Zoll: So bekommen Sie zu viel gezahlten Zoll zurück

Zollfehler kommen immer wieder vor. Ärgerlich, wenn Ihr Unternehmen den Fehler gemacht hat und Sie dies erst erfahren, wenn der überhöhte Zollbescheid auf Ihrem Schreibtisch gelandet ist. Gleiches gilt bei Fehlern der Behörden. Doch mit ein bisschen Geschick können Sie sich Ihr Geld zurückholen.
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Fehler bei der Zollbearbeitung können richtig ins Geld gehen – das weiß jeder Logistiker spätestens dann, wenn ihm ein überhöhter Zollbescheid auf den Schreibtisch flattert. Doch auch ein solcher Zollbescheid ist nicht immer endgültig: Es gibt einige Fälle, in denen Sie Ihr gutes Geld zurückverlangen können – auch wenn der Fehler bei Ihnen im Unternehmen gemacht wurde.

Grundsätzlich sieht das Zollrecht nämlich den Erlass oder die Erstattung von zu viel bezahlten Abgaben vor. Hierzu muss die Zollbehörde erkennen können, ob die betreffenden Einfuhrabgaben – das können neben Zöllen auch Verbrauchsteuern oder Einfuhrumsatzsteuern (EUSt) sein – unzutreffend festgesetzt wurden.

Stellen Sie bei Fehlern immer einen Antrag auf Erstallung

Oft kommt es vor, dass die Zollbehörden selbst einen Fehler bemerken, doch darauf sollten Sie sich nicht verlassen, es ist schließlich Ihr Geld. Stellen Sie deshalb bei Fehlern immer einen Antrag auf Erstattung beziehungsweise Erlass bei dem Hauptzollamt, welches den Zollbescheid erlassen hat.

Achtung: Wählen Sie immer den Weg über einen Erlassungs- bzw. Erstattungsantrag. Sie könnten zwar auch den Weg des Einspruchs wählen: Das hätte aber den erheblichen Nachteil, dass in diesem Verfahren Ihr Zollbescheid auch zu Ihren Ungunsten abgeändert werden könnte, Sie also noch tiefer in die Tasche greifen müssten.

Dieser Vorgang nennt sich übrigens Verböserung. Das kann beim Erstattungs- und Erlassantrag nicht geschehen. Hier kann der Zollbescheid nur zu Ihren Gunsten verändert werden.

In der Logistik sind 2 Fälle von zu viel entrichteten Abgaben relevant

  1. Zum einen sind das Fälle, in denen Abgaben entrichtet wurden, obwohl diese nach geltendem Recht gar nicht gezahlt werden müssten.
  2. Eher seltener und auch schwieriger durchzusetzen sind Fälle, in denen es um Zollzahlungen geht, die durch Fehler entstanden sind, die Sie als Logistiker nicht selbst zu verantworten haben.

1. Bezahlte, aber gesetzlich nicht geschuldete Abgabe nach Artikel 236 Zollkodex

Nach Artikel 236 des Zollkodex werden Zahlungen immer dann erstattet oder erlassen, wenn sie nach der Rechtslage nicht geschuldet waren.

Artikel 236 Zollkodex

(1) Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfasst worden ist.

Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erlassen, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfasst worden ist. Eine Erstattung oder ein Erlass wird nicht gewährt, wenn die Zahlung oder buchmäßige Erfassung eines gesetzlich nicht geschuldeten Betrags auf ein betrügerisches Vorgehen des Beteiligten zurückzuführen ist.

(2) Die Erstattung oder der Erlass der Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben erfolgt auf Antrag; der Antrag ist vor Ablauf einer Frist von 3 Jahren nach Mitteilung der betreffenden Abgaben an den Zollschuldner bei der zuständigen Zollstelle zu stellen. Diese Frist wird verlängert, wenn der Beteiligte nachweist, dass er infolge eines unvorhersehbaren Ereignisses oder höherer Gewalt gehindert war, den Antrag fristgerecht zu stellen.

Die Zollbehörden nehmen die Erstattung oder den Erlass von Amts wegen vor, wenn sie innerhalb dieser Frist selbst feststellen, dass einer der in Absatz 1 Unterabsätze 1 und 2 beschriebenen Sachverhalte vorliegt.

Das ist etwa immer dann der Fall, wenn der Zoll schon in einem anderen EUStaat bezahlt oder ein falscher Zolltarif angewendet wurde. Dabei ist es egal, ob das die Behörden getan haben oder der Fehler in Ihrer Verantwortung entstanden ist.

Prinzipiell muss diese Erstattung oder der Erlass zwar von Amts wegen erfolgen, doch darauf sollten Sie sich nicht verlassen, wenn Sie bemerken, dass zu viel gezahlt wurde. Sie sollten immer einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Hauptzollamt stellen.



Achtung:
Den Antrag müssen Sie innerhalb von 3 Jahren nach Erlass des betreffenden falschen Zollbescheids stellen.

2. Zu viel entrichtete Zollabgaben durch besondere Umstände nach Artikel 239 Zollkodex

Der Zollkodex sieht außerdem die Erstattung oder den Erlass von Zollabgaben vor, wenn „besondere Umstände“ vorliegen. Genaueres hierzu findet sich im Artikel 239 des Zollkodex:

Artikel 239 Zollkodex

(1) Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben können in anderen als den in den Artikeln 236, 237 und 238 genannten Fällen erstattet oder erlassen werden; diese Fälle

  • werden nach dem Ausschlussverfahren festgelegt;
  • ergeben sich aus Umständen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind. Nach dem Ausschlussverfahren wird festgelegt, in welchen Fällen diese Bestimmung angewandt werden kann und welche Verfahrensvorschriften dabei zu beachten sind. Die Erstattung oder der Erlass kann von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden.

(2) Die Erstattung oder der Erlass der Abgaben aus den in Absatz 1 genannten Gründen erfolgt auf Antrag; dieser ist innerhalb von 12 Monaten nach der Mitteilung der Abgaben an den Zollschuldner bei der zuständigen Zollstelle zu stellen. Jedoch können

  • in begründeten Ausnahmefällen die Zollbehörden diese Frist verlängern,
  • in bestimmten Fällen kürzere Fristen im Ausschlussverfahren festgelegt werden.

Wie Sie sehen, sind Fälle nach diesem Artikel viel schwerer und nicht so eindeutig zu bewerten wie die Fälle nach Artikel 236 Zollkodex. Und so gehen die Zollbehörden hier bei der Bewertung auch immer davon aus, ob sich im vorliegenden Einzelfall ein Zollschuldner gegenüber anderen, die eine ähnliche oder gleiche Tätigkeit ausüben, in einer besonderen Lage befindet.

Hier entscheiden die Behörden dann nach dem so genannten Billigkeitsgrundsatz. Sie können sich sicher vorstellen, dass dies eine nicht sehr eindeutige Vorgehensweise ist, die im Endeffekt dazu führt, dass der Ausgang eines solchen Verfahrens nach Artikel 239 Zollkodex recht unsicher ist und sich kaum voraussagen lässt.

Tipp: Sie sollten sich nie auf Artikel 239 Zollkodex stützen, wenn Sie einen Fall haben, der im Transportbereich öfters vorkommt. Denn hier kommt kein Erlass bzw. keine Erstattung infrage. Entscheidend für die Bewilligung von Erlass oder Erstattung ist also das Vorliegen von Sonderfällen, die absolut ungewöhnlich sind.

Aber was ist in der Logistik schon absolut ungewöhnlich? Einige Fälle hierzu finden Sie hier:

Beispiele für die Ablehnung oder Anerkennung der Erstattung nach Artikel 239 Zollkodex

Es gibt einige Fälle, bei denen Sie erst gar nicht versuchen sollten, sich um eine Erstattung bzw. einen Erlass nach Artikel 239 zu bemühen.

Schmuggelware: Nach geltender Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist es in der Logistik kein ungewöhnliches Vorkommen, wenn beispielsweise ein Frachtführer Schmuggelware transportiert, ohne dass er davon weiß. Nach Ansicht des Gerichtshofs zählt dies zum allgemeinen Geschäftsrisiko, das quasi normal ist. Es kommt also gar nicht darauf an, ob der Frachtführer weiß, dass sein Fahrzeug zum Schmuggeltransport missbraucht wird, er schuldet hier immer die Zollabgaben. (EuGH, Urteil vom 7.9.1999, Az.: Rs. C-61/98)

Auch bei gefälschten Papieren haben Sie schlechte Chancen, denn auch hier ging der EuGH in einem Urteil davon aus, dass ein Zollspediteur den Zoll entrichten muss, wenn sich herausstellt, dass ihm gefälschte Frachtpapiere ausgehändigt wurden. (EuGH, Urteil vom 14.12.2004, Az.: Rs. T-332/02)

Auch bei anderen Betrugsfällen haben Sie schlechte Karten, wenn Sie sich auf einen ungewöhnlichen Umstand berufen. Das gilt sogar, wenn Sie das Opfer eines Betrugs geworden sind und die Zollbehörden von diesem Betrug erfahren haben. Dabei ist es nicht einmal relevant, ob die Behörden Sie hierüber informiert haben oder nicht. In diesem Fall ging die Europäische Kommission davon aus, dass die Behauptung eines Betrugsfalls, die an die Behörden ging, sich als falsch herausstellen könnte und es daher berechtigt sei, den Sachverhalt erst aufzuklären, bevor eine Information weitergegeben wird. (Entscheidung der EU-Kommission: REM 14/2003)

Gleiches gilt bei Versandverfahren, bei denen die Erledigungspapiere mit falschen Stempeln und Unterschriften drittländischer Zollbehörden versehen sind. Im entschiedenen Fall ging nämlich dann der EU-Zoll davon aus, dass die Ware in der EU verblieb, und verlangte deshalb die Zahlung der so entstandenen Zollschuld. (Entscheidung der EU-Kommission: REM 04/2005) Doch es gibt auch Fälle, in denen die Kommission Erstattungs- beziehungsweise Erlassanträgen stattgegeben hat.

Bekommen die Behörden mit, dass beispielsweise ein Frachtführer mit Schmuggelware oder gefälschten Papieren unterwegs ist, lässt sie ihn aber aus ermittlungstaktischen Gründen ohne einen Hinweis weiterfahren, so löst dies zwar eine Zollschuld aus. Da ein solcher Fall aber nach Ansicht der Kommission beziehungsweise des EuGH nicht mehr als normal und üblich bezeichnet werden kann – ein am Transport Beteiligter muss also mit einem solchen Fall nicht rechnen -, kann der Erlass beziehungsweise die Erstattung erfolgen.

Auch bei falschen Ursprungszeugnissen mit der damit verbundenen Präferenzzoll-Nachforderung kann ein Antrag Erfolg haben. Zwar gehören nach Artikel 904 Buchstabe c ZK-DVO solche Fälle durchaus zum normalen Geschäftsrisiko in der Logistik, aber wenn eine zuständige Behörde bei der Ausstellung eines Ursprungszeugnisses einen Fehler macht, kann der Zollschuldner nichts dafür und die Zollzahlung muss erlassen beziehungsweise rückerstattet werden.

Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Täuschung durch den Warenhersteller für den Importeur nicht klar war, Drittbehörden trotz einer Information des Betrugsfalls die Zeugnisse aber weiter ausgestellt und nicht zurückgezogen haben. (Entscheidung der EU-Kommission: REM 06/2005)

Tipp: Wie Sie sehen, ist eine Zollerstattung nach Artikel 239 Zollkodex immer eine unsichere Sache. Deshalb sollten Sie bei Zolltransporten immer eine gute Versicherung gegen Zollschäden abschließen. Das gilt insbesondere bei Transporten, die einen erheblichen Wert darstellen.

Wollen Sie es trotzdem wagen, eine Erstattung oder den Erlass nach Artikel 239 zu stellen, müssen Sie das nicht beim Hauptzollamt tun, sondern bei der EU-Kommission. Sie sehen: Schon der Weg nach diesem Artikel ist wesentlich aufwändiger. Sie sollten sich also genau überlegen, ob Ihr Antrag auf diesem Wege überhaupt eine Chance hat. Insbesondere bei geringeren Zollabgaben lohnt sich diese Vorgehensweise in der Regel nicht.

Achtung: Wenn Sie nach Artikel 239 vorgehen wollen, so müssen Sie den Antrag innerhalb eines Jahres nach Erlass des Zollbescheids stellen.