Versetzung: Definition, Voraussetzungen & Musterschreiben

Versetzung: Definition, Voraussetzungen & Musterschreiben

Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist in den letzten Jahren einem tiefen Wandel unterworfen. Durch die Digitalisierung, die Globalisierung und ebenso durch den fortschreitenden Fachkräftemangel wird von Arbeitnehmern eine hohe Flexibilität erwartet. Vor allem in großen oder global agierenden Unternehmen mit unterschiedlichen Standorten und Filialen kann es ohne Vorwarnung zu tiefgreifenden Personalmaßnahmen kommen. Eine dieser Maßnahmen betrifft die einseitige Versetzung eines Mitarbeiters. Dieser Artikel erklärt, wann eine Versetzung aus rechtlicher Sicht möglich ist und welche unterschiedlichen Versetzungsformen im Arbeitsrecht unterschieden werden. Zudem wird dargelegt, in welchen Fällen eine Versetzung unzulässig oder unzumutbar ist und ob und wann es mithilfe des Betriebsrats
Inhaltsverzeichnis

Was versteht man unter Versetzung?

Eine Versetzung stellt eine Änderung der Tätigkeit oder auch des Arbeitsplatzes eines Arbeitnehmers dar, die vom Arbeitgeber einseitig veranlasst wird. Demnach stellt die Versetzung eine Personalmaßnahme im Rahmen des unternehmerischen Personalmanagements dar. Grundsätzlich spricht man im Arbeitsrecht von einer Versetzung, wenn Mitarbeitern eine unbekannte Aufgabe, eine neue Abteilung oder eine Position an einem entfernten Arbeitsort zugewiesen wird – beziehungsweise mit einer „erheblichen Änderung der Umstände“ einhergeht (§ 95 BetrVG). 

Entscheidend ist ebenfalls, dass es sich nicht um eine Vertretung für wenige Tage oder Wochen handelt, sondern um eine langfristige Versetzung. Aus arbeitsrechtlicher Sicht liegt eine Versetzung lediglich vor, wenn ein Arbeitnehmer seinen angestammten und im Arbeitsvertrag definierten Arbeitsort für im Mindestfall einen Monat verlassen muss (§ 95 Betriebsverfassungsgesetz).

Was ist der Unterschied zwischen Versetzung und Umsetzung?

Im Öffentlichen Dienst wird auf Grundlage des § 4 des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst (TVöD) ein Unterschied zwischen einer Versetzung und einer Umsetzung oder Abordnung gemacht. 

  • Umsetzung: Zuweisung einer vorübergehenden Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben oder eines anderen Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses.
  • Versetzung: Zuweisung einer auf Dauer (mehr als einen Monat  gemäß § 95 BetrVG) bestimmten Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses.

Im Gegensatz zu einer Versetzung liegt bei einer Umsetzung also kein dauerhafter Wechsel der Arbeitstätigkeiten oder des Arbeitsortes vor. Der Arbeitgeber nutzt in beiden Fällen jedoch sein Weisungs- bzw. Direktionsrecht.

Welche Formen der Versetzung gibt es? 

Im Arbeitsrecht unterscheidet man zwischen den folgenden drei Versetzungsformen: 

  • Langfristige Übernahme eines neuen Aufgabenbereiches: Eine Versetzung kann sich auch durch eine tätigkeitsbezogene Änderung ergeben. Dies ist der Fall, wenn die neu übertragenen Aufgaben eindeutig von den bisherige Aufgaben des Mitarbeiters abweichen. 
  • Dauerhafter Wechsel in eine andere Abteilung: Wenn der Mitarbeiter zum Beispiel aufgrund eines Restrukturierungsprozesses in eine andere Abteilung oder wegen betrieblicher Notwendigkeiten langfristig in den Außendienst versetzt wird, liegt ebenfalls eine Versetzung vor.
  • Nachhaltiger Wechsel an einen anderen Arbeitsort: Eine Versetzung erfolgt ebenfalls, wenn ein Mitarbeiter an einen anderen, weiter entfernten Arbeitsort abgeordnet wird. 

Entscheidend auch bei den Formen der Versetzung ist es, dass die Versetzung langfristig – gemäß Arbeitsrecht länger als einen Monat nach § 95 BetrVG – erfolgt. 

Darüber hinaus wird ebenfalls zwischen folgenden Versetzungsformen unterschieden:

  • Horizontale und vertikale Versetzung
  • Befristete und unbefristete Versetzung

Was ist der Unterschied zwischen einer vertikalen oder horizontalen Versetzung?

Eine vertikale oder horizontale Versetzung kann wie folgt definiert werden: 

  • Vertikale Versetzung: Dem Arbeitnehmer wird entweder eine geringwertige oder eine höherwertige Aufgabe zugewiesen. Zum Beispiel wird eine Führungskraft im Vertrieb aufgrund von Sparmaßnahmen vertikal in eine Außendienstposition versetzt. Für eine vertikale Versetzung ist die Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers notwendig. 
  • Horizontale Versetzung: Der Arbeitnehmer wird an eine andere Position versetzt, die fachlich mit seiner bisherigen Tätigkeit gleichzusetzen ist. 

Was ist der Unterschied zwischen einer befristeten und unbefristeten Versetzung?

Bei der befristeten Versetzung wird ein Arbeitnehmer für einen längeren Zeitraum in einen anderen Arbeitsbereich versetzt. Er übernimmt zum Beispiel während der Elternzeit einer Kollegin deren Aufgaben für die Dauer von drei Jahren. Da die Angestellte nach dieser Zeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, ist die Versetzung befristet. 

Unbefristete Versetzungen haben kein Enddatum. Der Wechsel auf einen anderen Arbeitsbereich erfolgt demnach auf unbeschränkte Dauer. Unbefristete Versetzungen finden in der Praxis oft mehr Anwendung.

Darf der Arbeitgeber einen Mitarbeiter einfach versetzen?

Arbeitgeber haben nach § 106 GewO ein klar definiertes Weisungsrecht, welches besagt, dass der „Arbeitgeber den Inhalt, den Ort und die Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen darf.“ 

Aus diesem Weisungs- oder Direktionsrecht ergibt sich, dass ein Arbeitgeber berechtigt ist, einen Arbeitnehmer einseitig und ohne dessen Zustimmung zu versetzen. Die Versetzung darf nach der gesetzlichen Vorgabe entweder den Arbeitsinhalt, den Arbeitsort oder die Zeit der Arbeitsleistung betreffen. 

Allerdings spielt nicht nur das Weisungsrecht des Arbeitgebers eine Rolle – denn für eine Versetzung ist gemäß § 99 BetrVG ebenfalls der Betriebsrat zu beteiligen. Hinzu kommt, dass diese Entscheidung stets „nach billigem Ermessen“ erfolgen muss.

Was sind die Voraussetzungen für eine Versetzung? 

Eine Versetzung auf Grundlage der Gewerbeordnung – und ohne Zustimmung durch den Arbeitnehmer – kann rechtmäßig vorgenommen werden, wenn: 

  • im Arbeitsvertrag der Arbeitsort und die ausgeübte Tätigkeit im Betrieb nicht explizit aufgelistet ist. 
  • im Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel enthalten ist, 
  • der Betriebsrat in die Versetzung involviert wurde (Zustimmung nach § 99 BetrVG),
  • eine Interessenabwägung vor der Versetzung erfolgt ist, die ergeben hat, dass die Versetzung aus sachlichen Gründen erfolgt und zumutbar ist (nach “billigem Ermessen” gemäß § 106 GeWO). 

Darüber hinaus ist es zwingend notwendig, dass der Arbeitgeber diese Änderung im Rahmen seines Weisungs- bzw. Direktionsrechts vornehmen darf. Dies ist der Fall, wenn die neuen Arbeitsbedingungen nicht

  • dem bestehenden Arbeitsvertrag, 
  • den Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, 
  • eines anwendbaren Tarifvertrages oder 
  • gesetzlichen Vorschriften

widersprechen. 

Wann ist eine Versetzung unzulässig?

Eine Versetzung ist zum einen unzulässig, wenn Sie eindeutig gegen die Bestimmungen des geschlossenen Arbeitsvertrags verstößt. Enthält der Arbeitsvertrag zum Beispiel einen Hinweis zur ersten Tätigkeitsstätte des Mitarbeiters im Betrieb, spricht dies im Zweifel gegen eine Versetzung des Mitarbeiters. 

Ähnlich verhält es sich, wenn im Arbeitsvertrag eine genaue Tätigkeitsbeschreibung mit einer klaren Aufgabenverteilung enthält. In diesem Fall kann eine Versetzung irregulär sein, da sie gegen den betrieblichen Arbeitsvertrag verstößt. 

Wird in Unternehmen mit Betriebsrat versucht, die Versetzung ohne den Betriebsrat durchzusetzen, ist die Versetzung ebenfalls rechtswidrig. Gleiches gilt, wenn nachgewiesen werden kann, dass keine Interessenabwägung erfolgt ist und die Versetzung willkürlich vorgenommen wurde oder sogar unzumutbar ist. 

Wann ist eine Versetzung unzumutbar? 

Eine Versetzung kann für einen Arbeitnehmer unzumutbar sein, selbst wenn sie aus arbeitsrechtlicher Sicht zulässig wäre. Dies kann zum Beispiel bei Arbeitnehmern mit Handicap der Fall sein. Würde die neue Tätigkeit oder der neue Arbeitsort zu einer psychischen oder physischen Überforderung führen, wäre sie unzumutbar. 

Für einen Familienvater mit Kindern kann die Versetzung ebenfalls unzumutbar sein. Ist mit der Versetzung ein Umzug in eine andere Stadt verbunden, der die sozialen Kontakte der Familie und die Betreuung in Schule und Kindergarten berührt, müssen die Interessen aller Beteiligten abgewogen werden. Dasselbe gilt ebenfalls für Arbeitnehmer, die aufgrund einer Erkrankung Angehörige pflegen müssen.

Eine Versetzung kann unzumutbar sein, wenn Grundrechte des Arbeitnehmers berührt werden. Typische Grundrechte des Grundgesetzes betreffen die Bereiche Arbeitsschutz, das Arbeitszeitrecht oder die Tätigkeit an Sonn- und Feiertagen. 

Ist eine Versetzung auf eine Position mit weniger Gehalt zulässig? 

Eine Versetzung auf eine Position mit weniger Gehalt ist nicht rechtens und somit unzulässig. Der Arbeitgeber ist demnach nicht dazu befugt, eine Versetzung auf eine weniger gut bezahlte Stelle im Betrieb zu veranlassen.  Ist die Position mit weniger Gehalt dotiert, muss der Arbeitnehmer der Gehaltskürzung explizit schriftlich zustimmen. Ist im Unternehmen ein Betriebsrat organisiert, muss dieser der Kürzung der Bezüge ebenfalls beiwilligen. Eine Kürzung der Bezüge unterhalb des Mindestlohns ist unabhängig davon nicht zulässig. 

Ist eine Versetzung auf eine geringwertigere Tätigkeit zulässig?

Eine Versetzung auf eine geringwertigere Tätigkeit ist – wie bei einer Versetzung auf eine Position mit weniger Gehalt – nicht zulässig. Das neue Aufgabengebiet darf nicht geringwertiger oder mit weniger Verantwortung einhergehen. Ansonsten ist die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich. 

Ist eine Versetzung in eine andere Stadt unzulässig? 

Eine Versetzung in eine andere Stadt ist aufgrund des Weisungsrechts des Arbeitgebers möglich. Bedingung für eine Umsetzung ist eine Prüfung, ob die Versetzung nicht den Bedingungen des Arbeitsvertrags widerspricht oder eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag diese verbieten. Ist der Arbeitgeber nach Prüfung des individuellen Falls zu Versetzung berechtigt, kann der Arbeitnehmer nicht ablehnen.

Kann der Arbeitnehmer einer Versetzung widersprechen?

Ist die Versetzung formal korrekt und nicht durch gesetzliche Vorgaben oder Vereinbarungen im Arbeitsvertrag zu entkräften, kann der Arbeitnehmer der Versetzung nicht widersprechen. Arbeitnehmer haben jedoch zu jeder Zeit die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber über die Versetzung zu verhandeln und sich demnach einvernehmlich und gütlich zu einigen. 

Kann der Betriebsrat eine Versetzung aufhalten?

Der Betriebsrat hat auf Grundlage von § 99 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei personellen Einzelmaßnahmen. Der Betriebsrat muss zunächst im Detail über die Versetzung unterrichtet werden. Anschließend kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn die personelle Maßnahme gegen Gesetze und Richtlinien verstößt oder eine eindeutige Benachteiligung festgestellt wird. In jedem Fall wird der Betriebsrat jede Versetzung in einer Einzelfallprüfung kritisch durchleuchten, wenn der Arbeitnehmer die Versetzung ablehnt. 

Kann der Arbeitgeber eine gewünschte Versetzung ablehnen?

Wünschen Arbeitnehmer aus persönlichen Gründen eine Versetzung in einen anderen Arbeitsbereich, werden Arbeitgeber die Anfrage umfassend prüfen. Kann aus dem Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung kein eindeutiger Versetzungsanspruch abgeleitet werden, besteht kein rechtlicher Anspruch auf eine Versetzung. Der Arbeitgeber darf den Versetzungswunsch ablehnen. 

Welche Gründe gibt es für eine Versetzung?

Für eine Versetzung kann es viele Gründe geben. Um Ihnen ein paar Beispiele an die Hand zu geben, finden Sie im Folgenden häufige Ursachen einer Versetzung:

  • Besetzung von wichtigen vakanten Positionen im Unternehmen,
  • Nutzen der Qualifikation eines Arbeitnehmers an einem anderen Standort,
  • Innerbetrieblichen Gründe, beispielsweise Expansion oder Rationalisierung,
  • Verbesserung der allgemeinen Teamdynamik,
  • Krankheitsbedingte Gründe oder langfristiger Ausfall durch Mutterschutz,
  • Aufgabenrückgang durch Auslagern von Abteilungen. 

Mustertext für ein Versetzungsschreiben

Damit Ihnen die Versetzung Ihres Mitarbeiters gelingt, finden Sie zuletzt noch ein kurzes Muster für ein Versetzungsschreiben:

“Sehr geehrter Herr Müller,

auf Grundlage Ihres mit uns geschlossenen Arbeitsvertrags vom 01.01.2020 besteht die Möglichkeit, Ihnen eine anderweitige und vergleichbare Tätigkeit zuzuweisen. 

Von diesem Recht machen wir hiermit Gebrauch und versetzen Sie, wie persönlich besprochen, zum 01.05.2023 in die Abteilung Einkauf. Hier werden Sie als Sachbearbeiter die folgende Aufgabe übernehmen: (Aufgaben)

Dabei sind Sie (Vorgesetzter) unterstellt. 

Ihre arbeitsvertraglich zugesicherte Vergütung ändert sich durch die Versetzung nicht. 

Mit freundlichen Grüßen

Frau Meier.”

Was sind die Alternativen zur Versetzung?

Sollte eine Versetzung aufgrund einer Überschreitung der Weisungsbefugnis vom Arbeitgeber nicht möglich sein, stellt die Änderungskündigung eine Alternative dar. Hierbei wird der Arbeitnehmer formal und auf Grundlage des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) gekündigt. 

Ist die Kündigung rechtlich vertretbar, erhält er mit der arbeitgeberseitigen Kündigung das Angebot, die neue Position mit den veränderten Rahmenbedingungen – zum Beispiel mit weniger Gehalt oder einem geringwertigen Arbeitsplatz – ohne Wartezeit anzutreten. Entscheidet sich der Arbeitnehmer gegen dieses neue Angebot, ist er jedoch gekündigt. 

Die Änderungskündigung als Alternative zur Versetzung eignet sich demnach nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zwingend im Unternehmen halten möchte.