Strategische Partnerschaften: Wie Sie Großunternehmen als Vertriebs-Partner gewinnen
BWRmed!a: Können mittelständische Unternehmen wirklich auf Augenhöhe mit Konzernen zusammenarbeiten?
Thomas Schröter: Der Konzern hat vielleicht mehr Geld, aber Sie als mittelständisches Unternehmen können schneller gute Ideen produzieren und umsetzten. Natürlich sind Sie als kleines Unternehmen für ein Großunternehmen nicht so wichtig wie umgekehrt. Doch für einen bestimmten Bereich haben Sie eine Expertise, die der Konzern nicht hat. Bevor Sie auf die Suche nach Partnern gehen, analysieren Sie im 1. Schritt Ihre eigenen Stärken und Schwächen. Das kann beispielsweise so aussehen: Als Hersteller von Software zur Übertragung von Video-Konferenzen haben Sie ein klares Alleinstellungsmerkmal durch ein innovatives Verfahren zur Bildübertragung. Das ist eine große Stärke. Auf der anderen Seite verfügen Sie nicht über ausreichend finanzielle Mittel für einen weltweiten Vertrieb, denn Sie sind am Markt nahezu unbekannt. Daher suchen Sie einen Partner, der über ein weltweites Vertriebsnetz verfügt.
BWRmed!a: Wie wählt man die richtigen Partner aus?
Thomas Schröter: Der ideale Partner gleicht Ihre Schwächen aus und gewinnt durch Ihre Stärken. Aus den internen Stärken und Schwächen sowie den externen Risiken und Chancen Ihres Unternehmens (SWOT Analyse) leiten Sie das Profil Ihres Wunschpartners ab. Stellen Sie Kriterien auf, nach denen Sie die möglichen Partner bewerten:
Das Profil für einen Wunsch-Partner kann dann lauten:
Stärken: Der Partner hat eine internationale Vertriebsorganisation mit verschiedenen Vertriebskanälen, sein Image am Markt ist gut.
Schwächen: Er stellt selber keine Konferenz-Software her.
Größe und Ausrichtung: internationales Großunternehmen
Branche: Anbieter von PC-Hardware, Zubehör oder Unterhaltungselektronik
Nach einigen Recherchen nach diesem Profil fällt Ihnen beispielsweise auf, dass Phillips eine Webkamera auf dem Markt hat, die durch die passende Software in anderen Marktsegmenten eingesetzt werden kann.
BWRmed!a: Phillips mit seinem weltweiten Markenimage ist sicher ein attraktiver Partner, aber wie erreicht man in großen Konzernen den richtigen Ansprechpartner?
Thomas Schröter: Überlegen Sie genau, wer im Unternehmen den größten Nutzen von Ihrer Technologie hat. Im erwähnten Beispiel wird der Produktmanager der Webcams das größte Interesse haben, sich mit einer neuen Technologie vom Wettbewerber abzusetzen. Den Kontakt können Sie über eine Messe oder eine Konferenz herstellen, die diese Person besuchen wird. Ziel ist es, eine Einladung zu einer Präsentation zu bekommen.
Sie steigern Ihre Erfolgschancen, wenn Sie außerdem Kontakt zu einem deutschen Vertriebspartner des Großunternehmens herstellen. Wenn Sie beispielsweise den Geschäftsführer der Handelskette davon überzeugt haben, dass die Webkamera sich mit Ihrer Software besonders gut verkaufen ließe, dann stellen Sie gemeinsam den Kontakt zu dem zuständigen Vertriebsleiter im Großunternehmen her, der diesen Händler betreut. Laden Sie ihn zu ihrer Präsentation beim Produktmanager ein.
Wenn Sie sich direkt an die Vertriebsmitarbeiter im Großunternehmen wenden wollen, dann empfiehlt es sich, dass Sie bereits erste Gespräche mit einem großen Anwender Ihrer Video-Konferenztechnik angebahnt haben. Jeder Vertriebschef wird hellhörig, wenn Sie plausibel machen, dass beispielsweise die Commerzbank für 1000 Arbeitsplätze ein neues System inklusive Webcams sucht.
BWRmed!a: Die erste Hürde ist dann geschafft: Der Wunschpartner lädt zur Präsentation ein. Wie überzeugen Sie ihn zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit?
Thomas Schröter: Ihre Herausforderung in der Präsentation ist es, Ihre Vision für ein gemeinsames Produkt schon heute sichtbar zu machen. Das fängt damit an, dass Sie Ihre PowerPoint-Präsentation genau auf die Farben und grafischen Merkmale des Kunden abstimmen. Erstellen Sie Demonstrationsbilder wo Ihr Produkt bereits mit Ihrem und dem Logo des Partners zu sehen ist.
Erstellen Sie bei Software die Masken so, dass der Webcam-Hersteller sein Corporate Design wiedererkennt. Gehen Sie auf die Besonderheiten ein, die diese Webcams von anderen unterscheiden und verdeutlichen Sie, wie Ihre Software direkt darauf maßgeschneidert ist.
BWRmed!a: Welche vertraglichen Dinge müssen in einer Vertriebskooperation geregelt sein?
Thomas Schröter: Haben Sie Interesse geweckt, dann formulieren Sie einen Kooperationsrahmenvertrag. Darin vereinbaren Sie regelmäßige Kooperationsgespräche, Ihr gemeinsames Vorgehen bei der Planung der gemeinsamen Produkte. Sie legen fest, wie Entscheidungen über zu entwickelnde Produktmerkmale getroffen werden und wer für was bei Zulassungen verantwortlich ist. Nehmen Sie in diesen Rahmenvertrag auch von Anfang an auf, dass Sie gemeinsame Marketing-Aktivitäten von der Pressemeldung bis zum Messeauftritt durchführen werden. Bei gemeinsamen Entwicklungen ist immer darauf zu achten, dass Sie an Ihren Technologien immer alle Rechte behalten. Arbeiten Sie deshalb immer mit einer spezialisierten Rechtsberatung zusammen.
BWRmed!a: Große Unternehmen wollen in der Regel eine exklusive Zusammenarbeit. Für ein mittleres Unternehmen kann das schnell zur Falle werden. Was empfehlen Sie für dieses Dilemma?
Thomas Schröter: Ja, Produktmanager werden in der Regel eine exklusive Partnerschaft wünschen. Seien Sie standhaft und machen Sie deutlich, dass Sie zur langfristigen Sicherung Ihrer Technologie andere Kunden ansprechen müssen. Oft hilft es, wenn Sie eine klare Strategie mit Ihrem Aufsichtsrat oder den Investoren festgelegt haben, die eine exklusive Partnerschaft verbieten.
Versichern Sie dem Partner, dass die Anpassung an sein Produkt ganz individuell ist. Machen Sie deutlich, dass Sie nicht den direkten Wettbewerber ansprechen werden, denn das würde Ihre gemeinsame Markteinführung behindern. Falls sich Exklusivitätsklauseln gar nicht vermeiden lassen, binden Sie diese unbedingt an Konditionen. Entweder Sie lassen sich das sehr teuer bezahlen oder Sie befristen sie auf einen bestimmten Zeitraum und eine bestimmte Region.
Oder Sie vereinbaren erfolgsabhängige Konditionen: Sie binden sich nur bei bestimmten Verkaufszahlen exklusiv. Sie können und sollten auch ein Rückkaufrecht für die Exklusivitätsrechte vereinbaren.
BWRmed!a: Wie nutzen Sie die Partnerschaft für die Pressearbeit?
Thomas Schröter: Sie profitieren von dem größeren Interesse bei Journalisten. Vereinbaren Sie im Kooperationsvertrag eine gemeinsame Pressearbeit. Formulieren Sie eine Pressemeldung zum Kooperationsvertrag und dem damit verbundenen neuen Produkt (z. B. Strategische Partnerschaft bietet Videokonferenzanlagen der 3. Generation). Vereinbaren Sie weiter Meldungen über Fallstudien und Erfolgsgeschichten.
BWRmed!a: Wie binden Sie die Vertriebsmannschaft des Großunternehmens ein?
Thomas Schröter: Am Ende verkauft nicht der Produktmanager, sondern der einzelne Vertriebsangestellte Ihr Produkt. Ihr Marketing besteht darin, diese in persönlichen Kontakten von Ihrem Produkt zu überzeugen. Präsentieren Sie sich auf dem Messestand des Kooperationspartners. Nutzen Sie die gemeinsame Zeit auf dem Stand und erweitern Sie ihr Kontaktnetz in der Vertriebsmannschaft, beispielsweise indem Sie informell zu einem Fass Bier einladen. Beteiligen Sie sich an Vertriebsschulungen und schlagen Sie gemeinsame Kundenbesuche vor.
In einer strategischen Vertriebskooperation bringen Sie mit neuen Ideen frischen Wind in den gemeinsamen Vertrieb mit dem Großunternehme. Profitieren Sie davon, dass Sie in einem mittelständischem Unternehmen schneller kreative Ideen umsetzten können als in einem Konzern.
BWRmed!a: Herr Schröter, wir danken Ihnen für dieses spannende Gespräch.