Braucht Ihr Labor ein neues Labor-Informations-Management-System (LIMS)?

Bevor Sie und Ihre Vorgesetzten viel Geld und Arbeit in ein neues LIMS investieren, sollten Sie in einer gründlichen Studie Chancen und Risiken der Einführung zusammenstellen, um sich fundiert dafür oder dagegen entscheiden zu können.
Inhaltsverzeichnis

Anschaffung eines neuen Labor-Management-System – eine Entscheidungshilfe

Untersuchen Sie die derzeitigen Abläufe in Ihrem Labor und legen Sie dar, wie diese künftig aussehen sollten. Dies betrifft insbesondere:

1. Aufgaben Ihres Labors

Auch Ihr Labor hat vermutlich die Aufgabe, Prüfungen an Untersuchungsobjekten vorzunehmen, um Aussagen über Inhaltsstoffe und deren Konzentrationen oder über physikalische und chemische Eigenschaften zu gewinnen.

Da viele Untersuchungsobjekte nicht einfach ins Labor gebracht werden können, behilft man sich vielfach mit Proben.

2. Schnittstellen

Proben können entweder von eigenen Mitarbeitern Ihres Labors an verschiedenen Stellen genommen oder Ihnen beispielsweise per Post zugestellt werden. Die Ergebnisse Ihrer Untersuchungen müssen Sie einem oder zahlreichen Auftraggebern in vorgegebener Form innerhalb eines Zeitrahmens mitteilen.

3. Labororganisation

Proben- bzw. Auftragsorientierte Arbeitweise: Hierbei werden Proben von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz übergeben und jeweils die erforderlichen Untersuchungen durchgeführt. Gegebenenfalls übernimmt ein Bearbeiter die Verantwortung für eine Probe und organisiert den Prozess.

Geräteorientierte Arbeitsweise: Proben werden in Teilproben aufgeteilt und den verschiedenen Arbeitsplätzen zur mehr oder weniger parallelen Abarbeitung zugeleitet.

4. Arbeitsabläufe

Wenn Ihr Labor alle Arbeitsschritte von der Planung der Gewinnung von Proben bis zu deren Archivierung und Übermittelung der Ergebnisse eigenständig durchführt, ergibt sich üblicherweise etwa der folgende Ablauf (ohne LIMS).

Üblicherweise hat Ihr Labor nicht ausschließlich Proben nach diesem Schema zu bearbeiten, sondern es benötigt auch die Flexibilität, Sonderproben einzuschieben, die dringend sein können.

Untersuchen Sie die von Ihnen in entsprechender Weise dokumentierten Abläufe Ihres Labors auf eventuelle Schwächen und beschreiben Sie mögliche Verbesserungen.

Die Wirtschaftlichkeit eines neuen LIMS

Hierbei stellen Sie die aktuellen Kosten Ihrer Geschäftsprozesse denen gegenüber, welche nach der Realisierung der künftigen Lösung(en) zu erwarten sind. Für letztere sollten Sie folgende Kostenarten schätzten:

  • Hardware
  • Software
  • Betriebskosten
  • Reparaturen
  • Kapitalkosten und Abschreibungen
  • Personal

Hardware

Diese Kosten hängen davon ab, wie stark die angestrebte Konfiguration vom vorhandenen Rechnersystem Ihres Labors abweicht.

Gegebenenfalls benötigen Sie einen neuen Server, zusätzliche Rechner, Netzwerkdrucker, Barcodeleser oder ein Radio-Frequency-Identification-(RFID-) System zur automatischen Probenerkennung sowie eine Notstromversorgung und eine Klimaanlage.

Software

In der Regel fallen außer den Kosten für die Lizenz(en) weitere Kosten für Anpassungen und Inbetriebnahme der Software an. Berücksichtigen Sie auch eventuelle Beratungskosten und Kosten für die Schulung Ihrer Mitarbeiter.

Betriebskosten

Mit folgenden regelmäßigen Kosten müssen Sie rechnen:

  • Hardwarewartung
  • Softwarewartung
  • Strom nd gegebenenfalls Klimaanlage
  • Verbrauchsmaterial (Datenträger, Etiketten, Toner usf.)

Reparaturen

Diese Kosten können Sie nur zu einem geringen Teil über Wartungsverträge abdecken. Gegebenenfalls sollten Sie Ihr neues System versichern.

Kapitalkosten und Abschreibungen

Das für die Investitionen erforderliche Geld muss aufgebracht werden. Geschieht dies über Kredite, dann sollten Sie die anfallenden Gebühren und Zinsen berücksichtigen.

Voraussichtlich werden Sie die Hardware bis zu 5 Jahre lang nutzen können. In der Zwischenzeit sind entsprechende Summen für Ersatzbeschaffungen anzusparen.

Personal

Berücksichtigen Sie hier die Arbeitszeitkosten für Schulungen Ihrer Mitarbeiter sowie für die Arbeitszeit eines LIMS-Managers, den Sie für die Implementierung und laufende Pflege eines großen Systems eventuell neu einstellen müssen.

Nutzen

Die Effektivitäts-, Transparenz- und Effizienzgewinne sowie die zusätzlichen Fähigkeiten, welche Ihr Labor durch ein neues LIMS erhält, lassen sich nur teilweise in Geld ausdrücken. Für besonders häufig durchgeführte Prozesse ist eine Gegenüberstellung der Arbeitsdauern nach dem bisherigen und dem künftigen Ablauf hilfreich.

Denken Sie auch an die Verbesserung der Datenqualität durch Vermeidung von Übertragungsfehlern und durch die Automatisierung von Berechnungen. Eventuell ermöglicht es Ihnen erst das neue System, Qualitätsanforderungen nach bestimmten Normensystemen (z. B. Gute Laborpraxis [GLP]) konsequent einzuhalten.

Eine ebenfalls wertvolle Fähigkeit von LIM-Systemen ist das so genannte Audit-Trail, das es Ihnen ermöglicht, im Nachhinein Änderungen nachzuvollziehen, die an Ihren Daten vorgenommen wurden.

So können Sie bei neuen Erkenntnissen frühere Fehler berichtigen und im Fall eventueller Manipulationen an Ihren Daten erkennen, wer diese Änderungen durchführte.

Vorteil für Sie als Laborleiter: Sie haben einen direkten Zugriff auf

  • den Status von Proben im Prozess,
  • die Ergebnisse abgearbeiteter Proben,
  • nicht erledigte Aufgaben und die zugehörigen Termine
  • zusätzliche Bereitstellung von Qualitätskennzahlen und -auswertungen.

Die Einführung Ihres neuens LIMS

Die Erfordernisse Ihres Labors sollten Sie in einem Anforderungs-Katalog (Lastenheft) niederlegen, der später als Grundlage für eine Ausschreibung und Verhandlungen mit Lieferanten dienen kann. Selbstverständlich werden Sie neue Erkenntnisse gewinnen, während Sie sich mit dem Projekt beschäftigen.

Entsprechend sollten Sie Ihre Dokumentationen stets auf dem neuesten Stand halten. Sie können verschiedene Wege einschlagen, um zu Ihrem neuen LIMS zu gelangen, und es in unterschiedlicher Weise ausgestalten.

Option 1: Kauf einer LIMS-Standard-Software

Verschiedene Firmen bieten fertige LIM-Software an. Meist wurden diese Produkte für bestimmte Branchen oder Anwendungen entwickelt wie z. B. für Stabilitätsprüfungen in der Pharma-Analytik.

  • Vorteil: Derartige Software kann Ihnen den Vorteil bieten, dass Sie aus den eingeflossenen Erfahrungen anderer Laboratorien lernen.
  • Risiko: Die Risiken eines solchen Kaufs sind gering: Sie können die Software vorab testen und es steht fest, welche Leistung Sie zum Liefertermin für Ihr Budget erhalten werden.
  • Nachteil: Nachteilig ist die eingeschränkte Flexibilität, die Ihr Labor zwingen kann, Arbeitsabläufe an die Vorgaben der Software anzupassen.

Praxis-Tipp: Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Angebote des Marktes. Wenn Sie auf dem Markt eine Software finden, die Ihre Anforderungen weitgehend erfüllt, kann dieses Angebot eine gute Lösung für Ihr Labor bieten.

Eine Marktübersicht verschiedener LIM-Software-Pakete finden Sie im Internet auf der Website www.imcor.de, dort unter: „LIMS/ AQ“ und „LIMS-Produkte“.

Option 2: Angepasste LIMS-Standard-Software

Wenn ein Standard-LIMS Ihre Wünsche weitgehend erfüllt, Sie sich aber in Teilbereichen mehr Flexibilität wünschen, können Sie eine Standard-Software entweder vom Hersteller, einem Dienstleister oder durch eigene IT-Mitarbeiter erweitern oder anpassen lassen.

Denkbar ist auch, verschiedene Software-Produkte als Module miteinander kombinieren zu lassen, wie etwa ein LIMS und eine CustomerRelationshipManagement (CRM-)Software zur Steuerung Ihrer Vertriebsaktivitäten und Kundenbeziehungen.

Option 3: Entwicklungsauftrag für eine LIMS an eine Software-Firma

Sollten Sie spezielle Softwarefunktionalitäten benötigen, welche die Standardprodukte nicht bieten, und wenn sich diese Funktionalitäten selbst durch Anpassungen nicht überzeugend realisieren lassen, dann können Sie sich Ihr LIMS auch „maßschneidern“ lassen.

Rechnen Sie mit den damit fast zwangsläufig verbundenen Konsequenzen:

  • Vergleichsweise sehr hoher Preis
  • Zahlreiche Softwarefehler
  • Lieferverzögerungen
  • Auf das Nötigste beschränkte Dokumentation

Praxis-Tipp: Eine Software zu entwickeln und zu validieren bedeutet einen erheblichen Aufwand und Risiken für Ihren Laborbetrieb. Lassen Sie sich auf dieses Abenteuer ausschließlich dann ein, wenn es zwingende Argumente dafür gibt.

Option 4: In-House-Entwicklung der LIMS

Wenn Sie außergewöhnliche Anforderungen haben, die ausschließlich innerhalb Ihres Unternehmens umgesetzt werden können und Ihre Firma über eine leistungsstarke Softwareentwicklung verfügt, dann können Sie Ihr neues LIMS auch von eigenen Mitarbeitern entwickeln lassen.

Praxis-Tipp: Hinsichtlich der Kosten und Risiken gilt dasselbe wie bei der externen Auftragsentwicklung. Zudem kann diese Vorgehensweise dazu führen, dass mangels Ressourcen oder mangels Erfahrung wichtige Entwicklungsschritte ausgelassen werden.

Wenn Sie beispielsweise Ihrem Laborpersonal anstelle einer nach gründlichen Tests freigegebenen Software eine ?-Testversion als Arbeitsplattform zur Verfügung stellen und hoffen, Fehler würden mit der Zeit gemeldet und ausgemerzt, kann das fatale Auswirkungen auf Ihren Laborbetrieb haben.

Zentral oder dezentral? Definieren Sie die System-Architektur

Man unterscheidet Netzwerke aus eigenständigen Arbeitsstationen mit vollwertiger Software von Client-Server-Netzwerken, bei denen die Software auf einem leistungsfähigen Zentralrechner (Server) läuft und die Arbeitsplatzrechner (Clients) hauptsächlich als Eingabe- bzw. Einlesegeräte für Daten dienen.

Netzwerke mit eigenständigen Arbeitsstationen bieten den Vorteil, dass Ihr Labor in den meisten Fällen arbeitsfähig bleibt, wenn der Zentralrechner ausgefallen ist. Anfallende Daten können dann zwischengespeichert und später übermittelt werden.

Nachteilig ist ein erhöhter Wartungsaufwand, weil beispielsweise Software-Updates auf jedem einzelnen Rechner installiert werden müssen.