Warenveredelung: Zollvorteile nutzen

Im Veredelungsverkehr winken für alle eingeführten Nicht-EU-Waren erhebliche Zollvergünstigungen.
Inhaltsverzeichnis

Brüssel gewährt diese Vergünstigungen aber nicht aus purer Wohltätigkeit. Mit den Maßnahmen soll europäischen Unternehmen die Produktion innerhalb der EU schmackhaft gemacht werden.

Begünstigt sind

  • die Bearbeitung (einschließlich Montage, Zusammensetzen oder Anpassen an andere Waren),
  • die Verarbeitung und
  • die Ausbesserung.

1. Aktive Veredelung

So genannte Nichtgemeinschaftsware (z. B. indische Auspufftöpfe) wird nur zur Bearbeitung in die EU eingeführt, um es in veredelter Form wieder zu verlassen (z. B. in einem 5er-BMW).

Der Verfahrensablauf

  1. Antrag und Bewilligung. Die aktive Veredelung darf erst nach der zollrechtlichen Bewilligung erfolgen. Einkäufer müssen dazu der Zollstelle bei der Einfuhr Warenmuster und die Zollanmeldung (als Einheitspapier oder im elektronischen Verfahren ATLAS-Einfuhr) mit allen nötigen Unterlagen vorlegen.
  2. Prüfung. Die Zollbehörde prüft den Antrag und gibt innerhalb kurzer Zeit ihr Feedback.
  3. Bewilligung. Unter welchen Bedingungen die aktive Veredelung dann durchgeführt werden kann, legt die Zollbehörde in der Bewilligung fest.
  4. Beendigung. Nach Ablauf der Frist für das Veredelungsverfahren muss die Ware einer neuen zollrechtlichen Einschätzung zugeführt werden (Beispiel:Wiederausfuhr aus dem EU-Zollgebiet,Verbringung in ein Zoll lager oderin eine Freizone).
  5. Fristen. Das zuständige Hauptzollamt erteilt die Bewilligung binnen 30 Tagen nach Abgabe des Antrags (oder gegebenenfalls nach Eingang fehlender Unterlagen). Die Frist für das Verfahren der aktiven Veredelung richtet sich nach dem jeweiligen technischen und kaufmännischen Aufwand und wird in der Bewilligung individuell festgelegt.
  6. Kosten. Für den Antrag und die Bewilligung fallen keine Gebühren oder Kosten an.

Beachten Sie: Werden die Waren nicht wieder ausgeführt oder werden Unregelmäßigkeiten
bei der Durchführung des Verfahrens festgestellt, fällt die übliche Zollschuld an.

2. Passive Veredelung

Die passive Veredelung ist das wirtschaftliche Gegenstück zur aktiven Veredelung. Beispiel für eine passive Veredelung: Ein britischer Tuchhersteller führt seine Cordstoffe (EU-Ware) nach Indien aus, wo aus den Stoffen Anoraks genäht werden. In der Folge wird der Exporteur zum Importeur und führt die Anoraks als Nichtgemeinschaftsware wieder in die EU ein, um sie anschließend als neue zollbegünstigte Gemeinschaftsware in den Handel zu bringen.

Beachten Sie: Zollbeamte sprechen davon, dass „bei der passiven Veredlung typischerweise die versendeten Waren in der Bearbeitung untergehen und in der Veredelung neue Produkte entstehen“ (im Beispiel: Aus Stoffen werden Anoraks). Die neuen Produkte sind bei der Wiedereinfuhr aus dem Ausland zollpflichtig, allerdings mit einer verringerten Zolllast. Der Wert der ausgeführten EU-Ware (Cordstoff) wird bei der Wiedereinfuhr nicht oder nicht in voller Höhe verzollt.

Der Verfahrensablauf

Rechtsgrundlagen für die passive Verzollung sind die Artikel 145 bis 160 ZK (Zollkodex) und Artikel 585-592 ZKDVO (Zollkodex-Durchführungsverordnung). Danach läuft der Prozess im Wesentlichen in 3 Phasen ab:

  1. Antrag und Bewilligung. Die Bewilligung wird bei der zuständigen Zollbehörde beantragt und nach Prüfung bestimmter persönlicher, sachlicher und wirtschaftlicher Voraussetzungen genehmigt (oder auch nicht). In der Bewilligung werden die Modalitäten zur Durchführung des Verfahrens geregelt.
  2. Überführung der Gemeinschaftsware. Die Waren werden bei der in der Bewilligung bestimmten Zollstelle abgeliefert. Die Zöllner prüfen die Zulässigkeit der Ausfuhr, bearbeiten die Zollanmeldung, legen die Frist (laut Bewilligung) für die Beendigung des Verfahrens fest (Wiedereinfuhr der veredelten Ware) und überzeugen sich von der Nämlichkeit (juristischer Begriff für identische Gegenstände). Um in den Genuss der Zollbegünstigungen zu kommen, dürfen die Waren im Ausland nur nach den in der Bewilligung festgelegten Kriterien bearbeitet werden (z. B. Nähen, Färben, Mischen usw.). Die Verwendung von Ersatzwaren (äquivalente Waren) ist bei der Herstellung der Veredelungserzeugnisse unter bestimmten Voraussetzungen möglich (gleiche Handelsqualität, gleiche technische Beschaffenheit und derselbe 8-stellige KN-Code wie die Ursprungsware). Details und Einzelheiten werden ebenfalls in der Bewilligung festgelegt.
  3. Beendigung des Verfahrens. Die veredelte Ware wird wieder in das Zollgebiet der EU eingeführt.

Ob eine Zollermäßigung oder unter Umständen sogar Zollfreiheit gewährt wird, berechnet sich nach 2 Methoden:

  • Differenzverzollung. Der Zollbetrag für die Veredelungserzeugnisse wird ermittelt. Davon wird der Zollbetrag abgezogen, der im Falle einer Einfuhr der unveredelten Ware entstehen würde (fiktiver Zoll für die Waren der vorübergehenden Ausfuhr). Der so errechnete Zollbetrag wird als Differenzzoll bezeichnet.
  • Mehrwertverzollung. Diese Methode kann unter bestimmten Voraussetzungen alternativ beantragt werden. Hier wird bei der Berechnung des Zollbetrags das Veredelungsentgelt (Lohn und Zutaten) nach Berichtigung zugrunde gelegt.

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