Beim Warendiebstahl auf dem Transport haftet der Frachtführer nicht immer komplett
Der Fall:
Ein Tabakwarenhersteller beauftragte eine Spedition damit, Tabakwaren von Deutschland nach Spanien zu transportieren. Diese wiederum gab den Auftrag an ein estländisches Unternehmen weiter. In Frankreich jedoch wurden bei einem Parkstopp des Fahrers Waren im Wert von 1.600 Euro gestohlen.
Der Tabakwarenhersteller verlangte daraufhin von der Spedition, neben dem Warenwert auch die Steuerforderung des französischen Fiskus in Höhe von etwa 20.000 € sowie den Wert der an der Ware befindlichen spanischen Steuerbanderolen in gleicher Höhe zu erstatten.
Die Spedition beglich den reinen Warenwert ohne Murren, weigerte sich jedoch mit dem Argument der Haftungsbeschränkung, den fiskalischen Schaden ebenfalls zu tragen. Sie begründete das damit, nicht dafür verantwortlich zu sein, dass der von ihr beauftragte estnische Frachtführer das Fahrzeug in Frankreich auf einem nicht bewachten Parkplatz abgestellt habe, wo es zum Diebstahl kam.
Da der Tabakwarenhersteller damit nicht einverstanden war, zog er vor Gericht. Hier argumentierte er, dass der Spediteur in der unbegrenzten Haftung stehe, da er den Auftrag, die Waren nach Spanien zu transportieren, angenommen hatte und somit auch für die sichere Ausführung des Auftrags verantwortlich sei.
Er hätte mit seinem Subunternehmer vereinbaren müssen, dass der LKW niemals auf einem unbewachten Parkplatz abgestellt hätte werden dürfen. Doch genau diesen Umstand bestritt die angeklagte Spedition. Der Frachtführer des Subunternehmers hätte bei der Schadenmeldung ausgesagt, der Diebstahl sei auf einem bewachten Parkplatz geschehen.
Entscheidung durch den BGH
Nach mehreren Instanzen landete der Fall schließlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Hier machten die Richter dem Spediteur zwar klar, dass er sich nicht aus der unbeschränkten Haftung herauswinden könne.
Trotzdem blieb der Kläger teilweise auf seinem Schaden sitzen, denn die Richter legten dar, dass der Spediteur für den Gesamtschaden nur aufkommen muss, wenn er durch Fahrlässigkeit zum Diebstahl beigetragen hätte.
Im vorliegenden Fall wäre dies auch der Fall gewesen, wenn der estnische Frachtführer den LKW tatsächlich auf einem unbewachten Parkplatz abgestellt hätte. Dies sei jedoch strittig, weil der Frachtführer zu Protokoll gegeben hatte, der Parkplatz sei bewacht gewesen.
Der klagende Tabakhersteller hätte also beweisen müssen, dass dieser Parkplatz entgegen den Aussagen des LKW-Fahrers nicht bewacht wurde. Dies könne die Klagende jedoch nicht, und somit müsse das Gericht davon ausgehen, dass der Beklagte seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen sei.
(BGH, Urteil vom 10.12.2009, Az.: I ZR154/07)
Tipp: Vermuten Sie nach einem Warendiebstahl, dass der Fahrer sein Fahrzeug auf einem unbewachten Parkplatz abgestellt hat, dann versuchen Sie immer, schnellstmöglich an die Unterlagen der polizeilichen Aufnahme des Diebstahls zu gelangen.
Verlangen Sie in einem solchen Fall auch, dass durch den Spediteur bzw. Frachtführer Belege wie beispielsweise eine Parkkarte vorgelegt werden.