wird oder nicht. Besteht der Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, endet das Ausbildungsverhältnis mit dem vereinbarten Enddatum des Ausbildungsvertrags oder nach einer erneuten Prüfung.

Kann nach Übernahme eine weitere Probezeit vereinbart werden?

Es ist möglich, mit dem Arbeitsvertrag eine neue Probezeit zu vereinbaren, obwohl dies nach einem mehrjährigen Ausbildungsverhältnis wenig zielführend ist, da der Mitarbeiter und seine Arbeitsweise bekannt sind. Alternativ zur Probezeit kann ein befristeter Arbeitsvertrag für maximal zwei Jahre ausgestellt werden.

Ab wann greift der Kündigungsschutz nach der Übernahme eines Azubis?

Der gesetzliche Kündigungsschutz greift nach einer mindestens 6-monatigen Tätigkeit im Betrieb. Die Ausbildungszeit gilt in diesem Fall als Beschäftigungszeit, sodass der gesetzliche Kündigungsschutz sofort nach Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis beginnt.

Kann eine Übernahme von Azubis versehentlich erfolgen?

Eine Übernahme in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis kann ungewollt erfolgen, wenn der Ausbildungsbetrieb den Azubi nach Bestehen der Abschlussprüfung stillschweigend weiterbeschäftigt. In diesem Fall besteht ein reguläres Arbeitsverhältnis mit gesetzlichem Kündigungsschutz. Dies legt der § 24 des Berufsbildungsgesetzes nahe, in dem es heißt:

„Werden Auszubildende im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis beschäftigt, ohne dass hierüber ausdrücklich etwas vereinbart worden ist, so gilt ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet.“

Damit keine stille Weiterbeschäftigung und ein einseitiger Anspruch entsteht, ist es aus Unternehmenssicht entscheidend, einem Auszubildenden schriftlich mitzuteilen, dass er nicht übernommen wird und eine Weiterbeschäftigung nach der Abschlussprüfung ausgeschlossen ist.

Bleibt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach Übernahme eines Azubis erhalten?

Auf Grundlage des § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz setzt der Anspruch auf Lohnfortzahlung eine vierwöchige ununterbrochene Beschäftigung voraus. Da aufeinanderfolgende Arbeitsverhältnisse zusammengezählt werden, besteht die Entgeltfortzahlungspflicht auch für Auszubildende nach ihrer Übernahme nahtlos weiter.

FAQ – Übernahme von Auszubildenden

Sie haben noch offene Fragen? In dem nachfolgenden FAQ finden Sie weitere Fragen zur Übernahme nach der Ausbildung sowie deren Antworten.

Bei direktem Übergang von der Ausbildung ins Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung wird der Urlaubsanspruch aus der Ausbildung ins neue Arbeitsverhältnis übertragen. Eine finanzielle Abgeltung von nicht genommenen Urlaubstagen aus der Ausbildungszeit ist laut § 7 Bundesurlaubsgesetz in keinem Fall zulässig.
Arbeitgeber sollten sich allein aus Gründen der Fairness gegenüber dem Auszubildenden an eine mündliche Zusage halten. Kann der Azubi beweisen, dass eine mündliche Zusage erfolgt ist, beispielsweise durch Zeugen im Betrieb, besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Eine Übernahme aus dem Ausbildungsverhältnis in ein befristetes Arbeitsverhältnis ist für bis zu 2 Jahre möglich.