Ihre Rechte und Pflichten, wenn eine Auszubildende schwanger wird
Dieses gilt nämlich nicht nur für „normale“ Arbeitnehmerinnen, sondern auch für Auszubildende. Wenn Sie von der Schwangerschaft offiziell erfahren, informieren Sie unverzüglich die Aufsichtsbehörde, in der Regel das Gewerbeaufsichtsamt. An Dritte dürfen Sie ihr Wissen – ohne Zustimmung der werdenden Mutter – nicht weitergeben. Ausnahme: Den Betriebsrat müssen Sie ebenfalls informieren, es sei denn, die Auszubildende hat ausdrücklich verlangt, niemanden zu unterrichten (Lassen Sie sich das kurz schriftlich geben!). Ein solches Begehren gilt allerdings nicht für das Informieren des Gewerbeaufsichtsamtes.
Tipp: Lassen Sie sich auch den vermutlichen Tag der Entbindung sagen. Damit können Sie selbst zumindest grob den weiteren Ausbildungsverlauf planen, vor allem aber auch die gesetzlichen Schutzfristen beachten.
Ärztliche Bescheinigung der Schwangerschaft auf Ihr Verlangen möglich
Sie können von der Auszubildenden eine Bescheinigung eines Arztes oder einer Hebamme über die Schwangerschaft anfordern. Aus diesem muss der berechnete Entbindungstermin hervorgehen. Die Auszubildende hat Ihnen nach § 5 Abs. 1 und 2 ein entsprechendes Zeugnis zu beschaffen. Die Kosten dafür tragen allerdings nach § 5 Abs. 3 MuSchG Sie als Ausbildungsbetrieb.
Übrigens: Wenn die schwangere Auszubildende minderjährig ist, haben Sie keine Unterrichtungspflicht an die Eltern. Allerdings haben Sie das Recht dazu, den Eltern Bescheid zu geben. Tipp: Tun Sie das nur, wenn Sie ansonsten Gefahren für Kind oder Mutter sehen. Sie sollten die Eltern aber keineswegs hinter dem Rücken Ihrer Auszubildenden informieren.
Wenn Sie von der Schwangerschaft der Auszubildenden nur über Gerüchte erfahren
Tragen Sie keine Gerüchte weiter. Informieren Sie (noch) nicht das Gewerbeaufsichtsamt. Im Zweifelsfall bitten Sie die Auszubildende zu einem 4-Augen-Gespräch, das Sie mit viel Fingerspitzengefühl führen sollten. Folgende Ergebnisse kann ein solches Gespräch bringen:
Mögliche Gesprächsergebnisse | Folgerung für Sie |
1. Ihre Auszubildende ist schwanger, wusste aber nichts von ihrer eigenen Mitteilungspflicht. | 1. Klären Sie sie ausführlich über Rechte und Pflichten auf – insbesondere über Maßnahmen, mit denen das ungeborene Kind zu schützen ist. 2. Informieren Sie unverzüglich das Gewerbeaufsichtsamt. |
2. Ihre Auszubildende ist schwanger, wollte Ihnen das jedoch bewusst nicht bzw. erst später sagen. Ggf. spielt die Angst eine Rolle, den Ausbildungsplatz zu verlieren. | 1. Auch hier sollten Sie über Rechte (besonderer Kündigungsschutz!) und Pflichten informieren und auch klar formulieren, was die Schwangerschaft für Sie als Ausbildungsbetrieb bedeutet. 2. Informieren Sie unverzüglich das Gewerbeaufsichtsamt. |
3. Ihre Auszubildende ist schwanger und hat das an anderer offizieller Stelle im Betrieb kundgetan, z. B. beim Betriebsrat, bei der Auszubildendenvertretung oder der Geschäftsleitung. | Die informierte Stelle hätte Sie als Ausbildungsverantwortlichen informieren müssen. 1. Klären Sie intern, wo der Fehler bei der Informationsübermittlung lag, damit so etwas nicht mehr vorkommen kann. 2. Informieren Sie unverzüglich das Gewerbeaufsichtsamt. |
4. Die Auszubildende ist nicht schwanger. | Bitten Sie um Verständnis für Ihre „Neugier“. Erklären Sie, warum sie den Hinweisen nachgehen mussten. |
5. Die Auszubildende ist nicht mehr schwanger, sondern hat eine Fehlgeburt bzw. einen Schwangerschaftsabbruch hinter sich. | Falls Sie diese Möglichkeit vor dem Gespräch in Verdacht haben, müssen Sie besonders einfühlsam sein. Wenn möglich, sollte eine Frau das 4-Augen-Gespräch führen. |
6. Die Auszubildende gibt an, nicht schwanger zu sein. Sie haben aber den Verdacht, dass das nicht stimmt. | Für eine Information des Gewerbeaufsichtsamtes ist es zu früh. Beobachten Sie weiterhin im Rahmen Ihrer Fürsorgepflicht und weihen Sie ggf. eine integere Person ein, die der Auszubildenden im Geschäftsprozess näher steht. |
Diese Schutzfristen und -regeln für Schwangere gelten nach wie vor
Folgende Beschäftigungsverbote müssen Sie unbedingt beachten:
- Schwangere Auszubildende dürfen in den 6 Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin nicht beschäftigt werden. Ausnahme: Die Auszubildende erklärt sich ausdrücklich zur Arbeitsleistung bereit. Dieses Einverständnis sollte in jedem Fall schriftlich erfolgen, damit sie das später im Zweifelsfall nachweisen können. Beachten Sie: Diese Erklärung kann nach § 3 Abs. 2 MuSchG von der Schwangeren jederzeit widerrufen werden. Sie sollten grundsätzlich damit rechnen und die Arbeit bzw. den Ausbildungsplan entsprechend koordinieren.
- Nach § 3 Abs. 1 MuSchG dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden, wenn – ärztlich bescheinigt – die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet ist. Das gilt natürlich auch vor der Zeit des generellen 6-wöchigen Beschäftigungsverbots.
- Schwere körperliche oder gesundheitsgefährdende Arbeiten sind ebenfalls während der Schwangerschaft tabu. Auch Entlohnungsformen wie Akkord-Arbeit (§4 MuSchG) sowie Mehr-, Nacht- und Sonntagsarbeit (§8 MuSchG) kommen nicht in Frage.
- Nach der Entbindung besteht ein absolutes Beschäftigungsverbot von 8 Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten von 12 Wochen. Beachten Sie: Diese Regelung kann auch dann nicht untergraben werden, wenn die Auszubildende das ausdrücklich wünscht.
Im Klartext: Sie können die Ausbildung in der Schwangerschaft fortsetzen, dürfen die Auszubildende aber nur mit Arbeiten betrauen, die nicht unter das Beschäftigungsverbot fallen. Sollten kritische Tätigkeiten anstehen, müssen Sie den Ausbildungsplan umstellen und andere Tätigkeiten bzw. Abteilungsaufenthalte vorziehen. Zudem muss der Arbeitsplatz entsprechend eingerichtet werden, damit die Schwangere und ihr Kind nicht gefährdet werden. Wichtig sind beispielsweise das Einrichten von Sitzgelegenheiten, wenn die Arbeit vor allem im Stehen erledigt wird sowie die Gelegenheit zu kurzen Unterbrechungen, wenn vor allem im Sitzen gearbeitet wird.
Was Sie sonst noch zum Thema „Schwangerschaft und Ausbildung“ wissen sollten
Kündigungsschutz nach § 9 Abs. 1 MuSchG | Sie dürfen einer schwangeren Auszubildenden nicht kündigen. Das gilt bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung. Für den Nachweis der Schwangerschaft reicht es aus, wenn Ihnen diese bis 2 Wochen nach (!) Zugang der Kündigung in angemessener Form (z. B. ärztliche Bescheinigung) mitgeteilt wird. |
Kündigung während der Probezeit nach § 22 Abs. 1 BBiG | Das Kündigungsverbot gilt auch für die Probezeit. § 9 Abs. 1 MuSchG hat Vorrang gegenüber dem Berufsbildungsgesetz. |
Kündigung im Ausnahmefall nach § 9 Abs. 3 MuSchG | Eine Kündigung ist nur in extremen Ausnahmenfällen möglich. Schwerwiegende Dienstverletzungen wie Betrug oder Diebstahl setzen das Kündigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz in der Regel außer Kraft. |
Verlängerung der Ausbildungszeit nach § 8 Abs. 2 BBiG | Das Ausbildungsverhältnis verlängert sich nicht automatisch. Erforderlich ist ein Antrag der Auszubildenden. Die Verlängerung muss notwendig sein, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Nur wenn die Elternzeit in Anspruch genommen wird, verlängert sich die Ausbildungszeit automatisch. |
Prüfungsteilnahme | Das Beschäftigungsverbot gilt nicht für die Prüfung. Schwangere und Wöchnerinnen können von der Prüfung zurücktreten, sie müssen aber nicht. Nehmen Sie teil, werden sie allerdings genauso behandelt wie alle anderen Prüfungsteilnehmer auch. Ansonsten müssen sie die Prüfung am nächstmöglichen Prüfungstermin ablegen. |
Teilzeit-Ausbildung | Seit der Reform des Berufsbildungsgesetzes zum 1. April 2005 ist gesetzlich verankert, dass Auszubildende mit Kind die Ausbildung im Regelfall auch in Teilzeit fortsetzen bzw. durchführen können. Dabei kommt normalerweise eine Verkürzung der Tagesarbeitszeit auf bis zu 75 % in Frage. Bei weitergehenden Einschnitten sollte die Gesamtausbildungszeit entsprechend verlängert werden. |
Elterngeld | Auch Auszubildende sind berechtigt, Elterngeld zu empfangen. |