Bilanzierung – einfach erklärt: Inhalte, Pflichten und Beispiele

Bilanzierung – einfach erklärt: Inhalte, Pflichten und Beispiele

Am Ende eines Jahres kommt für jedes Unternehmen die Zeit der Abrechnung. Was wurde im abgelaufenen Geschäftsjahr verdient? Was wurde ausgegeben? Wie war die Höhe der Abschreibungen, wie viel wurde investiert? Buchhalter und Unternehmer müssen dafür eine Einnahmenüberschussrechnung erstellen oder eine Bilanzierung vornehmen. Wir erklären Ihnen in diesem Artikel alles Wichtige zur zweiten Option, der Bilanzierung. Wer muss am Ende des Wirtschaftsjahres eine Bilanz aufstellen und wie ist sie aufgebaut? Wie sieht eine beispielhafte Bilanz aus und wie funktioniert die Bilanzierung in der Praxis?
Inhaltsverzeichnis

Was ist Bilanzierung?

Jedes Unternehmen muss am Jahresende zusammenfassen, wie sich seine Vermögenswerte entwickelt haben. Je nach Rechtsform und Vorschrift ist zur Gewinnermittlung eine Einnahmenüberschussrechnung oder Bilanz erforderlich.

Im Handelsgesetzbuch (HGB) sind die Grundsätze zur Bilanzierung geregelt. Paragraf 242 und 246 HGB fassen zusammen, dass alle Vermögens- und Kapitalgegenstände eines abgelaufenen Geschäftsjahres im Rahmen der Bilanzierung aufgelistet werden müssen.

Dazu verpflichtet sind laut HGB alle Kaufleute, die der Pflicht zur doppelten Buchführung unterliegen. Wer nur eine einfache Buchführung machen darf, muss keine Bilanzierung vornehmen.

Was ist eine Bilanz?

Das Ergebnis der Bilanzierung ist die Bilanz. Darin sind alle ermittelten Vermögensgegenstände und Vermögenswerte voneinander getrennt in verschiedenen Konten und Büchern aufgelistet. Die Bilanz ist getrennt in zwei Seiten, Aktiva und Passiva. Beide Seiten müssen ausgeglichen sein, also den gleichen Euro-Wert aufweisen.

Was sind die Aufgaben einer Bilanz?

Die übergeordnete Aufgabe einer Bilanz ist, verschiedene Instanzen und Personen über den Zustand eines Unternehmens zu informieren. Dazu zählen Gläubiger, Kreditgeber sowie die öffentliche Hand. Sie gibt eine Übersicht über das im Unternehmen angesammelte Vermögen beziehungsweise die Vermögensgegenstände.

Gleichzeitig ist sie die Grundlage zur Gewinnermittlung. Die Erstellung der Bilanz ist Teil des Jahresabschlusses eines jeden Unternehmens, das zur doppelten Buchführung und damit zur Bilanzierung und dem Jahresabschluss gemäß HGB verpflichtet ist.

Wie ist eine Bilanz aufgebaut?

Die Bilanz besteht ähnlich wie ein Kontoauszug aus einer Soll- und Haben-Seite. Anders als bei einem klassischen Kontoauszug werden beide Seiten Aktiva (Soll) und Passiva (Haben) genannt. Zu der Passiva-Seite gehört das Eigenkapital, Fremdkapital und Rückstellungen; zur Aktiva-Seite hingegen das Anlage- und Umlaufvermögen. Der Aufbau einer Bilanz ist in § 247 HGB geregelt.

Welche Inhalte enthält eine Bilanz?

Wer eine Bilanz erstellt, führt darin folgende Inhalte, aufgeteilt auf die Aktivseite und Passivseite, auf:

  • Anlagevermögen,
  • Umlaufvermögen,
  • Eigenkapital,
  • Fremdkapital,
  • Rückstellungen.

Zudem gibt es auf jeder der beiden Seiten einen Rechnungsabgrenzungsposten, in der Praxis meist nur mit der Abkürzung RAP bezeichnet, sowie jeweils einen Posten für aktiv und passiv latente Steuern.

Wie funktioniert die Rechnungabgrenzung?

Für die Rechnungsabgrenzung werden in der Bilanz zwei Posten gebildet: der aktive Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP) und der passive Rechnungsabgrenzungsposten (PRAP). Diese sind für Positionen vorgesehen, bei denen Einnahmen und Ausgaben auf zwei verschiedene Geschäftsjahre fallen und daher getrennt voneinander verbucht werden müssen.

Was bildet die Aktiva ab?

Die Aktiva – in einer typischen Bilanz in T-Form auf der linken Seite abgebildet – stellt den buchhalterischen Wert aller Vermögensgegenstände und -werte eines Unternehmens dar.

Zu diesem Vermögen zählen:

  • Anlagevermögen: Zum Anlagevermögen zählen beispielsweise immaterielle Güter wie Finanzanlagen und Patente sowie materielle Güter wie beispielsweise Gebäude, Maschinen oder Grundstücke. Sie ändern sich oft nicht im Laufe eines Geschäftsjahres, müssen aber dennoch jederzeit auf der Aktivseite aufgeführt werden.
  • Umlaufvermögen: Im Vergleich zum Anlagevermögen ist das Umlaufvermögen ein sich stetig verändernder Posten. Dazu zählen sämtliche Waren und Vorräte, liquide Mittel wie der Barbestand in der Kasse oder Gelder auf Bankkonten, Wertpapiere und offene Forderungen.

Was umfasst die Passiva?

Die Passiva stehen auf der rechten Seite der Bilanz. Bei der Bilanzierung werden dort sowohl das Eigenkapital als auch die Schulden beziehungsweise Verbindlichkeiten eines Betriebs aufgeführt. Diese Seite gleicht die Aktiva aus und umgekehrt.

Zu den Passiva zählen:

  • Eigenkapital: Das Eigenkapital ist die Höhe der monetären Mittel, die die Unternehmenseigentümer zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung im Unternehmen platziert haben. Auch Rücklagen gehören zum Eigenkapital.
  • Fremdkapital: Schulden sind das Fremdkapital eines Unternehmens. Dabei wird zwischen verschiedenen Arten von Schulden beziehungsweise Verbindlichkeiten unterschieden, beispielsweise langfristige Verbindlichkeiten (Kredite, Anleihen, Darlehen mit Zahlungszielen von mehr als einem Jahr) oder Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen.
  • Rückstellungen: Rückstellungen zählen zum Fremdkapital. Sie werden gebildet, um künftig anfallende Verbindlichkeiten bedienen zu können. 

Was ist die Bilanzsumme?

Die Bilanzsumme ist die jeweilige Summe der addierten Werte auf der Aktiva- und Passiva-Seite. Bilanzsummen müssen auf beiden Seiten der Bilanz gleich hoch sein. Wird im Rahmen der Bilanzierung ermittelt, dass die Aktiva die Passiva übersteigen, wird die Bilanzsumme ausgeglichen, indem ein Bilanzgewinn ausgewiesen wird.

Im umgekehrten Fall – die Summe der Passiva-Posten übersteigt die der Aktiva – wird ein Bilanzverlust ausgewiesen.

Beispiel: Wie kann eine Bilanz aussehen?

Jede Bilanz ist gleich aufgebaut. Diesen regelt das Handelsgesetzbuch, das neben der allgemeinen Bilanzierungspflicht auch die Grundsätze der Bilanzierung festhält.

Eine beispielhafte Bilanz kann wie folgt aussehen:

AktivaSummePassivaSumme
Anlagevermögen

Immaterielle Vermögensgegenstände

Sachanlagen

Finanzanlagen
EUR 0

EUR 0 

EUR 0

EUR 0
Eigenkapital

Gezeichnetes Kapital

Rücklagen

Gewinn- / Verlustvortrag

Jahresüberschuss
EUR 0

EUR 0

EUR 0

EUR 0

EUR 0
 EUR 0RückstellungenEUR 0
Umlaufvermögen

Warenvorräte

Forderungen

Wertpapiere

Kasse

Bank
EUR 0

EUR 0

EUR 0

EUR 0

EUR 0

EUR 0
VerbindlichkeitenEUR 0
RechnungsabgrenzungspostenEUR 0RechnungsabgrenzungspostenEUR 0
Aktiv latente SteuernEUR 0Passiv latente SteuernEUR 0
Summe der AktivaEUR 0Summe der PassivaEUR 0

Die Summen von Aktiva und Passiva müssen beim Jahresabschluss gleich hoch sein.

Welche Arten von Bilanzveränderungen gibt es?

In der doppelten Buchführung gibt es vier verschiedene Arten von Bilanzveränderungen, die jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf die Bilanzsumme haben:

Art der BilanzveränderungBeschreibungAuswirkung auf Bilanzsumme
AktivtauschDie Bilanzsumme bleibt unverändert, da nur Konten auf der Aktivseite betroffen sind, z. B. beim Kauf eines Bürostuhls gegen Bargeld.Keine Veränderung
PassivtauschAuch hier ändert sich die Bilanzsumme nicht, da nur die Passivseite beteiligt ist, wie bei einer Umschuldung von kurzfristigem in langfristiges Fremdkapital.Keine Veränderung
Aktiv-Passiv-MehrungDie Bilanzsumme erhöht sich, da das Vermögen auf der Aktivseite zunimmt, z. B. durch den Kauf eines Grundstücks mit Fremdfinanzierung.Erhöhung der Bilanzsumme
Aktiv-Passiv-Minderung Die Bilanzsumme verringert sich, da die Aktivseite durch den Verkauf eines finanzierten Gebäudes reduziert wird.Verringerung der Bilanzsumme

Wer ist zur Bilanzierung verpflichtet?

Nicht jedes Unternehmen hat eine Bilanzierungspflicht. Wer eine Bilanz erstellen muss, regelt das HGB. Als Faustregel zum einfacheren Verständnis gilt: Wer als Kaufmann agiert und im Handelsregister eingetragen ist, hat eine Bilanzierungspflicht und muss demnach bilanzieren.

Betriebe mit folgenden Rechtsformen müssen eine doppelte Buchführung machen und daraus resultierend eine Bilanz aufstellen:

  • Kapitalgesellschaften: Die drei üblichsten Kapitalgesellschaften sind die GmbH, die AG und die UG. Sie müssen nicht nur bilanzieren, sondern das Ergebnis auch im Bundesanzeiger veröffentlichen.
  • Personengesellschaften: Sind Sie als OHG oder KG beim Finanzamt und im Handelsregister gemeldet, ist ebenfalls eine Bilanzierung erforderlich. Sie muss allerdings nicht veröffentlicht werden. Achtung: Die Personengesellschaften GbR und PartG sind nicht zur Bilanzierung verpflichtet, da sie laut HGB keinen Kaufmann-Status haben.

Wer muss keine Bilanz aufstellen?

Freiberufler und Gewerbetreibende sowie Kaufleute, die unter 60.000 Euro Jahresgewinn und / oder 600.000 Euro Jahresumsatz machen, sind nicht zur Bilanzierung verpflichtet.

Wie funktioniert die Bilanzierung in der Praxis?

Eine Bilanz – auch oft vereinfacht „der Jahresabschluss“ genannt, was allerdings theoretisch nicht korrekt ist – kann verschiedene Ausprägungen haben, je nachdem, wann sie erstellt wird. Der Jahresabschluss hingegen ist die Kombination aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung (GUV).

Um eine Bilanz erstellen zu können, müssen Sie sowohl eine Eröffnungsbilanz als auch eine Jahresbilanz dokumentieren.

Was ist die Eröffnungsbilanz?

Die Eröffnungsbilanz wird zu verschiedenen Anlässen erstellt. Der erste ist stets bei der Gründung eines im Handelsregister eingetragenen Unternehmens. Der Stichtag der Eröffnungs-/Gründungsbilanz ist dabei das Gründungsdatum der Unternehmung.

Zudem ist eine Eröffnungsbilanz fällig, wenn von einer nicht-bilanzierungspflichtigen Rechtsform in einer gewechselt wird, bei der fortan die doppelte Buchrührung vonnöten ist.

Der dritte Fall ist die Eröffnung eines neuen Geschäftsjahres. In der Buchhaltung wird technisch gesehen aus der Schlussbilanz des Vorjahres die Eröffnungsbilanz des neuen Geschäftsjahres.

Was ist die Jahresbilanz?

Die Jahresbilanz ist die Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva zum Ende eines jeden Geschäftsjahres. Sie bildet die Grundlage für den Jahresabschluss und ist auch Basis der Eröffnungsbilanz des Folgejahres. Ist im Alltag von „der Bilanz“ die Rede, ist in der Regel eine Jahresbilanz gemeint.

Welche Rolle spielt die Bilanzierung beim Jahresabschluss?

Der Jahresabschluss wird – gleichzeitig mit der Bilanzierung – in der Regel am letzten Tag des Geschäftsjahres oder kurz darauf vorgenommen. Er besteht aus dem Ergebnis der Bilanzierung (Bilanz) und der GUV (Gewinn- und Verlustrechnung).

Was ist eine Bilanzanalyse?

Gemäß HGB ist jedes der Bilanzierungspflicht unterliegende Unternehmen zur Bilanzierung gezwungen. Viele Unternehmen beschäftigen sich jedoch anschließend nicht mehr mit der Auswertung der ermittelten Daten, der sogenannten Bilanzanalyse.

Dabei wird der Jahresabschluss mit Bilanz und GUV untersucht, um so Einblicke in den vergangenen und künftigen Erfolg der unternehmerischen Tätigkeiten ermitteln zu können. Die Bilanzanalyse wird nicht nur von Unternehmen selbst, sondern auch beispielsweise von Kreditgebern angewandt.

Im Rahmen der Bilanzanalyse werden meist Vergleiche zwischen dem / den Vorjahr(en) vorgenommen und sämtliche Zahlen miteinander in Relation gesetzt. Von den Analysen der Finanzen und Steuern eines Betriebes erhoffen sich Unternehmen und weitere Beteiligte, möglichst detaillierte Rückschlüsse über vergangene und künftige Leistungen eines Betriebs zu erhalten. Die Bilanzanalyse kann beispielsweise Basis für die Gewährung eines Darlehens sein.

Wie lange muss eine Bilanz aufbewahrt werden?

Das Handelsgesetzbuch (§ 257 HGB) und die Abgabenordnung (§ 147 AO) regeln, wie lange eine Bilanz aufbewahrt werden muss. So gilt für sämtliche Bilanzen und Jahresabschlüsse, aber auch dafür benötigte Unterlagen wie Belege, Inventare & Co. die Frist von zehn Jahren.

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um physische oder digitale Daten handelt. Der Beginn der Aufbewahrungsfrist ist stets der Abschluss eines Kalenderjahres, zu dessen Stichtag beispielsweise ein Jahresabschluss oder eine Jahresbilanz erfasst werden.

Was sind die Vorschriften für die Bilanzierung?

Grundsätzlich gelten die gesetzlichen Vorschriften für die Erstellung einer Bilanz, die das Handelsgesetzbuch regelt. Darüber hinaus sollten Sie jedoch sicherstellen, dass auch alle Beteiligten im Unternehmen ordnungsgemäß und sorgfältig arbeiten.

Dafür gibt es in vielen Unternehmen Bilanzierungshandbücher, die alle Grundsätze aus HGB und weitere Vorschriften sowie Regeln zusammenfassen.

Wie lauten die Grundsätze der Bilanzierung?

Die „Grundsätze ordnungsgemäßer Bilanzierung“ (GoB) sind im HGB, genauer gesagt in § 243 ff. geregelt. Eine kurze Übersicht über die wichtigsten Regeln und Pflichten:

  • Bilanzklarheit: Alle Bilanzposten müssen klar benannt werden sowie die gesamte Bilanz nach einem bestimmten Schema gegliedert werden. Sie dürfen nicht Aktiva und Passiva miteinander vermischen, beispielsweise zwei Posten addieren oder voneinander abziehen. Was hingegen erlaubt ist: weitere Posten hinzufügen. Allerdings nur dann, wenn es der Übersicht der Gesamtbilanz dient.
  • Bilanzwahrheit: Sie dürfen keine falschen Angaben im Rahmen der Bilanzierung machen, ebenso wenig Werte weglassen.
  • Bilanzkontinuität: Alle Jahresabschlüsse (und damit Bilanzen), die Sie machen, müssen schnell miteinander vergleichbar sein. Sie sollten einen Jahresabschluss beispielsweise immer am selben Tag aufstellen. In einer Bilanz sollten zudem die Posten und Bezeichnungen immer identisch sein, sofern es möglich ist.
  • Bilanzidentität: Ihre Schlussbilanz des vergangenen Geschäftsjahres muss der Eröffnungsbilanz des aktuellen Jahres entsprechen. Mit diesen Vorschriften wird sichergestellt, dass es keine undokumentierten Lücken gibt.

Weiter gibt es Grundsätze, die von der Unterzeichnungspflicht (§ 245 HGB) über die Wesentlichkeit bis hin zur Aufstellung der Bilanz auf Deutsch und in Euro reichen.