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Überstunden mit Gehalt abgegolten: Rechtswirksam formulieren

Wenn es um Überstunden geht, stellt sich schnell die Frage nach der angemessenen Vergütung. Dürfen Überstunden pauschal mit dem Gehalt abgegolten werden? Wie muss eine rechtswirksame Überstundenregelung formuliert werden? In meinem Leitfaden erläutere ich, welche Anforderungen an eine Überstundenklausel gestellt werden und liefere dir rechtssichere Formulierungs-Beispiele für den Arbeitsvertrag!
Inhaltsverzeichnis

Ist die Klausel “Überstunden mit dem Gehalt abgegolten” rechtswirksam?

Nein, eine Klausel im Arbeitsvertrag, die pauschal festlegt, dass geleistete “Überstunden mit dem Gehalt abgegolten” sind, ist unwirksam. Zwar dürfen Überstunden vertraglich vereinbart werden und grundsätzlich auch mit dem Gehalt abgegolten werden. Damit diese Überstundenvereinbarung aber rechtens ist, muss auch die maximale Anzahl der Stunden, die mit dem Gehalt abgegolten werden, dokumentiert werden. Eine ungenaue Formulierung wie “Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten” hingegen verrät nicht, wie viele Überstunden denn vom Gehalt erfasst werden, und ist damit unwirksam. Eine pauschale Abgeltung der Überstunden durch das Gehalt ist also ungültig.

Dies wird neben den genauen Vertragsinhalten in erster Linie durch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere durch die Regelungen zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmt.

Warum ist die pauschale Abgeltung von Überstunden mit dem Gehalt unwirksam?

Die Überstundenvereinbarung “Überstunden mit dem Gehalt abgegolten” ist unwirksam, da die Klausel zu vage und pauschal formuliert ist. Denn damit liegt ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gemäß 307 Abs. 1 Satz 2 BGB vor. Die Bestimmungen der AGB müssen „klar und verständlich“ sein, um den Verwender bzw. Arbeitnehmer nicht unangemessen zu benachteiligen. Mit der zu allgemein gehaltenen Formulierung, dass sämtliche Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, wird gegen dieses Gebot verstoßen und die Klausel gilt als unwirksam.

Mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.09.2022 ( 1 ABR 22/21) sind Arbeitgeber verpflichtet, sämtliche Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen. Betraf diese Dokumentationspflicht bis dahin nur Überstunden und Sonntagsarbeit, ist seitdem die gesamte Arbeitszeit umfasst. Gleichzeitig gilt, dass ein Arbeitsvertrag ohne Überstundenregelung dazu führt, dass der Arbeitgeber geleistete Überstunden vergüten muss. Auch hieraus lässt sich schließen, dass eine pauschale Angabe im Arbeitsvertrag, wonach Überstunden mit dem Gehalt abgegolten werden sollen, als unwirksam anzusehen ist.

Wie muss eine rechtswirksame Überstundenklausel aussehen?

Nicht nur Überstunden – unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften – sind zulässig. Auch eine vertragliche Klausel, wonach Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, ist u. U. rechtlich nicht zu beanstanden. Doch welche Anforderungen werden an eine solche Überstundenklausel gestellt?

Nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 01.09.2010 (AZ 5 AZR 517/09) sind pauschale Beschreibungen zu Überstunden nicht zulässig, da sie zu ungenau und für den Arbeitnehmer nicht verständlich sind. Eine zu vage Formulierung wie z. B. „Die Vergütung erfasst auch geleistete Überstunden“ lässt nicht erkennen, welche Arbeitsleistungen genau nicht vergütet werden und verstößt demnach gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Eine Überstundenregelung ist folglich nur dann rechtmäßig, wenn sie den Umfang bzw. die Anzahl der zu leistenden Überstunden hinreichend bestimmt und konkretisiert. In der Praxis erfolgt dies anhand einer exakten Angabe der Überstundenanzahl, die der Arbeitnehmer ohne extra Vergütung zu leisten hat. Nur durch die genaue Bestimmung der mit dem Gehalt abgegoltenen Überstunden kann der Arbeitnehmer abschätzen, was ihn hinsichtlich seiner Arbeitsleistung erwartet.

Da Überstundenklauseln in aller Regel als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sind, dürfen sie zusätzlich nach § 305c BGB als sogenannte überraschende Klauseln nicht im Vertrag „versteckt“ sein. Eine derartige Klausel ist demzufolge am ehesten unter den Punkt „Vergütung“ im Arbeitsvertrag zu platzieren.

Beispiele für rechtswirksame Überstundenklauseln

  1. Mit dem monatlichen Bruttogehalt sind bis zu fünf Überstunden pro Monat abgegolten.
  2. Überstunden bis zum Umfang von 10 % über die Wochenarbeitszeit hinaus gelten als vom Gehalt abgedeckt.
  3. Die Vertragsparteien vereinbaren, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, Überstunden in angemessenem Maße zu leisten. Dabei sind  gelten Überstunden bis zu einem Umfang von 10 Stunden pro Monat als mit dem Grundgehalt abgegolten.

Wie viele Überstunden dürfen “mit dem Gehalt abgegolten” werden?

Nachdem geklärt ist, dass der Arbeitgeber zur Wirksamkeit der Überstundenregelung die genaue Anzahl der Stunden angeben muss, stellt sich die Frage der zulässigen Gesamtzahl. Das Gesetz gibt hierzu keine Antworten. § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB ist zu entnehmen, dass der Arbeitnehmer durch die Überstundenklausel nicht unangemessen benachteiligt werden darf, damit sie nicht als unwirksam gilt. Daraus ergibt sich, dass sich die Mehrarbeit des Arbeitnehmers nicht über das gebotene Maß hinaus erstrecken sollte. Im Zweifel ist über den konkreten Einzelfall zu entscheiden – unter Umständen durch das zuständige Arbeitsgericht.

Aufgrund der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) beträgt die Obergrenze wöchentlich acht Arbeitsstunden. Denn der Richtwert von acht Stunden pro Tag ergibt bei einer sechstätigen Arbeitswoche insgesamt 48 Stunden, womit die zulässige Mehrarbeit bei vertragsüblichen 40 Stunden pro Woche acht Stunden ergibt. Eine entsprechende Anwendung auf den gesamten Monat ist indes nicht zulässig.

Die mit dem Gehalt abgegoltene Überstundenzahl dürfte üblicherweise bei maximal ca. 10-15 % der Wochenarbeitszeit liegen. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat beispielsweise 10 Überstunden pro Monat als wirksam erachtet.

FAQ zum Thema Überstunden mit Gehalt abgegolten

Noch Fragen? Antworten auf weitere wichtige Fragen rund um die Überstundenvereinbarung finden Sie im Folgenden.

Grundsätzlich gilt, dass sich im Gesetz bzw. im Arbeitsrecht keine Vorschrift existiert, die den Arbeitnehmer zu Überstunden verpflichtet. Überstunden und ihre Vergütung sind vertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu vereinbaren. Dabei kann es bei Notfällen wie z. B. Bränden oder Überschwemmungen im Betrieb durchaus dazu kommen, dass der Arbeitgeber extra Überstunden anordnen kann. Dies betrifft jedoch nur Ausnahmesituationen, in denen der Arbeitnehmer allerdings zur Leistung der Überstunden verpflichtet werden kann. In der Regel müssen Überstunden jedoch vertraglich vereinbart werden. Fehlt eine dementsprechende Regelung im Arbeitsvertrag, kann der Arbeitgeber keine Überstunden vom Arbeitnehmer verlangen.
Unabhängig davon, ob Überstunden mit dem Gehalt abgegolten werden, zusätzlich vergütet werden oder ein Freizeitausgleich stattfindet – ei­nen An­spruch auf Zu­wei­sung von Über­stun­den besitzt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gegenüber nicht.
Bestimmungen zum Gehalt müssen im Arbeitsvertrag bzw. nach dem Nachweisgesetz klar geregelt werden. Dies betrifft auch eine über die vereinbarten monatlichen Arbeitsstunden hinaus zu treffende Regelung zur Überstundenvergütung. Da hierzu keine allgemeingültige gesetzliche Regelung existiert, sind arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen ausschlaggebend. Fehlen im Arbeitsvertrag Angaben zur Vergütung von Überstunden, kann der Arbeitgeber diese nicht vom Arbeitnehmer verlangen bzw. muss er geleistete Überstunden vergüten.