Europalettensystem: Tauschverfahren versus alternative Palettensysteme
In der Logistik ist die Verwendung von Europaletten gang und gäbe. Doch viele Kollegen denken nicht zuletzt wegen der Studie des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik aus dem Jahr 2009 zu den durch das Tauschsystem bedingten Kosten über Alternativen nach. Nach besagter Studie sind die Hauptkostentreiber des Tauschsystems die aufwändige Verwaltung und Reparatur sowie der Austausch gestohlener oder irreparabel beschädigter Paletten.
Genau hier setzen einige Hersteller an und propagieren alternative Palettensysteme, die nicht auf der Tauschphilosophie wie das Euro-System basieren, sondern bei denen die Ladungsträger ge- und verkauft werden. Nach Ansicht der Vertreter dieser Kaufpalettensysteme lassen sich hier insbesondere für Spediteure und Warenempfänger die Umlaufkosten erheblich senken. Diese Hersteller verweisen hier auf eigene Studien, die zeigen, dass ihre Kunden durch den Umstieg auf Kaufpaletten deutliche Kostensenkungen erzielen konnten.
Vorteile eines Kaufpalettensystems
Beim Kaufsystem mutiert quasi die Palette zum Verpackungsmaterial und ist nicht mehr ein Transportmittel. So wird also die Palette wie ein Umkarton behandelt, der entweder in den Angebotspreis einer Ware mit einkalkuliert oder mit der Ware an den Kunden weiterverkauft und entsprechend fakturiert wird. Damit geht auch das Eigentum am Ladungsträger an den Kunden über.
Als Vorteile sehen die Verkaufsverfechter folgende Punkte:
Vorteile für Verlader:
- klare Eigentumsverhältnisse
- keine Verluste durch Reparatur, Diebstahl und Ersatzbeschaffung
- keine offenen Palettenscheine
- geringerer Verwaltungsaufwand
- geringere Transportkosten
- Vorteile für Speditionen
- Wegfall der Palettenverrechnung, da sie Bestandteil der Ware sind
- keine aufwändige Palettenkontrolle bei Lieferung und Tausch
Vorteile für den Empfänger:
- Ist der Empfänger in der Rolle eines Verladers, also Industrie und Großhandel, kann er die Paletten weiterverwenden, da sie in seinen Besitz übergegangen sind.
- Ist der Empfänger Endkunde, kann er die Paletten wieder an den Verlader oder Absender zurückverkaufen.
- Einfacher Verkauf der Paletten, da sie ihm gehören.
- Geringer Verwaltungsaufwand, da keine Palettenscheine existieren und so die Buchhaltung vereinfacht wird.
Alle diese Argumente sind zwar in sich stimmig, doch müssen Sie sich immer genau überlegen, ob sie auch für Ihre Logistik gelten. Denn nicht immer wird sich ein Kunde – insbesondere wenn er Endkunde ist – über die vielen Paletten freuen, die er bald in seinem Lager stapeln darf.
Und wenn Sie als Versender die Paletten dann von ihm zurückkaufen, müssen Sie auch sehen, wie sie wieder zu Ihnen zurückkommen. Der Aufwand ist fast der gleiche wie beim Tauschsystem. Und auch das Problem mit beschädigten Paletten haben Sie und Ihr Kunde damit nicht wirklich vom Tisch.
Einzig die Spedition ist in einem solchen Fall fein raus, sie muss sich nämlich nicht mehr mit den Ladungsträgern herumschlagen, da sie diese mit den Waren beim Kunden abliefert und sich somit nicht mehr mit Palettenverrechnungen beschäftigen muss.
So können Kaufpaletten für Sie sinnvoll sein
Trotz aller Gegenargumente der Tauschpalettenfraktion kann sich der Umstieg auf das Kaufpalettensystem für einige Logistikanwendungen durchaus lohnen, etwa wenn Sie mit Lieferanten und Kunden in einem festen Verhältnis zueinander stehen.
Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn Sie von einem Kunden Waren zur Weiterverarbeitung geschickt bekommen und diese anschließend nach der Bearbeitung wieder an ihn zurücksenden. Hier ist ein geschlossener Kreislauf auch der Paletten gewährleistet. In diesem Fall wird die Palette wie andere Ladungshilfsmittel für spezielle Waren behandelt.
Stellen Sie sich die Frage, ob der Palettenverkauf in Ihrem Fall sinnvoll ist
Existiert ein solcher geschlossener Waren- und Ladungsmittelkreislauf, sollten Sie und Ihr Kunde sich die Frage stellen, ob ein Weiterverkauf überhaupt sinnvoll ist oder ob die Paletten beispielsweise immer einem der Versender gehören sollten.
Hier müssen Sie dann zwar Buch über die gesendeten und zurückgeschickten Paletten führen, allerdings ist dieser Aufwand relativ klein. Werden die Paletten jedoch entweder in den Warenpreis eingerechnet oder gesondert in Rechnung gestellt, ist der Aufwand hierfür sicherlich nicht nennenswert geringer als im Tauschsystem.
Steigen Sie nur komplett um, wenn…
Der Ausstieg aus dem Tauschsystem kann sich also durchaus lohnen, wenn alle Beteiligten der von Ihnen bedienten Logistikketten mitspielen. Es ist nämlich nicht besonders sinnvoll, mit beiden Systemen parallel zu arbeiten.