Unkündbarkeit: Welche Arbeitnehmer sind unkündbar?

Bei jedem Beschäftigungsverhältnis haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Kündigungsrecht. In der Praxis gibt es jedoch Arbeitsverhältnisse, die theoretisch unkündbar sind. Allerdings müssen für die Unkündbarkeit bestimmte Voraussetzungen gegeben sein.
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Was bedeutet Unkündbarkeit im Arbeitsrecht?

Unkündbarkeit stellt eine wichtige Ausnahme im Arbeitsrecht dar. Denn üblicherweise kann jeder Arbeitnehmer unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen und mit einem triftigen Kündigungsgrund gekündigt werden. Allerdings gibt es Mitarbeiter, für die neben der ordentlichen Kündigungsfrist noch weitere Voraussetzungen gelten beispielsweise durch Tarifverträge. Diese unkündbaren Angestellten können nur fristlos und aus wichtigem Grund gekündigt werden. Grundlage dafür liefert § 626 abs. 1 BGB.

Eine „absolute“ Unkündbarkeit gibt es dementsprechend nicht. Dennoch haben bestimmte Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen mehr Privilegien, wenn es um den Kündigungsschutz geht.

Wann liegt Unkündbarkeit vor?

Die gesetzliche Unkündbarkeit existiert für verschiedene Berufsgruppen beispielsweise ist Beschäftigte im öffentlichen Dienst oder Schwerbehinderte. Grund dafür sind oftmals Krankheiten oder Tarifverträge, nach denen sich Arbeitgeber an bestimmte Regeln halten müssen. Diese sind im BGB festgehalten. Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst gilt beispielsweise der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD).

Beispiel TVöD

Der TVöD besagt, dass Arbeitsverhältnisse von Beschäftigen, die das 40. Lebensjahr vollendet haben sind und nach den Regelungen des Tarifgebietes West seit mehr als 15 Jahren im öffentlichen Dienst tätig sind, nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Die üblichen Regelungen für Kündigungen für Beschäftigte finden keine Anwendung.

Zusätzlich genießen Mitarbeiter, die älter als 55 Jahre sind den Status unkündbar, allerdings nur, wenn die Beschäftigungszeit im Unternehmen bei mindestens 20 Jahren liegt. Wechselt ein Beschäftigter beispielsweise in eine Tochterfirma gilt die Betriebszugehörigkeit ab dem ersten Arbeitsvertrag im übergeordnetem Unternehmen. Das gleiche gilt für Pausen im Arbeitsverhältnis.

Neben den Beschäftigten im öffentlichen Dienst gibt es diverse weitere Gruppen, für die die Unkündbarkeit gilt.

Welche Arbeitnehmergruppen sind unkündbar?

Vor den geltenden Regelungen einer ordentlichen Kündigung sind folgende Gruppen geschützt.

  • Auszubildende: Nachdem Azubis die Probezeit zwischen einem und vier Monaten absolviert haben, darf ihr Ausbildungsvertrag nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden. Damit sind aus Arbeitgebersicht erst einmal unkündbar. Unter bestimmten Voraussetzungen kann dennoch eine außerordentliche Kündigung in Frage kommen. Liegt ein wichtiger Grund vor, müssen Ausbildungsbetriebe keine Kündigungsfrist wahren.
  • Mitglieder des Betriebsrates: Arbeitgeber dürfen Betriebsratsmitglieder nur aus wichtigem Grund kündigen. Darüber hinaus benötigen Sie auch die Zustimmung des restlichen Betriebsrates.

Der Kündigungsschutz gilt auch für Anwärter auf ein Amt im Betriebsrat. Sie werden „Wahlbewerber“ genannt. Die Unkündbarkeit bleibt für sechs Monate bestehen, wenn die Wahlbewerber nicht in den Betriebsrat gewählt wurden.

  • Angestellte mit befristetem Arbeitsverhältnis: Wurde in einem befristeten Arbeitsvertrag nicht explizit vereinbart, dass eine ordentliche Kündigung möglich ist und gilt kein Tarifvertrag, kann das befristete Arbeitsverhältnis nicht ordentlich gekündigt werden.
  • Angestellte in Elternzeit bzw. Pflegezeit: Laut Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) dürfen Mitarbeitende in der Elternzeit nur aus wichtigen Gründen und dann gekündigt werden, wenn die Arbeitsschutzbehörde zustimmt. Das gilt auch für pflegende Angehörige.
  • Gleichstellungsbeauftragte: Diese Gruppe ist vergleichbar mit den Mitgliedern des Betriebsrats. Sie können z.B. nur im Falle einer Betriebsstilllegung oder aus anderen wichtigen Gründen gekündigt werden. Darüber hinaus benötigt der Arbeitgeber bei der Kündigung von Gleichstellungsbeauftragten die Zustimmung des Personalrates.
  • Schwerbehinderte: Ab einem Grad der Behinderung von 50 können Mitarbeitende nur gekündigt werden, wenn das Integrationsamt zustimmt. Damit Schwerbehinderte unkündbar sind, müssen sie mindestens sechs Monate im Betrieb gearbeitet haben. Ausnahmen gibt es, wenn Schwerbehinderte da 58. Lebensjahr vollendet haben und Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung auf Grund eines Sozialplanes haben. Dies gilt jedoch nur, wenn der Arbeitgeber die Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt und der Kündigung bis zum Ausspruch nicht widersprochen wurde.
  • Mitglieder des Personalrates: Für diese Gruppe gelten dieselben Unkündbarkeitsregelungen wie für Mitglieder des Betriebsrates. Eine Ausnahme bildet u.a. die Stilllegung des Betriebs.
  • Mitarbeitervertreter: In Unternehmen mit kirchlichem Träger gibt es keinen Betriebsrat. Stattdessen gibt es eine Mitarbeitervertretung. Ähnlich wie Betriebsratsmitglieder dürfen auch die Mitarbeitervertreter nur unter bestimmten Voraussetzungen aus wichtigen Gründen und nur unter Zustimmung der übrigen Mitglieder der Mitarbeitervertretung gekündigt werden.

Dieselben Rechte haben übrigens auch Schwerbehindertenvertreter

  • Schwangere: Schwangere liegen unter einem besonderen Kündigungsschutz. Weiß der Arbeitgeber von der Schwangerschaft, gilt die Unkündbarkeit. Das gilt sowohl für ordentlich, als auch für außerordentliche Kündigungen. Kommt es zu einer Betriebsschließung darf Schwangeren nur gekündigt werden, wenn die entsprechende Behörde zustimmt.

Für Frauen, die erst entbunden haben, gilt bis zu vier Monate nach der Geburt ihres Kindes Unkündbarkeit.

Was ist der Unterschied zum allgemeinen Kündigungsschutz?

Ein reguläres Arbeitsverhältnis kann nach dem BGB jederzeit innerhalb der arbeitsrechtlichen Kündigungsfristen gekündigt werden, und zwar von Arbeitnehmer wie Arbeitgeber. Dabei Bei der Unkündbarkeit gilt dieses ordentliche Kündigungsrecht nicht.

Der reguläre Kündigungsschutz greift, wenn Mitarbeitende in einem Betrieb mit mehr als zehn Arbeitnehmern eine Betriebszugehörigkeit von mehr als 6 Monaten aufweisen können. Um Mitarbeitende nach dem allgemeinen Kündigungsschutzgesetz zu kündigen, benötigen Arbeitgeber triftige Sachgründe.

Wichtige sachliche Gründe nach KSchG:

  1. Gründe in der Person des Arbeitnehmers, z.B. eine sehr lange Krankheit
  2. Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers, z.B. Datendiebstahl
  3. Betriebsbedingte Gründe, z.B. ein Konkurs bzw. eine Betriebsstilllegung

Sobald einer oder mehrere dieser Gründe vorliegen, ist eine ordentliche Kündigung nach KSchG sozial gerechtfertigt. In der Praxis ziehen ordentliche Kündigungen häufig Kündigungsschutzklagen nach sich, wenn Arbeitgeber die Kündigung nicht sachgerecht begründet haben. Ein Gericht prüft dann den Sachverhalt im speziellen Fall . Im Vergleich zur Unkündbarkeit bedeutet Kündigungsschutz demnach, dass der Arbeitnehmer nach einer Kündigung immer die Möglichkeit hat, ein Gericht klären zu lassen, ob die Kündigungsgründe korrekt waren und die Kündigung rechtens ist.

Bei einer Unkündbarkeit kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter nur außerordentlich kündigen, da eine ordentliche Kündigung im Vorfeld ausgeschlossen.

Kann auch der Arbeitnehmer bei Unkündbarkeit nicht kündigen?

Das Prinzip der Unkündbarkeit wurde geschaffen, damit der Arbeitnehmer besser vor Kündigungen geschützt ist. Er hat jedoch im Gegenzug immer das Recht, sein Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen.

Unkündbar bedeutet nicht automatisch, dass nie gekündigt werden kann

Unkündbarkeit gilt nur so lange, bis ein triftiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt. In diesem Fall gilt keine Kündigungsfrist. Vielmehr tritt die Kündigung mit ihrem Aussprechen in Kraft.

Triftige Gründe für eine fristlose Kündigung trotz Unkündbarkeit:

  • Mitarbeitende haben eine Straftat begangen: Bereits die Androhung einer Straftat im Unternehmen kann zu einer fristlosen Kündigung führen.
  • Beschäftigte begehen einen Pflichtverstoß: Wenn Arbeitnehmer immer wieder seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, kann eine außerordentliche Kündigung trotz Unkündbarkeit erfolgen.
  • Vorgetäuschte Krankheit: Mitarbeitende, die vorgeben, eine Krankheit zu haben, können fristlos gekündigt werden.
  • Betriebsschließung: Im Falle einer Betriebsschließung bzw. -stilllegung sorgen die äußeren Umstände dafür, dass Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigt werden können. In diesem Fall muss das Arbeitsverhältnis trotz Unkündbarkeit gekündigt werden.

Soziale Auslauffrist, trotz fristloser Kündigung 

Auch wenn Mitarbeitende bei Unkündbarkeit in der Regel fristlos gekündigt werden können, bleibt ihnen meist eine sogenannte „soziale Auslauffrist“. Diese Übergangsphase soll den Gekündigten ermöglichen, sich ein neues Beschäftigungsverhältnis zu suchen.

Fazit: Die absolute Unkündbarkeit gibt es nicht

Oftmals wird das Prinzip der Unkündbarkeit mit einer vermeintlichen „Narrenfreiheit“ für Arbeitnehmer gleichgesetzt. Doch ganz so einfach ist es nicht, denn auch unkündbare Arbeitnehmer können aus triftigen Gründen oder bei grobem Fehlverhalten gekündigt werden.

Allerdings genießen sie in Bezug auf ordentliche und außerordentliche Kündigungen einen größeren Schutz. Das ist für Personengruppen wie Schwangere oder Betriebsratsmitglieder auch wichtig. Denn sie haben entweder eine besondere Verantwortung oder es muss ihre gewerkschaftliche Arbeit gesichert werden und demnach verhindert werden, dass eine Kündigung z.B. nur aus arbeitspolitischen Gründen erfolgt.