Abfindungshöhe: Mit dieser Abfindungshöhe müssen Sie kalkulieren
Wenn Sie eine Abfindung nach § 1a KSchG (= Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung) angeboten haben, beträgt die im Gesetz vorgesehene Abfindung 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.
Hintergrund: Um im Fall einer betriebsbedingten Kündigung schon im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung Klarheit zu bekommen, hat der Gesetzgeber vor einigen Jahren § 1a KSchG geschaffen.
Nach dieser Vorschrift gibt es ein zweistufiges Wahlrecht: Zunächst haben Sie als Arbeitgeber die Wahl, ob Sie Ihrem betroffenen Mitarbeiter gleich eine Abfindung anbieten möchten oder nicht. Die Höhe der Abfindung ist gesetzlich festgelegt und beträgt 0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr.
Wichtig: Sie sind zu einem solchen Angebot nicht verpflichtet!
Abfindungshöhe: Berechtigungsgrundlage einer Abfindung
Berechnungsgrundlage: Es wird dabei der Monatsverdienst als Berechnungsgrundlage genommen, den Ihr Arbeitnehmer in dem Monat verdient, in dem das Arbeitsverhältnis endet. Und bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden (§ 1a Abs. 2 S. 1 und 3 KSchG).
Beispiel: Peter Mustermann hat 3 Jahre und 8 Monate in Ihrem Unternehmen gearbeitet. Damit hat er 4 Beschäftigungsjahre vorzuweisen. Dies entspricht einer Abfindung von 2 Monatsverdiensten (4 Jahre x 0,5).
Hinweis: Bislang ungeklärt ist die Frage, wie die rechtliche Situation ist, wenn ein Arbeitnehmer z. B. 3 Jahre und 4 Monate gearbeitet hat. Müssen die 4 Monate dann bei der Berechnung der Abfindung anteilig berücksichtigt werden? Ich meine nein. Denn der Wortlaut von § 1a KSchG sieht eine solche anteilige Berücksichtigung nicht vor. Und darauf würde ich mich im Streitfall auch stützen. Ganz abgesehen davon fällt eine zu zahlende Abfindung so niedriger aus.
Abfindungshöhe: Was zum Monatsverdienst dazu zählt
Geklärt ist hingegen die Frage, was alles zum Monatsverdienst dazuzählt: Als Monatsverdienst gilt, was Ihrem Arbeitnehmer bei der für ihn üblichen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet, an Geld und Sachbezügen zusteht (§ 1a Abs. 2 S. 2 KSchG i.V.m. § 10 Abs. 3 KSchG). Dazu gehören somit
- variable Einkommensbestandteile wie z. B. Prämien, Provisionen etc.,
- regelmäßig gezahlte Zulagen wie etwa Nacht-, Schicht-, Gefahren- und Leistungszulagen,
- einmalige Zahlungen, wenn sie für einen längeren Zeitraum gezahlt werden, z. B. ein 13. Monatsgehalt, Tantiemen, Jahresabschlussvergütungen usw., sowie
- Sachbezüge, z. B. ein Dienstwagen oder eine Dienstwohnung.
Nicht in die Rechnung mit einzubeziehen sind hingegen Zulagen, die als Aufwendungsersatz gezahlt werden, z. B. Spesen.
Achtung! Wenn Sie im Kündigungsschreiben verbunden mit einem Angebot nach § 1a KSchG keinen oder einen niedrigeren Abfindungsbetrag nennen, wird trotzdem immer die gesetzlich vorgesehene Abfindung von 0,5 Monatsverdiensten fällig. Das gilt selbst dann, selbst wenn Sie vorher mit Ihrem Mitarbeiter über einen niedrigeren Betrag gesprochen haben (BAG, Urteil vom 13. 12. 2007, Az. 2 AZR 807/06).
Umgekehrt gilt: Bieten Sie im Kündigungsschreiben (das NICHT mit einem Angebot im Sinne von § 1a KSchG verbunden ist!) die Zahlung einer Abfindung an, die niedriger ist als die gesetzlich vorgesehenen 0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr, dann liegt kein Angebot nach § 1a KSchG vor. Ihr Mitarbeiter kann also nur die zugesagte Abfindung einstreichen (Sächsisches LAG, Urteil vom 26. 2. 2007, Az. 3 Sa 305/06). Wenn Sie hier aber eine höhere Abfindung als in §1a KSchG vorgesehen anbieten, dann müssen Sie sich auch hieran festhalten lassen.
Abfindungshöhe: Wenn ein Auflösungsantrag gestellt wurde
Stellen Sie sich den folgenden Fall vor: Sie entlassen einen Ihrer Arbeitnehmer, der daraufhin Kündigungsschutzklage erhebt. Im Laufe des Verfahrensstellt sich heraus, dass die Kündigung sozialwidrig und damit unwirksam ist. Wenn Sie sich nun vor einem Urteil nicht auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung verständigen (durch einen Vergleich), dann müssten Sie Ihren Mitarbeiter weiterbeschäftigen. Sie wollen das aber nicht, weil aus Ihrer Sicht das Beschäftigungsverhältnis völlig zerrüttet ist.
Und hier haben Sie tatsächlich eine Chance, Ihren Mitarbeiter nicht weiter zu beschäftigen: Dazu müssen Sie noch vor Abschluss des Verfahrens einen so genannten Auflösungsantrag (§ 9 KSchG) stellen. Hierbei handelt es sich um einen Antrag an das Gericht das Arbeitsverhältnis trotz Unwirksamkeit der Kündigung aufzulösen. Wird dem Antrag stattgegeben wird, stellt sich die Frage nach der Höhe der Abfindung. Diese orientiert sich dann an den Vorgaben in § 10 KSchG. Dabei gelten nach § 10 Abs. 1 und 2 KSchG folgende Höchstgrenzen:
Lebensalter des Arbeitnehmers | Maximale Abfindung |
Unter 50 Jahre | 12 Monatsverdienste |
Ab 50 Jahren und bei mindestens 15-jähriger Betriebszugehörigkeit | 15 Monatsverdienste |
Ab 55 Jahren und bei mindestens 20-jähriger Betriebszugehörigkeit | 18 Monatsverdienste |
Wie Sie sehen, ist in § 10 KSchG geregelt, wie viele Monatsverdienste einem Arbeitnehmermaximal zustehen.
Beispiel: Frau Werner, 59 Jahre alt, ist seit 38 Jahren bei Ihnen beschäftigt. Ihr Monatsverdienst beträgt 2.800 Euro. Demnach würde Frau Werner im Falle eines erfolgreichen Auflösungsantrags nach der Faustformel ein Abfindungsbetrag von ca. 53.200 Euro zustehen (0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr = 0,5 x 2.800 € x 38 Jahre). Dies entspricht 19 Monatsverdiensten. Da nach § 10 Abs. 2 S. 1 KSchG die Grenze aber bei 18 Monatsverdiensten liegt, könnte Frau Werner „nur“ 50.400 Euro beanspruchen.
Wichtig: Die Begrenzung in § 10 KSchG gilt nur für vom Gericht festgesetzte Abfindungen. Individuelle Abmachungen zwischen den Parteien sehen natürlich nach oben keine Grenzen vor.
Abfindungshöhe: Wenn das Gesetz für die Abfindung nichts vorgibt
In diesen Fällen ist die Höhe der Abfindung grundsätzlich Verhandlungssache. Sie müssen sich also mit Ihrem Mitarbeiter – bzw. im Falle eines Sozialplans – mit Ihrem Betriebsrat verständigen.
Tipp: Sie können hierzu die Regelung aus § 1a KSchG heranziehen und pro Beschäftigungsjahr 0,5 Bruttomonatsverdienste anbieten. Je nach Erfolgsaussichten einer alternativen Kündigung, der Länge einer sonst einzuhaltenden Kündigungsfrist etc. können Sie die Höhe der Abfindung auch nach unten oder oben korrigieren.
Gerade wenn nicht auszuschließen ist, dass Ihr Mitarbeiter im Kündigungsschutzverfahren eine sehr viel höhere Abfindung aushandeln könnte, sollten Sie von § 1a KSchG Gebrauch machen, also gleich eine Abfindung anbieten. Denn das kann für Sie unter dem Strich immer noch die günstigere Variante sein.