Entfristung Arbeitsvertrag: Hintergründe und Beispiele

Entfristung Arbeitsvertrag: Hintergründe und Beispiele

Es gibt viele Anlässe, um einen Arbeitsvertrag zu befristen. Der Gesetzgeber gibt als sachliche Gründe im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) unter anderem an, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht oder der Arbeitnehmer als Vertretung beschäftigt wird. Befristete Verträge sind aus Arbeitgebersicht lukrativ, da sie eine hohe Flexibilität erlauben. Hat man den Mitarbeiter kennengelernt und kann seine Arbeitsleistung und seine Qualifikation bewerten oder gibt es betriebliche Notwendigkeiten, beispielsweise ein hohes Auftragsaufkommen, kann ein befristeter Vertrag durch Entfristung in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt werden. Vor dem Hintergrund des voranschreitenden Fachkräftemangels kann es ebenfalls sinnvoll sein, versierte Arbeitnehmer, die ins Team passen und die Unternehmenswerte vertreten, langfristig ans Unternehmen zu binden und eine Befristung aufzuheben. Dieser Artikel geht darauf ein, was man rechtlich unter befristeten Arbeitsverhältnissen versteht, wie eine Entfristung des Arbeitsvertrags praktisch vorgenommen werden kann und wie eine einvernehmliche Entfristung funktioniert. Außerdem geht die Abhandlung darauf ein, welche Fehler seitens des Arbeitgebers automatisch zu einer Entfristung des Arbeitsverhältnisses führen und wann eine Entfristungsklage wirksam wird.
Inhaltsverzeichnis

Definition: Was bedeutet Entfristung eines Arbeitsvertrages? 

Befristete Arbeitsverträge zeichnen sich durch eine festgeschriebene Laufzeit aus. Ein befristetes Arbeitsverhältnis wird beispielsweise vom 01.01.2022 bis 31.12.2023 geschlossen und läuft Ende 2023, wie im Arbeitsvertrag vereinbart, aus. Der geschlossene und befristete Arbeitsvertrag kann auf Wunsch beider Parteien entfristet werden. Dies bedeutet für die Praxis, dass die Befristungsklausel im Arbeitsvertrag gekündigt und gestrichen wird und der Arbeitsvertrag unbefristet und auf unbestimmte Zeit Gültigkeit hat.

Was sind befristete Arbeitsverträge überhaupt? 

Befristete Arbeitsverträge verfolgen das Ziel, einen Arbeitnehmer ausschließlich für eine vorab definierte Zeit zu beschäftigen. Befristete Verträge haben für Arbeitnehmer und Arbeitgeber diverse Vorteile. Für Mitarbeiter bieten Sie häufig die Möglichkeit, in ein spannendes neues Arbeitsfeld einzusteigen oder sich nach einer Phase der Arbeitslosigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt zu behaupten. Arbeitgeber schätzen vor allem die Flexibilität von befristeten Arbeitsverträgen und die Chance, einen Arbeitnehmer und seine Qualifikation gut kennenzulernen, bevor mit ihm ein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen wird. 

Welche Arten von Befristungen kann man unterscheiden? 

Man unterscheidet generell zwischen: 

  1. Der Befristung mit Sachgrund sowie 
  2. Der Arbeitsvertrags-Befristung ohne Sachgrund. 

Neben der Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis zeitlich zu befristen, ist es ebenfalls möglich, es in Bezug auf den Arbeitszweck zu befristen. Beispielsweise können Arbeitsverträge projektbezogen abgeschlossen werden. Ist das Projekt beendet, endet der Arbeitsvertrag automatisch. 

Wann sind Befristungen zulässig? 

Gemäß § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ist die: 

  • Kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig.
  • Bestand bei demselben Arbeitgeber zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis, ist eine Befristung des Arbeitsvertrags nicht möglich.
  • Tarifverträge können die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend regeln. 

Eine Ausnahme bilden Mitarbeiter, die bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet haben. Um ihnen den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt zu vereinfachen, dürfen sie ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren einen befristeten Arbeitsvertrag erhalten. Voraussetzung für die langjährige Befristung ist, dass sie unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate arbeitslos gemeldet waren (ALG I), Transferkurzarbeitergeld bezogen haben oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen haben. Bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren ist in diesem Fall ebenfalls die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

Geben Arbeitgeber einen sachlichen Grund für die Befristung an, ist eine befristete Beschäftigung von mehr als zwei Jahren möglich. Als sachliche Gründe erkennt der Gesetzgeber die folgenden Befristungsanlässe an: 

  • Der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung besteht vorübergehend (Saisonarbeit),
  • Die Befristung erfolgt im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium,
  • Der Arbeitnehmer wird zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt, 
  • Die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt die Befristung,
  • Die Befristung erfolgt zur Erprobung,
  • Individuelle Arbeitnehmergründe rechtfertigen die Befristung,
  • Der Arbeitnehmer wird aus Haushaltsmitteln vergütet, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, zum Beispiel im öffentlichen Dienst,
  • Die Befristung beruht auf einem gerichtlichen Vergleich, beispielsweise bei einer Kündigungsschutzklage,
  • Die Befristung erfolgt für Mitarbeiter im Rahmen der Neugründung des Unternehmens für höchstens vier Jahre. 

Wie oft darf eine Befristung verlängert werden? 

Befristete Verträge ohne Sachgrund dürfen bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren höchstens dreimal verlängert werden. In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages abweichend ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von vier Jahren zulässig. Eine Befristung kann in dieser Zeit mehrfach verlängert werden. Jegliche Befristung im Arbeitsvertrag bedarf der Schriftform, um rechtlich wirksam zu sein. Befristete Arbeitsverträge, die mehrfach verlängert werden, bezeichnet man fachlich als Kettenbefristung. 

Eine Ausnahme macht das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG), dass eine Befristung von nicht promovierten Wissenschaftlern und Künstlern bis zu 12 Jahren ermöglicht. Nach einer Promotion kann die Befristung in medizinisch-wissenschaftlichen Bereichen für bis zu 15 Jahre erfolgen. Aktuell wird das Gesetz evaluiert, um die vertraglichen Rahmenbedingungen für Wissenschaftler und Künstler zu verbessern. 

Welche Gründe und Vorteile gibt es für eine Entfristung des Arbeitsvertrags? 

Aus Arbeitgebersicht sichert sich das Unternehmen mit der Entfristung des Arbeitsvertrags die Dienste des Arbeitnehmers langfristig. Dieser Umstand ist vor allem für Unternehmen wichtig, die aufgrund des grassierenden Fachkräftemangels zielstrebige Mitarbeiter langfristig binden möchten. Unternehmen stimmen ebenfalls für eine vorzeitige Entfristung von Arbeitsverträgen, wenn abzusehen ist, dass das Geschäft langfristig floriert und der Mitarbeiter kontinuierlich beschäftigt werden kann. In diesem Fall entfallen die Einarbeitung und das Onboarding neuer Mitarbeiter, was aus Arbeitgebersicht einen zusätzlichen Vorteil darstellt. 

Aus Mitarbeitersicht ergeben sich bei einer Entfristung des Arbeitsverhältnisses die folgenden Vorteile:

  • Hohe Sicherheit durch unbefristeten Arbeitsvertrag und gesetzlichen Kündigungsschutz,
  • Möglichkeit, langfristig höhere Einkommen zu erzielen,
  • Kontinuität statt fortlaufender Wechsel des Arbeitsverhältnisses.
  • Bessere Mitbestimmungsrechte und höhere Reputation im Unternehmen.

Wie funktioniert die einvernehmliche Entfristung? 

Eine einvernehmliche Entfristung kann erfolgen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich darauf einigen, den befristeten Arbeitsvertrag in eine unbefristete Anstellung umzuschreiben. Die Entfristung bedarf der Schriftform und kann von beiden Seiten in einer Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag festgelegt werden. 

Grundsätzlich sind Arbeitgeber nach dem Arbeitsrecht verpflichtet, befristete Arbeitnehmer auf offene, unbefristete Positionen im Unternehmen hinzuweisen. Der Betriebsrat überprüft bei Neueinstellungen ebenfalls, ob eine befristet eingestellte Person ebenfalls für die unbefristete Position geeignet wäre. 

Arbeitnehmer mit einem befristeten Vertrag haben ebenfalls zu jeder Zeit die Möglichkeit, den persönlichen Vorgesetzten in einem persönlichen Gespräch davon zu überzeugen, den Arbeitsvertrag in eine unbefristete Festanstellung umzuschreiben. Mitarbeiter handeln zielführend, wenn sie neben dem Vorgesetzten und der Abteilung Human Resources ebenfalls den Betriebsrat frühzeitig informieren, da dieser bei einer einvernehmlichen Entfristung einen Anspruch auf Anhörung hat und mitbestimmungspflichtig ist. 

Beispiel Änderungsvereinbarung Arbeitsvertrag

Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 01.10.2021

Die beiden oben genannten Parteien haben am 01.10.2021 einen befristeten Arbeitsvertrag geschlossen. Mit dieser Änderungsvereinbarung wird der § 3 des Arbeitsvertrages durch die folgende Vereinbarung ersetzt: 

  • Das Arbeitsverhältnis wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. 

Mit dieser Änderungsvereinbarung wird klargestellt, dass die übrigen Regelungen des Arbeitsvertrages vom 01.10.2021 vollständig bestehen bleiben. Insbesondere bleibt für die Berechnung der Betriebszugehörigkeit der im Vertrag vom 01.10.2021 festgelegte Beginn der Tätigkeit ausschlaggebend. 

Diese Änderungsvereinbarung tritt zum 01.11.2022 in Kraft

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat in einer Grundsatzentscheidung (4 Sa 68/01) am 28.02.2002 festgestellt, dass bei befristeten Arbeitsverhältnissen, die entfristet werden, aus Sicht des Arbeitsrechts keine erneute Probezeit möglich ist. 

Welche Fehler des Arbeitgebers führen automatisch zu einer Entfristung? 

In einigen Fällen ist eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtlich nicht haltbar. Dies ist der Fall, wenn: 

  • Die Befristung nicht schriftlich im Arbeitsvertrag fixiert wurde und nachträglich durchgesetzt werden soll. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer bereits mit der Tätigkeit auf der Grundlage eines mündlichen Arbeitsvertrages begonnen. Mündliche Vereinbarungen sind grundsätzlich unbefristet.
  • Arbeitet ein Mitarbeiter nach Ablauf der Befristung im Unternehmen weiter, gilt dies als stillschweigende Entfristung. Widerspricht der Arbeitgeber nicht ausdrücklich der Weiterbeschäftigung und zahlt den Lohn, entsteht automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. 
  • Ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag wird innerhalb von zwei Jahren viermal verlängert. Da ausschließlich eine dreimalige Verlängerung zulässig ist, entsteht durch die rechtlich fehlerhafte Kettenbefristung ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. 
  • Es wird innerhalb von drei Jahren nach einem Arbeitsverhältnis ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen. In diesem Fall ist eine Befristung des Vertragsverhältnisses nicht möglich. Das sogenannte Vorbeschäftigungsverbot wurde vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 noch einmal als verfassungsgemäß gestützt (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2018, Aktenzeichen 1 BvR 1375/14.

Gemäß § 16 TzVfG führt eine rechtsunwirksame Befristung grundsätzlich zu einem Arbeitsverhältnis, das auf unbestimmte Zeit geschlossen wird. Ein derartiger Arbeitsvertrag kann vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.

Was ist eine Entfristungsklage und wann ist sie wirksam? 

Arbeitnehmer haben das Recht, vor dem zuständigen Arbeitsgericht eine Entfristungsklage einzureichen, wenn sie der Meinung sind, dass die Befristung des Arbeitsvertrags nicht rechtskonform ist. Der § 17 TzVfG erklärt, dass der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist. 

Wurde ein Mitarbeiter beispielsweise befristet als Vertretung für einen abwesenden Kollegen eingestellt, der am Ende des befristeten Arbeitsvertrags nicht mehr im Unternehmen arbeitet, könnte die Befristung unwirksam sein. In den meisten Fällen haben Entfristungsklagen von Arbeitnehmern geringe Erfolgsaussichten, da zweifelsfrei und anhand von Fakten bewiesen werden muss, dass die Befristung rechtsunwirksam war.