Vor Entlassung muss schlechtere Stelle angeboten werden

Eine Arbeitnehmerin war als Germanistin in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit/Marketing ihres Arbeitgebers vollzeitbeschäftigt. Infolge einer betrieblichen Umstrukturierung wurde diese Abteilung aufgelöst.

Eine Arbeitnehmerin war als Germanistin in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit/Marketing ihres Arbeitgebers vollzeitbeschäftigt. Infolge einer betrieblichen Umstrukturierung wurde diese Abteilung aufgelöst. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin der Mitarbeiterin betriebsbedingt, weil ihr Arbeitsplatz entfallen sei und keine ihrer Qualifikation entsprechende anderweitige Vollzeitbeschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen bestehe. Die Mitarbeiterin hielt die Kündigung für unwirksam, weil eine Teilzeitstelle für Verwaltungs- und gehobene Sekretariatstätigkeit frei gewesen sei. Der Arbeitgeber hätte ihr die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf dieser geringerwertigen Teilzeitstelle anbieten müssen

Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin Erfolg. Die sofortige Entlassung sei unzulässig gewesen. Der Arbeitgeber hätte als milderes Mittel eine Änderungskündigung für die geringerwertige Teilzeitstelle aussprechen müssen. Der Arbeitnehmer müsse selbst entscheiden können, ob er die schlechteren Arbeitsbedingungen annehmen möchte.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2005, Az.: 12 Sa 1150/05

Grundsatz: Änderungskündigung geht vor

Fällt durch betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen der Arbeitsplatz eines Mitarbeiters weg, müssen Sie als Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung immer prüfen, ob Sie den Mitarbeiter auf einer anderen Arbeitsstelle weiterbeschäftigen können. Gibt es einen freien Arbeitsplatz, müssen Sie als milderes Mittel zunächst eine Änderungskündigung mit den neuen Arbeitsbedingungen aussprechen. Eine sofortige Beendigungskündigung wäre in einer solchen Situation unwirksam.

Dabei dürfen Sie aber nicht nur solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten berücksichtigen, die genau der Qualifikation des Mitarbeiters oder seinen bisherigen Arbeitsbedingungen (Voll- oder Teilzeit) entsprechen.

Vielmehr müssen Sie dem Arbeitnehmer auch freie Arbeitsplätze mit geringerwertigen Tätigkeiten zu schlechteren Konditionen anbieten. Nur in Extremfällen ist die Änderungskündigung trotz eines freien Arbeitsplatzes entbehrlich, wenn das Änderungsangebot beleidigenden Charakter hätte (z. B. das Angebot einer Pförtnerstelle an den bisherigen Personalchef).

Kein Anspruch auf Beförderung!

Allerdings brauchen Sie nur die Weiterbeschäftigung auf der gleichen oder auf einer niedrigeren Ebene zu prüfen. Einen Anspruch auf Beförderung gibt es nicht, so dass Sie entsprechend höher dotierte Stellen nicht beachten müssen.

Wichtiger Hinweis: Vor dem Ausspruch einer Änderungskündigung sollten Sie aber in jedem Fall prüfen, ob Sie die Änderungen nicht bereits im Wege Ihres Weisungsrechts durchsetzen können. Dann wäre nämlich eine Änderungskündigung unzulässig.

Eine weitere Ausnahme, bei der Sie als Arbeitgeber auf den Ausspruch einer Änderungskündigung verzichten und gleich eine Beendigungskündigung aussprechen können, hat folgende Voraussetzungen:

  1. Die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit ist entfallen,
  2. der Arbeitnehmer hat erklärt, unter keinen Umständen die neue Arbeitsaufgabe zu übernehmen, und
  3. Sie haben in Ihrem Änderungsangebot deutlich gemacht, dass eine Weigerung die Kündigung zur Folge hat.

Es wird also von Ihnen nicht verlangt, das schon einmal abgelehnte Angebot in der Änderungskündigung zu wiederholen. Hat Ihr Mitarbeiter die Übernahme der geänderten Arbeitsaufgaben nicht kategorisch abgelehnt, sollten Sie dagegen immer eine Änderungskündigung aussprechen. Das damit verbundene Änderungsangebot muss dann auf einen konkreten Arbeitsplatz bezogen sein und die neuen Vertragsbedingungen vollständig beinhalten.

Arbeitgeber-Tipp: Aus Beweisgründen sollten Sie das Änderungsangebot immer schriftlich unterbreiten und sich vom Arbeitnehmer auch dessen Ablehnung schriftlich geben lassen. So kann Ihr Mitarbeiter das Änderungsangebot später nicht bestreiten und Sie vermeiden Auseinandersetzungen über dessen genauen Inhalt. Am besten bieten Sie Ihrem Mitarbeiter einen vollständig neuen Arbeitsvertragstext an

Checkliste: Beendigungskündigung

Nur wenn Sie alle Fragen der nachstehenden Checkliste mit Ja beantworten können, ist Ihre beabsichtigte betriebsbedingte Kündigung wirksam:

  • Haben Sie eine Unternehmerentscheidung getroffen, die nicht offensichtlich unvernünftig oder willkürlich ist?
  • Ist der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers infolge der Umsetzung Ihres Entschlusses (z. B. Umstrukturierung oder Schließung) weggefallen?
  • Fehlt im Unternehmen eine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung auf einem anderen (auch schlechteren) Arbeitsplatz oder hat der Arbeitnehmer die Beschäftigung zu geänderten Bedingungen kategorisch abgelehnt?
  • Haben Sie eine Sozialauswahl zwischen den vergleichbaren Mitarbeitern durchgeführt und ist der zur Kündigung vorgesehene Arbeitnehmer der am wenigsten sozial schutzwürdige Mitarbeiter seiner Vergleichsgruppe?
  • Wurde der Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung ordnungsgemäß angehört?
  • Können Sie den Zugang der schriftlich abgefassten Kündigung beim Arbeitnehmer (z. B. durch Boten) sicherstellen?